Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
los?“
Ina griff ebenfalls zur Zigarettenschachtel.
„Mach die Küche klar! Ich geh schon mal rüber und öffne eine Flasche Wein. Ich möchte dir das in Ruhe erzählen.“
Er nickte und stand auf. Fünf Minuten später kam er ins Wohnzimmer, wo Ina bereits auf dem Sofa saß und ihn erwartete. Zwei Weingläser standen auf dem Sofatischchen.
„Erinnerst du dich an diesen Lehrer, der mich neulich so geärgert hat?“
„Wie sollte ich nicht?“
„Er hat mich heute angerufen.“
„Und?“
„Ich glaube, ich habe ihm Unrecht getan!“
„Inwiefern?“
Ina berichtete Frank sehr ausführlich, was Rainer Kirchhoff ihr erzählte hatte.
„Ich glaube, dass er Recht hat und dass da irgendeine ziemliche Sauerei läuft. Er ist überzeugt davon, dass dieser Herr Weingerber nichts dergleichen getan hat, meint aber, dass sich jemand anders hinter dem Namen versteckt und irgendwelche krummen Sachen abzieht. Dass sich Steffie das nur zusammenfantasiert, glaubt er nicht. Schließlich haben ihre beiden Freundinnen die Fotos gesehen. Niemand zahlt 50 Euro für drei Fotos! Da muss mehr gelaufen sein.“
Frank schwieg eine Weile, während es in seinem Kopf arbeitete. Er fand es zuerst einmal sehr gut zu merken, dass Ina offensichtlich diesmal kein Problem damit hatte, ihr Unrecht einzugestehen. Er fand auch ihre Gedanken nur konsequent.
„Was willst du tun?“, fragte er.
„Das ist gar nicht so einfach. Wir müssen das Mädchen zu greifen kriegen. Sie war heute nicht in der Schule, und wie Herr Kirchhoff sagte, sind die Eltern so gut wie nie zu erreichen.“
Nach kurzem Zögern fügte sie hinzu: „Notfalls muss ich am Montag da mal einen Hausbesuch machen.“.
Frank nickte, und im Stillen merkte er, dass Ina oft Recht hatte mit ihrem Gefühl der Ohnmacht, das sich in solchen Fällen nahezu zwangsläufig einschlich. Was sollten sie anderes tun? Als hätte sie seine Gedanken hören können, sagte Ina plötzlich: „Vielleicht gehe ich morgen mal bei Wiberts zu Hause vorbei. Auf eigene Faust!“.
„Was versprichst du dir davon?“
Ina zuckte mit den Schultern.
„Wenn ich jemanden erwische, kann ich mit ihm oder ihr reden!“
Samstag 13. April 2002
Als Frank am Samstagmorgen kurz nach acht wach wurde, war Inas Betthälfte schon leer. Er stand auf und ging in die Küche, wo sie bereits mit der Zeitung am gedeckten Frühstückstisch saß.
„Du scheinst dein Vorhaben in die Tat umsetzen zu wollen.“
Er setzte sich zu ihr.
„Ja, ich glaube schon. Es scheint mir auch am sinnvollsten zu sein, so früh wie möglich hinzugehen. Dann habe ich vielleicht eine Chance.“
Ina legte die Zeitung beiseite. Sie griff zu einem Brötchen.
„Ich will gegen neun da sein. Das ist für einen Samstag nicht zu früh, aber wohl auch nicht zu spät!“
Frank nickte.
„Ich bin im Präsidium. Wir wollen versuchen, auf Klettners Laptop Zugriff zu kriegen. Wie lange das dauert, weiß ich nicht.“
Er zögerte kurz.
„Du kannst mich ja mal anrufen, wenn du Näheres weißt!“
Ina schaute ihn längere Zeit schweigend an. Dann lächelte sie und sagte: „Das werde ich tun!“.
Sie stand auf und küsste ihn. Anschließend hörte er, wie sie im Flur ihre Jacke anzog und die Schlüssel einsteckte. Sie kam noch einmal zurück und wünschte ihm viel Glück.
„Dir auch! Hoffentlich erreichst du was!“
Eine Minute später war er allein. Er räumte den Tisch ab und widmete sich der Zeitung.
***
Ina parkte ihren Twingo unmittelbar vor der Haustür. Sie schaute auf ihre Uhr. Es war fünf vor neun. Sie nahm vom Rücksitz ihre Tasche, in der auch das Pfefferspray war - ohne das sie derartige Besuche nicht mehr machte, nachdem vor etwa anderthalb Jahren der Vater einer ihrer Jugendlichen ihr einmal versucht hatte, an die Wäsche zu gehen – und stieg aus.
Sie schloss den Wagen ab und ging auf die Haustür zu. Plötzlich öffnete sich diese und ein etwa zehnjähriger Junge kam mit einem Cockerspaniel an der Leine herausgestürmt – oder hatte der Hund den Jungen an der Leine? Lächelnd schaute sie den beiden hinterher und wandte sich dann der Haustür und den Klingeln zu. Sechs Familien schienen in dem Haus zu wohnen, denn sechs Klingelknöpfe waren auszumachen, allerdings waren nur drei von ihnen mit einem Namensschild versehen. Den Namen „Wibert“ las Ina in der Mitte der rechten Leiste. Sie drückte etwa zwei Sekunden mit dem Zeigefinger auf den Knopf und lehnte sich leicht gegen die Tür. Eine Gegensprechanlage war nicht zu
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