Dunkelheit soll dich umfangen: Thriller (German Edition)
Johnny in Ruhe zu Hause verbracht, und am Samstag waren sie ins Kino gegangen, nachdem Garrett den Parkbesuch abgesagt hatte.
Am Sonntag stellten sie schließlich den Weihnachtsbaum auf. Es war zwar noch ein bisschen früh dafür, aber Vanessa liebte Weihnachten und geriet vorher jedes Mal in einen wilden Dekorausch.
Ihre Windschutzscheibe war mit Schneeflocken gesprenkelt, als sie vor Wallace Realty hielt. Der Wetterbericht hatte eisigen Wind und gelegentliche Schneeschauer vorhergesagt. Vanessa liebte Weihnachten, aber den Winter hasste sie.
»Guten Morgen«, rief sie Alicia beim Eintreten zu.
»Ihnen auch einen guten Morgen«, grüßte Alicia zurück. Heute trug sie blauen Lidschatten, was Anlass zu Hoffnung gab. »Wie war Thanksgiving?«
»Danke, gut.« Vanessa zog den Mantel aus und hängte ihn an die Garderobe neben der Tür. »Johnny und ich haben den Tag mit Jims Familie verbracht. Und Sie?« Alicias Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln.
»Ich habe jemanden kennengelernt, am Mittwochabend, und dann haben wir das lange Wochenende zusammen verbracht. Es war unglaublich. Dieser Typ ist einfach unglaublich.«
Vanessa setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl. »Wie heißt er denn?«
»Guy Merrick.« Alicia beugte sich vor, und ihre Augen strahlten. »Ein Wahnsinnstyp. Wir haben uns im Seventy-seven kennengelernt – Sie wissen schon, dieser Club in der Nähe der Main Street. Jedenfalls arbeitet der Typ für eine Kabelfirma und ist geschieden. Keine Kinder, ich muss also nicht die Stiefmutter spielen, falls es was wird mit uns.«
In den zwei Jahren seit ihrer Scheidung hatte sich Alicia schon in Dutzende Männer verliebt. Immer wieder stürzte sie sich kopfüber in eine leidenschaftliche Affäre, die ein, zwei Monate dauerte, und wenn der Mann schließlich das Weite suchte, war sie jedes Mal am Boden zerstört.
Vanessa hätte Alicia am liebsten geraten, es langsam angehen zu lassen, die Dinge sich entwickeln zu lassen, aber sie wusste, so ein wohlmeinender Ratschlag würde auf taube Ohren stoßen.
»Hört sich toll an«, sagte sie stattdessen. Am besten war es wohl, wenn sie sich mit ihrer Kollegin über deren Liebesglück freute, denn bald würde es wahrscheinlich ohnehin wieder vorbei sein, und Alicia würde von einem Strudel aus Hassgefühlen und Bitterkeit in die Tiefe gezogen.
In dem Moment öffnete sich die Tür, und Christian erschien, brachte einen kühlen Luftzug und einen frischen männlichen Duft herein. Als er sie anlächelte, schlug Vanessas Herz höher, und sie fühlte sich wieder wie ein junges Mädchen, dem ganz schwindelig wird vor Glück, wenn der Kapitän des Footballteams ihr zulächelt.
Sie stand da und lächelte wie benommen zurück. »Hi.«
»Selber hi.« Er deutete ein Nicken in Alicias Richtung an, ließ Vanessa aber keinen Moment aus den Augen. »Sind Sie bereit?«
Mein Gott, wenn er nicht aufhörte, sie so anzustarren, wäre sie bald zu allem bereit. Er sah aber auch zum Anbeißen aus in seiner schwarzen Lederjacke, der Jeans und dem graublauen Pullover, der perfekt zu seinen Augen passte.
»Es kann losgehen«, sagte sie munter. Eben hatte sie Alicia noch insgeheim getadelt, weil die mal wieder viel zu schnell vorpreschte, und jetzt war sie selbst drauf und dran, mit einem Mann, den sie kaum kannte, denselben Fehler zu machen. Sie musste sich wirklich zusammenreißen.
Sie nahm ihre Schlüssel und überreichte Alicia eine Liste der Anwesen, die sie Christian zeigen wollte.
»Ich melde mich von jeder Adresse«, sagte sie.
»Okay«, erwiderte Alicia.
Vanessa und Christian verließen das Büro und stiegen in Vanessas Wagen.
»Und, wie war Ihr Thanksgiving?«, fragte er, als sie losfuhren. »Sehr schön. Und wie war’s bei Ihnen? Haben Sie Ihre Familie in Denver besucht?«
»Nein, ich bin hiergeblieben und habe gearbeitet. Ich musste die Entwürfe für ein neues Projekt prüfen. Mein Thanksgiving war gefüllter Truthahn aus der Truhe.«
»Das klingt ja furchtbar«, rief Vanessa aus.
Er grinste. »Eigentlich hat es sogar ziemlich gut geschmeckt. Ich bin ein echter Feinschmecker, was Mikrowellengerichte angeht.«
»Niemand sollte an Thanksgiving allein sein«, sagte sie.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich verbringe die meisten Feiertage allein. Meine Eltern reisen viel, und außerdem haben sie sich nie besonders viel aus Traditionen gemacht. Also, was sehen wir uns heute an?«
Christian wollte offensichtlich das Thema wechseln, und Vanessa fragte sich, wie das
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