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Dunkel

Dunkel

Titel: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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seltsam. »Er vergleicht sich mit einem Forscher, der andere erst führen kann, wenn er selbst den richtigen Weg gefunden hat. Seine Sorge ist, daß Pryszlak auf diesem Weg schon weiter voraus ist.«
    »Mir sind viele wie Pryszlak bei meinen Untersuchungen begegnet. Offensichtlich nicht so extrem, aber mit demselben Fanatismus wie bei ihm. Es ist wie eine Krankheit, Jessica, sie breitet sich aus. Ich selbst habe einige kleine Dosen mitbekommen, wenn ich bei gewissen Fällen verwirrt war.«
    »Aber Sie haben sich immer damit begnügt, sie als >unerklärliche Phänomene< zu bezeichnen und sie dann beiseite geschoben.« In ihrer Stimme war kein Sarkasmus, nur Hoffnungslosigkeit.
    »Im Augenblick, ja. Es ist wie mit den UFOs — nur eine Frage der Zeit, bis wir eine Erklärung für sie finden.«
    Sie nickte verstehend. »Gut, Chris. Vielleicht ist es gut, daß ein Zyniker wie Sie in diesem Bereich arbeitet; vielleicht sind wir alle zu sehr mit unseren eigenen Dingen beschäftigt. Ich glaube aber, daß Ihre Erfahrung in diesem Haus Sie mehr erschüttert hat, als Sie zugeben. Ihre Empfehlung, es sofort abbrechen zu lassen, könnte Ihr Weg sein, Geister zu verjagen.«
    Er wußte keine Antwort darauf; die Wahrheit war nicht einmal ihm selbst klar. Stattdessen versuchte er, zu scherzen. »Ein vernünftiger Mensch wie ich könnte zu einem unvernünftigen werden — wenn er zum Glauben bekehrt wird.«
    Sie lächelte und sagte, »Danke, daß Sie mir all dies gesagt haben, Chris. Ich weiß, daß es nicht leicht war.«
    Bishop grinste. »Das war es nicht, aber es half. Es war gut, nach all der Zeit mit jemandem zu sprechen.« Er erhob sich von der Bank und blickte auf sie hinab. »Sagen Sie Ihrem Vater, daß es mir leid tut, ja? Es hat mir keine Freude bereitet, alles zu einem plötzlichen Halt zu bringen. Aber ich dachte, es sei das Beste. Wirklich.«
    »Wir schulden Ihnen Ihr Honorar.«
    »Für einen halben Tag Arbeit? Vergessen Sie's.«
    Er wandte sich zum Gehen, aber sie sagte, »Werde ich Sie wiedersehen?«
    Er zeigte Verwirrung, bevor er antwortete: »Das hoffe ich.«
    Jessica schaute zu, wie er zum Parkausgang ging, der ihn in Richtung Baker Street bringen würde. Sie griff in ihre Umhängetasche, holte eine Zigarette heraus, entzündete sie und inhalierte tief. Es war ein seltsamer Mann - mit einem Wort: intensiv. Doch jetzt, da sie seinen Zynismus verstand, waren aller Ärger auf ihn verschwunden. Sie wünschte sich, ihm irgendwie helfen zu können. Sie wünschte, ihren Vater von seiner Besessenheit wegen Pryszlak befreien zu können. Sie wünschte wirklich, daß alles vorbei wäre, aber wie Jacob wußte sie irgendwie, daß es nicht so war.
    Das Kreischen einer der Enten verblüffte sie und sie sah, daß zwei von ihnen gierig um ein feuchtes Stück Brot kämpften, das ihnen eine alte Frau hingeworfen hatte. Jessica stand auf und zog den Mantel enger um sich. Sie trat die kaum angerauchte Zigarette auf dem Kiesweg aus und warf die Reste in einen Abfalleimer.
    Die Hände tief in die Taschen gesteckt, ging sie langsam aus dem Park.
    Das Abbruchunternehmen war da. Die Rammen zerschlugen die Mauern von Beechwood, und die Männer schwangen ihre Vorschlaghämmer mit Freude. Die Nachbarn staunten, überrascht über den plötzlichen Angriff auf das Anwesen, und einige, die die Geschichte des Hauses kannten, freuten sich über den Abbruch. Innerhalb zweier Tage war das Haus zu Schutt reduziert, eine häßliche Narbe zwischen den Häusern der Willow Road, eine Leere, die nur bei Anbruch der Nacht gefüllt wurde. Man hatte einen rohen Bretterzaun errichtet, um Neugierige, vor allem Kinder, vom Betreten des Grundstücks abzuhalten, denn die Trümmer waren gefährlich, da das Erdgeschoß nicht völlig in den Keller gestürzt war. Es gab kleine Öffnungen, durch die jemand fallen konnte.
    Die Schatten unter den Trümmern begrüßten die Nacht, verschmolzen mit ihr, wurden substantieller, und die Dunkelheit in dem Keller schien wie ein lebendes, atmendes Ding aus den Öffnungen zu kriechen.

TEIL ZWEI
    Gedenke an den Bund; denn die dunklen Winkel des Landes sind voller Frevel.
    Psalm 74:20

1
    Kriminalhauptkommissar Peck stöhnte innerlich, als der Granada hielt.
    »Sieht wie Armageddon aus«, sagte er zu seinem Fahrer, der daraufhin kicherte. Peck stieg aus dem Wagen und sah sich das Ganze an. Der Rauchgeruch hing noch immer in der Luft, große Pfützen füllten die Löcher der Willow Road und bildeten kleine, glitzernde Teiche.

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