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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
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kläglich.
    â€žDass ich in ganz Boston herumerzählen würde, dass Miss Nell Sweeney, die ach so respektable irische Gouvernante, einen im Gefängnis sitzenden Ehemann hat? Ich nehme einfach mal an, dass Sie noch immer mit ihm verheiratet sind. Warum haben Sie sich nie von ihm scheiden lassen?“
    â€žDie Kirche erkennt eine Scheidung nicht an.“
    â€žAber Sie hatten Angst, dass ich es herumerzählen würde, wenn Sie es mir sagten?“, beharrte er.
    Sie schüttelte den Kopf und sah beiseite. „Nein, nicht …“
    â€žWas nicht?“
    â€žNicht, wenn Sie nüchtern sind.“
    Er brauchte einen Moment, bevor er darauf etwas erwidern konnte. „Seit letztem Winter habe ich schon kein Opium mehr geraucht – oder mich an anderen Substanzen berauscht. Ich nehme gerade einmal so viel Morphium, wie mein Körper es benötigt, um zu funktionieren. Das wissen Sie selbst.“
    â€žJa.“
    â€žAber Sie vertrauen mir nicht. Sie gehen davon aus, dass ich jederzeit in alte Gewohnheiten zurückfallen könnte.“
    â€žNein, ich …“
    â€žSchon gut. Vielleicht haben Sie sogar recht, und ich sollte es tun. Seit einiger Zeit fühle ich mich zunehmend unruhig – mag sein, dass mir das Opium fehlt.“
    â€žSagen Sie so etwas nicht, Will.“
    Er erwiderte nichts, sondern schloss nur abermals die Augen. Es regnete unvermindert weiter, wenngleich nicht mehr ganz so stark, doch noch immer so sehr, dass sie nicht fahren konnten und das Innere der ohnehin nicht geräumigen Mietkutsche stetig enger zusammenzuschrumpfen schien. Die Fenster waren beschlagen, die Luft stickig; von draußen drangen keine der üblichen Laute herein, nur das beständige Prasseln des Regens.
    Neben ihr verharrte Will so still, dass sie annehmen würde, er wäre eingeschlafen, wenn er nicht noch immer den Schirm festgehalten hätte, der aufrecht zwischen ihnen stand. Sicher und anmutig umfassten seine langen Finger den Porzellanknauf.
    â€žSie sind seine Frau.“
    Nell wandte sich um und sah, dass er die Augen geöffnet hatte, wenngleich sein Kopf noch immer in das Polster zurückgesunken war.
    â€žDeshalb führt er sich so besitzergreifend auf“, fuhr Will fort, „deshalb hat er Ihnen diese Briefe geschrieben, deshalb war er so aufgebracht, als er annehmen musste, dass Sie und Harry …“ Er schüttelte den Kopf. „Deshalb stellt er Ihnen nach – jede Wette, dass er es ist.“
    â€žEr ist es“, pflichtete sie ihm bei. „Es passt von der Größe, und auch die Art, wie er sich bewegte … ich habe die Möglichkeit nur deshalb nicht schon längst erwogen, weil ich dachte, Duncan säße hinter Gittern.“
    â€žEr versucht immer noch, über Sie zu bestimmen. Sie sind verheiratet. Aus seiner Sicht ist gegen sein Verhalten wohl nichts einzuwenden.“
    â€žOh doch. Mag sein, dass wir immer noch verheiratet sind“, erwiderte sie, „aber wir haben uns getrennt, als ich achtzehn war.“
    â€žSo jung haben Sie geheiratet?“, fragte er ungläubig und winkte dann ab. „Nein, vergessen Sie das – es geht mich nichts an.“
    â€žMich schon. Wenn Sie wüssten, wie es dazu gekommen ist, wie er und ich …“
    â€žIm Moment interessiert mich eigentlich nur, wie wir das Problem Duncan Sweeney aus der Welt schaffen können, damit Sie Ihre Ruhe haben und ich mein Leben wie zuvor weiterführen kann.“
    Ebenso gut hätte er sagen können das Problem Nell Sweeney, denn so wie er sich ausdrückte, meinte er gewiss genau das. Sein Pokerspiel mit außergewöhnlich hohen Einsätzen – weswegen er überhaupt nach Boston gekommen war – war vorbei, und nun wollte er weiterziehen. Ihr war auf einmal, als wäre die gläserne Kugel zerbrochen, die sie beide umfangen hatte, und alles hätte sich in Luft aufgelöst – ihre ungewisse Beziehung zueinander, jenes unausgesprochene Gefühl der Vertrautheit und des gegenseitigen Verstehens, jenes süße Sehnen, das sie nicht mehr missen wollte, wenngleich sie es sich kaum einzugestehen wagte.
    â€žLassen Sie uns die Sache doch einmal logisch betrachten“, sagte Will und setzte sich auf. „Duncan … nun, er scheint offensichtlich den Verstand verloren zu haben.“
    â€žIch … ja, vermutlich“, meinte Nell.
    â€žBitte bedenken Sie – er ist aus dem

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