Dunkelheit soll dich umfangen: Thriller (German Edition)
und niemand zu Tyler King, weder die Opfer noch die Beweise. Am meisten beunruhigte ihn, dass womöglich noch jemand sterben musste, bevor sie endlich einen Durchbruch erzielten.
10
In Vanessas Schlafzimmer sah es aus, als hätte die Modepolizei ihren Kleiderschrank durchwühlt und die schlimmsten Fehlkäufe achtlos aufs Bett geworfen. Vanessa hatte ein halbes Dutzend Outfits anprobiert, bevor sie endlich das richtige für den Abend mit Christian fand. Sie entschied sich für ein sexy marineblaues Kleid mit einem blau-silbernen Gürtel, ein für jeden Tanzstil, den Christian im Sinn haben mochte, geeignetes Outfit.
Sie kämmte ihr Haar zurück, fasste es im Nacken mit einer silbernen Spange zusammen und legte kleine silberne Ohrringe an. Um Viertel nach sechs überprüfte sie vor dem Badezimmerspiegel ein letztes Mal ihr Make-up, dann ging sie ins Wohnzimmer hinunter, um auf Christian zu warten, der in fünfzehn Minuten da sein müsste.
Mit Schmetterlingen im Bauch saß sie auf dem Sofa. Sie konnte sich nicht erinnern, derart nervös gewesen zu sein, als sie das erste Mal mit Jim ausgegangen war. Vielleicht lag es daran, dass ihre Ansprüche inzwischen höher waren. Sie war keine naive, romantische Einundzwanzigjährige mehr, die sich zum ersten Mal verliebte.
Sie war eine alleinerziehende Mutter, die genau wusste, worauf sie sich in einer neuen Beziehung einlassen würde und worauf nicht.
Sie war klüger, aber sie war auch sehr einsam, und sie wollte sich auf keinen Fall aus Einsamkeit zu irgendwelchen Dummheiten hinreißen lassen.
Vanessa hatte keine Zeit gehabt, das Haus zu putzen oder auch nur die Unordnung in ihrem Schlafzimmer zu beseitigen, doch das spielte keine Rolle. Schließlich hatte sie nicht vor, Christian hereinzubitten. Sie musste die Dinge langsam angehen. Wann immer sie an den Kuss auf dem Parkplatz dachte, schien Langsamkeit allerdings keine realistische Option zu sein.
Um halb sieben stand sie vom Sofa auf und ging ins Esszimmer, von wo aus sie Einfahrt und Straße überblicken konnte.
Es fühlte sich seltsam an, auf einen Mann zu warten, wieder mit jemandem auszugehen. Ein schlechtes Gewissen hatte sie jedoch nicht. Sie hatte lange Zeit um Jim getrauert, und während sein Leben zu Ende war, ging ihres weiter. Vanessa wusste zwar nicht, ob Christian Interesse an einer festen Beziehung hatte, in den letzten Tagen war ihr jedoch klargeworden, dass sie nicht für den Rest ihres Lebens allein bleiben wollte.
Es wurde halb sieben. Zwanzig vor sieben. Vanessa fragte sich, ob Christian es sich anders überlegt hatte. Ob er davor zurückschreckte, sich auf eine Frau einzulassen, die einen zehnjährigen Sohn hatte. Oder ob er einfach das Interesse an ihr verloren hatte.
Um Viertel vor sieben bog er in ihre Einfahrt und sprang aus dem Auto wie jemand, der weiß, dass er sich verspätet hat. Als er aufs Haus zuging, bewunderte sie den perfekten Sitz seiner schicken marineblauen Hose, seines langärmeligen, blaugrauen Hemdes und des offenen Lederjacketts. Sie strich ihr marineblaues Kleid glatt. Unbewusst hatten sie die Farben ihres Outfits aufeinander abgestimmt.
Als er klingelte, griff Vanessa nach Handtasche und Mantel und atmete tief durch, um ihr wild klopfendes Herz unter Kontrolle zu bekommen, was ihr jedoch nicht gelang.
»Ich hasse Leute, die zu spät kommen«, sagte er, als sie die Tür öffnete. »Und ganz besonders hasse ich es, wenn ich einer von ihnen bin. Es tut mir leid, aber es gab Probleme auf der Baustelle.«
»Stopp.« Vanessa hob die Hand und lachte über Christians ernsten Gesichtsausdruck. »Es waren doch nur ein paar Minuten.«
»Trotzdem, es ist mir ein Greuel, eine schöne Frau warten zu lassen. Und du siehst einfach hinreißend aus.«
Als er das sagte und sie den Ausdruck in seinen Augen sah, rieselte ihr ein freudiger Schauer über den Rücken. »Vielen Dank.«
Er nahm ihr den Mantel ab und half ihr hinein. Sie gingen zu seinem Auto. »Ein schönes Haus hast du«, sagte er, als er auf die Straße bog.
»Jim und ich haben eine Menge Herzblut hineingesteckt . Im Winter ist es zwar zu kalt, und im Sommer heizt es sich zu sehr auf, aber es ist mein und Johnnys Zuhause.« Im Auto roch es nicht nur nach Christians Eau de Cologne, sondern auch nach Reinigungsmitteln, und Vanessa fragte sich, ob er sich die Mühe gemacht hatte, für sie das Auto zu putzen. Der Gedanke gefiel ihr. »Also, wo fahren wir hin?«, fragte sie.
Er blickte kurz zur Seite und lächelte sie an,
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