Dunkel
Geländer, und die Kraft verließ ihn schließlich. Er konnte nicht länger denken, war nicht mehr bei Sinnen; der Drang, zu Boden zu sinken und liegen zu bleiben wurde fast überwältigend. Aber die Schreie unten wurden lauter und Schritte trommelten auf den steinernen Stufen. Er sah Gesichter zu sich hochschauen, wieder verschwinden, Hände, die schlangengleich das Geländer emporglitten; es war die Menge, die sich jetzt wie ein Mann näherte, nachdem der Kampf mit den Bewohnern des Hauses beendet war. Eine Hand zog ihn vom Geländer weg und auf die Leiter zu. Jessica beschwor ihn, sich in Sicherheit zu bringen; ihr Gesicht war von Angst und Erschöpfung gezeichnet und mit Tränen beschmiert.
»Du zuerst«, sagte er zu ihr.
»Beeilung!« erscholl Ediths Stimme von der offenen Luke. Der Mob war auf der letzten Treppenflucht. Die stärksten von ihnen kamen schnell heran, und das Lampenlicht wurde schwächer, als ob die Dunkelheit der Nacht mit ihnen nahte.
Ohne weiteres Zögern kletterte Jessica die Leiter hoch und verschwand in dem Loch oben. Bishop folgte ihr hastig und erfuhr noch einmal die Verzweiflung des Gejagten. Er spürte, daß sich eine Hand um seinen Knöchel schloß und trat heftig mit dem anderen Fuß nach unten. Sein Absatz schrammte in das Gesicht seines Verfolgers, der losließ, und dann rollte Bishop über die Seite der Öffnung; die Luke schlug hinter ihm zu. Edith und Jessica ließen sich darauf fallen, als Fäuste dagegen hämmerten. Zum Glück war die Luke solide gebaut, und sie wußten, daß immer nur eine Person die Leiter erklettern und dagegen drücken konnte.
Sie lagen im Dunkel, die Taschenlampe auf die Maschine des Fahrstuhls gerichtet - Edith und Jessica auf dem Lukendeckel, Bishop daneben nach Atem ringend und völlig verausgabt, Kulek nahe einer Wand der Länge nach ausgestreckt. Sie lauschten dem gedämpften Wutgeheul drunten, dem Trommeln der Fäuste gegen die Luke, und sie waren sich der bedrückenden Dunkelheit bewußt, die um sie war. Der Wind fegte um die Ecken, als sei er eine unsichtbare Kraft, und versuchte in die Hütte einzudringen. Edith Metlock widersetzte sich erneut dem Sondieren, das sie in ihrem Verstand spürte, weigerte sich, die peinigenden Stimmen zu hören, die ihr Drohungen zuflüsterten. Sie dachte nur an ihre drei Gefährten und errichtete eine eingebildete Wand von Licht zwischen sich und dem Dunkel.
Nach einer Weile schwand der Lärm von unten, und auch der Druck gegen die Luke hörte auf. Bishop atmete gleichmäßiger, als er sich auf einen Ellenbogen gestützt aufrichtete.
»Sind sie weg?« fragte er, ohne daß er es zu hoffen wagte.
»Das glaube ich nicht«, sagte das Medium. »Ich glaube nicht, daß sie aufgeben werden, solange sie nicht Jacob haben.«
»Aber warum wollen sie meinen Vater denn?« fragte Jessica. »Du sagtest vorhin, daß sie ihn fürchten. Warum sollten sie das? Was kann er gegen sie tun?«
»Weil ich der Antwort nahe bin, Jessica.«
Sie drehten ruckartig ihre Köpfe auf das Geräusch seiner schwachen, zitternden Stimme hin. Edith ergriff die Taschenlampe und leuchtete dorthin, wo Jacob Kulek jetzt saß, den Rücken an die Wand gelehnt, die Hände auf den Boden gestützt. Er wirkte seltsam geschrumpft, als ob sein Körper in sich selbst zusammenfiele; seine Wangen waren eingefallen, die Augen halb geschlossen, als wolle er sich dem Einschlafen widersetzen. Jessica kroch auf ihn zu, weil sie nicht die Kraft hatte, sich zu erheben, und Bishop folgte ihr.
Jessica ergriff eine Hand ihres Vaters und berührte zärtlich seine Wange. Seine Augenlider öffneten sich kurz etwas mehr und er versuchte, sie anzulächeln. Sie preßte ihr Gesicht gegen das seine, hatte Angst um ihn, ohne zu wissen warum; es hatte nichts mit der physischen Gefahr zu tun, in der sie sich befanden, und die Sorge um seine Verletzungen war nur ein Teil davon. Er öffnete seinen Mund, um wieder zu sprechen, doch sie legte sanft ihre Fingerspitzen auf seine Lippen.
»Nicht, Vater. Spare deine Kräfte. Bald wird Hilfe hier sein. Dessen bin ich sicher.«
Eine zitternde Hand nahm die ihre fort. »Nein, Jessica... es wird ... keine Hilfe geben ... für uns in dieser Nacht.«
»Wir haben die Polizei alarmieren lassen, Jacob«, sagte Bishop. »Sie werden kommen.«
Kulek wandte sich matt zu ihm. »Sie haben keine ... Kontrolle über dieses ... schreckliche Ding, Chris. Nur Menschen als Individuen ... können dagegen ankämpfen. Aber es kann besiegt werden.« Die Kraft
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