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Dunkel

Dunkel

Titel: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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hatte er ein unnachgiebiges Vorurteil gegen Mystizismus in jeder Form gehabt, hatte aber rasch gelernt, daß es einen großen Unterschied zwischen dem gab, was gemeinhin als übernatürlich und paranormal bezeichnet wurde: Das eine hatte mystische Bedeutungen, wogegen das andere eine unbekannte Wissenschaft war, vielleicht — und er war sich dessen wirklich nicht sicher - die Wissenschaft des Verstandes. Er war sicher, daß er sich durch das Studium all dieser verschiedenen Gruppen ein klareres Bild von dem Fortschritt machen könne, den dieses relativ neue Gebiet der Wissenschaft gemacht hatte. Das Wachsen des öffentlichen Interesses war unglaublich. Die Jungen schreckten vor dem Materialismus zurück und suchten nach höheren Ebenen, und ihre Eltern suchten nach einer Zuflucht vor dem Chaos, das sie umgab. Es schien, als ob die vielen traditionellen Religionen darin versagt hätten, diesen Trost zu liefern, denn Gebete und Ablaßzahlungen halfen nicht immer. Tatsächlich funktionierte das kaum. Wo war Gerechtigkeit, wo war Recht? Je mehr die Kommunikation sich in der Welt ausbreitete, desto mehr Ungerechtigkeit wurde sichtbar. Wenn die jüngeren Generationen die Religion betrachteten, waren nur von Menschen geschaffene Rituale zu sehen, von Menschen geschaffene Heuchelei. Selbst die Geschichte verriet ihnen, daß das Streben nach Gott das Hinschlachten und Leiden von Millionen bedeutet hatte. Viele wandten sich neuen Kulten zu, Randreligionen wie den Scientologisten, den Moonies, dem People's Temple (was war der wirkliche Grund für ihren Massenselbstmord?). Gurus hatten den Messias ersetzt, Psychiater die Priester, Parapsychologen würden schließlich beides überflüssig machen.
    Es gab einen wachsenden Glauben daran, daß die Seele des Menschen tief in -einem fernen Winkel seines Verstandes verborgen, nicht eine unsichtbare Größe war, die sein ganzes Wesen erfüllte. Sie war da, konnte gefunden werden; die Wissenschaftler mußten nur wissen, wo sie zu suchen hatten und das Instrument herstellen, um sie aufzuspüren. Und die Wissenschaft des Studiums des Paranormalen wurde langsam, ganz langsam erst salonfähig. Bishop mußte über seine simple Logik lächeln; Jacob Kulek könnte ihm wahrscheinlich helfen, wenngleich sie in manchem unterschiedlicher Ansicht waren, lagen sie wohl doch gar nicht so weit auseinander. Er machte sich eine Notiz: Kuleks Forschungsinstitut wäre ein geeigneter Ort, um mit seinem Buch zu beginnen.
    Bishop arbeitete bis spät in die Nacht, konzipierte den Aufbau seines Buches, fertigte eine Liste der Gesellschaften an, die er besuchen wollte, notierte, wo sie ihren Sitz hatten und welche speziellen paranormalen Bereiche sie bearbeiteten. Es war weit nach ein Uhr, als er schließlich zu Bett ging und schnell einschlief.
    Der Alptraum kehrte zurück, und wieder sank er in die schwarzen Tiefen des Ozeans; seine Lungen durch den Druck zusammengepreßt, seine Gliedmaßen steif und nutzlos, zog ihn das bleierne Gewicht seines Körpers nach unten. Ein Gesicht wartete dort auf ihn, etwas grau Verschwommenes, das klarer wurde, als er hinabsank. Diesmal war es nicht das von Lucy. Es war ein Mann, den er erkannte und doch nicht kannte. Der Mann grinste, und welke Lippen riefen Bishops Namen. Seine Augen schienen unnatürlich aus den Höhlen zu treten und Bishop sah, daß nur Böses in ihnen war, eine kalte, hypnotisierende Dunkelheit, die ihn durchflutete die ihn in eine Schwärze trieb, die noch tiefer als der Ozean war. Das Grinsen war höhnisch, und Bishop wußte plötzlich, daß es der Mann war, den er in Beechwood gesehen hatte, der Mann, der zugeschaut hatte, wie seine Gefolgsleute einander und sich selbst umbrachten, bevor er die Waffe in seinen Mund steckte. Die Lippen öffneten sich - gelbe, schlechtgeformte Zähne verbargen die glitzernde Höhle dahinter, und die fleischige, zitternde Zunge ruhte wie eine große Schnecke, die darauf wartete, jeden Eindringling zu verschlingen. Bishop trieb hindurch, und die Kiefer schlössen sich hinter ihm mit einem donnernden, stählernen Klirren. Er war völlig blind und schrie, und die weiche, umhüllende Oberfläche der Zunge streckte sich nach ihm und umschloß seine Füße. Er versuchte, sich zu befreien, sank aber nur tiefer in den Schleim, und in der Dunkelheit spürte er, wie die Zunge ihm umschlang, hinter ihm hochkroch, um seine Schultern zu umfassen. Seine eigenen panischen Schreie betäubten ihn, als weiße, fließende Formen in sein

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