Dunkel
fürchtete die dunkle Hand mehr als den Wahnsinn ringsum. Jemand zog sie hoch und sie öffnete ihre Augen, dankbar für den festen Griff unter ihren Armen. Das Gesicht lächelte, das konnte sie im Düster gerade noch erkennen. Aber sie spürte, daß das Lächeln unfroh war. Es war ein riesiges, aufgedunsenes Gesicht, das Haar, kurz gestutzt, klebte durch den Regen am Schädel fest. Sein Körper war groß, seine Arme nackt, und er hielt sie gegen die wütende Flutwelle ringsrum aufrecht. Sie wußte, daß das Böse, das in der Luft war, auch in ihm war. Die kalten schwarzen Finger hatten von diesem Mann leicht Besitz ergreifen können.
Animals Lächeln wurde zu einem Grinsen, als die Stimme in ihm sagte, was er zu tun habe.
Etwas zerrte auch an Jack Bettney, und es hatte nichts mit den Zuschauern zu tun, die sich aneinander klammerten, um aus dem Gewühl zu kommen. Es war etwas, daß an seinen Gedanken zerrte. Nein — es war etwas, das seinen Willen verschlang, dessen war er sich sicher. Er hatte irgendwo über Massenhysterie gelesen — wie Panik oder auch Jubel eine Menge erfaßten, von Hirn zu Hirn sprangen, jede anwesende Person berührten, bis schließlich alle in einen Kokon aus Gefühlen eingehüllt waren. Das geschah hier! Aber es war mehr als Panik. Es war eine seltsame Wildheit in diesen kämpfenden, drängenden Menschen. Nicht in allen, denn viele wurden von anderen angegriffen, doch hatte sich die anfängliche Feindseligkeit bald in einem überwältigenden Wahnsinn manifestiert. Es war der Wahnsinn, der an ihm zerrte!
Er begann um sich zu schlagen, egal, wen er traf, weil er wußte, daß er ihnen entkommen mußte, weil er spürte, daß er anders war — er war keiner von ihnen. Das würden auch sie fühlen.
Hände streckten sich nach ihm, zerrten an seiner Kleidung,, rissen ihm die Wollmütze vom Kopf, langten nach seinen Augen. Er ging zu Boden, und als er unter den trampelnden Füßen lag, Dunkelheit ringsum, begann er den stummen, hämmernden Stimmen nachzugeben, wollte sich ihnen anschließen, wenn sie ihm nur Frieden gäben, wollte Teil von ihnen sein, was immer ihre Absicht war. Er begriff zu spät, daß sie ihm keinen Frieden boten.
Animal war mit dem Mädchen fertig. Andere wollten sie, obwohl ihr Körper jetzt schlaff, kein Leben mehr darin war. Er ließ sie fallen und bahnte sich seinen Weg durch den Mob, kam langsam aber sicher voran, den Blick auf das metallische Ding gerichtet, das aus der Masse von Menschenfleisch ragte und sich wie ein seelenloser Wächter darüber erhob.
Alle Aktivität auf dem Spielfeld unten hatte aufgehört. Die Spieler, Linienrichter und Schiedsrichter starrten voller Entsetzen auf die Menge an dieser Seite des Feldes. Polizisten hatten ihre Bänke verlassen und sich um den Abschnitt gesammelt, wo der Ärger angefangen hatte. Aber es gab nicht mehr nur eine Stelle, denn die Schlägereien hatten sich ausgeweitet, waren zu einer massiven Schlacht geworden, in die jeder auf dieser Seite des Stadions verwickelt war. Keiner der Beamten hatte Lust, sich in das Gewühl zu stürzen, und der Befehlshabende forderte sie auch nicht dazu auf. Selbstmord gehörte nicht zu ihrer Pflicht.
Animal erreichte schließlich den Fuß des Flutlichtturmes. Der kurze Weg durch die drängenden Körper hatte seine Kräfte geschwächt, doch Adrenalin durchschoß ihn, da er wußte, was er zu tun hatte, und das erregte ihn wieder. Er wurde gegen das Metall gestoßen, dessen Oberfläche durch den Regen glatt war, und griff nach der Abzweigdose, aus der die dicken Kabel ragten und ihren Weg zu den Reihen der geplatzten Lampen oben nahmen. Die Abdeckung ließ sich nicht lösen, da sie so gebaut war, daß sie den Angriffen zerstörerischer Fans widerstand. Animal kletterte die ersten beiden Sprossen des Turmes hoch und hakte einen Fuß ein. Er trat auf die Abdeckung, und sein schwerer Stiefel schrammte und verbeulte ihre Oberfläche. Es dauerte lange Minuten, bis sie sich schließlich löste, doch vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben hatte Animal Geduld. Er widmete sich seiner Aufgabe ganz und kreischte vor Freude, als die Abdeckung schließlich herunterfiel. Dann griff er hinein und schloß seine große Hand um zwei der mächtigen Kabel. Er begann zu zerren, und die Menge preßte sich dicht um ihn; der Regen durchnäßte alles und jeden.
Schließlich lösten die Kabel sich, denn Animal war stark, und der Strom fuhr durch ihn in die nasse, dicht gedrängte Menge, schoß mit lähmender
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