Dunkelheit soll dich umfangen: Thriller (German Edition)
Tragödie erlebt, dennoch gab es in ihrem Leben so viele Dinge, für die sie dankbar war, zum Beispiel Jims Familie, ihre Freunde, Johnny. Vanessa zog ihren Bademantel fester um sich, als der Wind ums Haus heulte und Äste an die Fensterscheiben schlugen. In sich hineinlächelnd, ging sie hinüber in ihr Schlafzimmer.
Wofür sie ebenfalls überaus dankbar war, war die Er-findung der elektrischen Heizdecke, auch wenn sie hoffte, irgendwann einmal wieder einen Mann zu haben, der sie in die Arme nahm und in den kalten Winternächten wärmte.
Matt McCann hasste Thanksgiving. Eigentlich hasste er die meisten Feiertage, aber Thanksgiving fand er am schlimmsten. Wenn irgendjemand Grund hatte, für irgendetwas dankbar zu sein, dann wohl am ehesten seine beiden Ex-Frauen, die ihn bis aufs letzte Hemd ausgezogen hatten, als sie ihn verließen.
Scheidungsanwalt hätte er werden sollen. Jedenfalls hatten seine Ehen zwei Vertretern dieser Spezies einen Haufen Geld eingebracht. Diese verdammten Gauner hatten sich fast genauso an ihm bereichert wie die beiden Tussis, die zu heiraten er den Fehler gemacht hatte.
Während alle anderen Bewohner der Vereinigten Staaten den Tag damit zubrachten, sich im Kreise ihrer Lieben den Bauch mit Truthahn vollzuschlagen, verbrachte Matt den Tag mit der Person, die er am meisten liebte … sich selbst. Er hatte sich beim Chinesen etwas zu essen geholt und eine halbe Flasche Scotch dazu getrunken.
Jetzt stand er vom Schreibtisch auf und ging in die Küche, schenkte sich noch einen ordentlichen Schluck Whisky ein, zündete sich eine Zigarre an und pflanzte seinen dicken Hintern auf einen der hohen Stühle an der Frühstückstheke.
Feiertage waren nichts anderes als eine Verschwendung wertvoller Arbeitszeit. Da heute alle Galerien geschlossen waren, hatte Matt nichts Vernünftiges zustande gebracht. Und wahrscheinlich würde es noch bis Montag dauern, bevor irgendjemand mal wieder ans Geschäftemachen dachte.
Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und zog kräftig an seiner Cohiba Double Corona. Er würde sie zur Hälfte rauchen und dann ausdrücken. Fünfundzwanzig von den Dingern kosteten fünfzehnhundert Dollar, deshalb gönnte er sich fast nie eine ganze auf einmal.
Während er die Corona paffte und an seinem Scotch nippte, sah er sich in der blitzblanken, topmodernen Küche um, einem nur selten genutzten Raum in seiner Fünfhunderttausend-Dollar-Hütte.
An einer der Wände hing ein abstraktes Bild, das er mit Anfang zwanzig gemalt hatte, damals, als er glaubte, mit seinem Talent die Kunstwelt in Aufruhr versetzen zu können. Seine inzwischen verstorbene Mutter bedrängte ihn jedoch unermüdlich, Börsenmakler zu werden, weil sie bezweifelte, dass die Kunst ihn ernähren würde.
Damit lag sie nicht ganz falsch. Matts Begabung reichte nicht aus, um sich als Künstler durchzusetzen, aber er war clever genug, sich als Künstleragent eine goldene Nase zu verdienen. Er hatte ein Gespür für außergewöhnliches Talent und knüpfte über die Jahre Kontakte zu so vielen Galerien, dass er mittlerweile erfolgreicher war, als er es je für möglich gehalten hätte.
Er trank den letzten Schluck Scotch, drückte die Cohiba aus und stand auf. Obwohl es noch nicht einmal zehn Uhr war, beschloss er, schlafen zu gehen. Schließlich hatte er mehr getrunken als sonst und spürte, dass ihn ein höllischer Kater erwartete.
Er war gerade auf dem Weg ins Schlafzimmer, als es an der Haustür klingelte. Verdammt. Hoffentlich hatte sich nicht irgendein Blödmann überlegt, mal nach dem guten alten Matt zu sehen, der an Thanksgiving einsam und allein zu Hause hockte. Auf wohlmeinende Freunde konnte er verzichten.
»Jetzt bin ich aber mal gespannt«, sagte er und riss die Tür auf. Der Baseballschläger traf ihn mitten im Gesicht, zertrümmerte seine Wangenknochen und brach ihm das Nasenbein.
Blut lief ihm in die Augen, und er taumelte rückwärts, besinnungslos vor Schmerzen. Scheiße, diese Schmerzen. Er konnte nicht sehen, wer den Baseballschläger schwang, konnte nicht nach dem Warum fragen, während er immer wieder geschlagen wurde, bis er keine Schmerzen mehr spürte, bis er nichts mehr spürte.
Der Mörder erschauderte, als er das letzte Mal auf Matt einschlug. O Gott! Einen solchen Adrenalinstoß hatte er noch nie erlebt. Er schnappte nach Luft, das einzige Geräusch in dem totenstillen Haus.
Er warf den Schläger weg und blieb für einen Moment regungslos stehen, um den Thrill des Tötens zu
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