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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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weshalb ich mir erst nichts dabei gedacht habe. Er ist letzten Mittwoch ausgebrochen, 16. September, mitten in der Nacht. Neumond, wie Sie sich vielleicht erinnern, stockfinster, was natürlich sehr günstig für ihn war, aber wie es aussieht, hat ihm einer der Wärter bei dem Ausbruch geholfen. Einer der Wachleute hat zugegeben, dass der Gefangene ihm einen Teil der Beute von … Miss Sweeney?“
    Nell öffnete die Augen. Um sie her drehte sich alles, der Boden unter ihr schwankte. Letzten Mittwoch war er ausgebrochen? Das war der Tag, an dem sie ihn besucht hatte. Warum hatte Adam ihr nichts davon erzählt?
    â€žSie kennen ihn“, stellte Cook fest. „Wer ist er? Ihr Bruder?“
    Sie merkte, wie Will sie ansah, doch sie hielt ihren Blick beharrlich auf Detective Cook gerichtet. „Ja.“ Sie räusperte sich, bevor sie ihre Lüge wiederholte. „Ja, er ist mein Bruder.“
    â€žGlauben Sie, dass er es ist, der Sie verfolgt?“
    Sie nickte benommen. „Ja. Vielleicht. Ich …“ Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich weiß es nicht.“
    Nell stand auf. Ihr Schirm, der auf ihrem Schoß gelegen hatte, fiel klappernd zu Boden. Will hob ihn auf und reichte ihn ihr. Sie nahm ihn und konnte Will noch immer nicht ansehen.
    â€žDanke, Detective“, sagte sie. „Bitte entschuldigen Sie, aber ich muss jetzt gehen.“
    â€žVerdammt, verdammt, verdammt“, murmelte Nell, als sie unter dem säulengetragenen Vorbau der würdevollen, im Pariser Stil erbauten City Hall stand und ihr Schirm sich nicht öffnen lassen wollte. Vor ihr prasselte der Regen auf den Gehweg, und alles, was sie jenseits davon ausmachen konnte, waren zwei verschwommene Lichtpunkte – einer schien von einer Straßenlaterne zu kommen, der andere die Beleuchtung einer Kutsche zu sein, die jedoch still am Straßenrand stand. Vielleicht hatte sie Glück und es war eine Mietdroschke, in die sie gelangen könnte, bevor …
    â€žGeh auf, verflixtes Ding“, zischte sie ihren störrischen Schirm an – der ihr auf einmal aus der Hand genommen wurde. Sie drehte sich um und sah, wie Will ihn ohne Probleme aufspannte. Er hielt ihn über sie beide, legte seinen Arm um sie und führte sie eilig die Treppe hinunter und über den Vorplatz in Richtung School Street.
    Es war tatsächlich eine Mietkutsche, die dort drüben am Straßenrand stand. Der Fahrer hatte sich auf dem Kutschbock zusammengekauert und sich seinen Regenmantel über den Kopf gezogen. Will hielt Nell die Tür des Wagens auf und half ihr hinein, bevor er ein paar kurze Worte mit dem Kutscher wechselte, die sie wegen des strömenden Regens nicht verstehen konnte.
    Er wird mich alleine nach Hause schicken, dachte sie. Doch dann faltete er den Schirm zusammen und stieg zu ihr in die Kutsche, einen alten Brougham mit nur einer Sitzbank. Er nahm neben ihr auf dem rissigen Lederpolster Platz und schlug die Beine übereinander. Den tropfenden Schirm zwischen sich und Nell auf den Boden gestellt wie einen Spazierstock, seinen Hut auf den Schoß gelegt, ließ er seinen Kopf zurücksinken und schloss die Augen.
    Nell wartete darauf, dass der Wagen sich in Bewegung setzte. Nur blieben sie stehen. „Weshalb …“
    â€žEr wartet, bis der Regen etwas nachlässt“, sagte Will, ohne die Augen zu öffnen.
    Sie nickte, wenngleich er sie ohnehin nicht sehen konnte, und starrte auf das vordere Fenster, das langsam zu beschlagen begann.
    â€žHatten Sie jemals vor, es mir zu sagen?“ Er sagte es so leise, dass sie sich nicht sicher war, ob er wirklich gesprochen hatte, bis sie sich zu ihm umwandte und sah, dass er sie anschaute, seinen Kopf noch immer zurückgelehnt. Gedämpft drang der Schein der beiden Lampen, die vorne an der Kutsche hingen, durch die regennassen Scheiben hinein und tauchte sein Gesicht in verwaschenes goldenes Licht. Nur seine Augen lagen im Schatten.
    Nell senkte den Blick und betrachtete ihre Hände. „Ich weiß es nicht. Nein. Ich … ich hatte Angst.“
    â€žUnd ich hatte geglaubt …“ Er wandte sich von ihr ab, seine Züge angespannt. „Egal.“
    â€žWill …“
    â€žNein. Ich hatte gedacht, Sie und ich … Ich dachte, Sie würden mir vertrauen und würden mich gut genug kennen, um … Ich dachte, wir … wir wären Freunde.“
    â€žIch hatte Angst“, wiederholte sie

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