Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
Sachen sein?“, erkundigte sich Steffies Vater, der jetzt in den Brötchenkorb langte und mit einem Brotmesser sein Brötchen aufschnitt. Er wirkte immer noch abweisend.
„Sie kommen doch nicht am Samstagmorgen hierher, um uns zu sagen, dass unser Kind erwachsen wird.“
Ina nickte ihm zu.
„Da haben Sie sicher Recht! Wenn das stimmt, was ich glaube, dann steckt Ihre Tochter in sehr großen Schwierigkeiten!“
Plötzlich war die – gespielte? - Gleichgültigkeit der Eltern wie weggeblasen. Die beiden sahen sich erschreckt an, und diesmal war es Frau Wibert, die am schnellsten die Worte wiederfand.
„Was sagen Sie da? Welche Schwierigkeiten?“
Ina holte tief Luft und begann zu erzählen.
***
Frank saß mit Maren, Reinhard und Bernd in seinem Büro. Auf dem Tisch bei den Besucherstühlen stand der Laptop und man hatte Bernd soeben erklärt, was das Problem war. Bernd schien – trotz der Tragödie, die sich in seiner Familie ereignet hatte – sehr konzentriert. Er hatte ihnen erzählt, dass der Tod seiner Mutter zwar plötzlich, letztlich aber nicht überraschend eingetreten war. Sein Vater war schon vor fast zehn Jahren gestorben. Zusammen mit seiner Schwester hatte Bernd sich im Verlauf der letzten zwei Jahre intensiv um seine Mutter gekümmert, denn sie war an Lymphdrüsenkrebs erkrankt und hatte kontinuierlich abgebaut. Gerade in den letzten Monaten ging es ihr aber verhältnismäßig gut. Bernd hatte die Schilderungen Franks, die das Problem mit dem Laptop betrafen, lächelnd aufgenommen.
„Ich glaube nicht, dass es damit getan ist.“, sagte er. „Das Kennwort ist kein Problem. Aber wenn Klettner wirklich etwas verstecken wollte, dann hat er hinter dem normalen Anmeldekennwort noch ein paar Hindernisse aufgebaut.“
Das war natürlich nicht das, was sich Frank und die anderen zu hören gewünscht hatten. Trotzdem machte Frank sich Mut, indem er erwiderte: „Na gut, dann werden wir halt einen Hürdenlauf machen. Hauptsache wir kommen ans Ziel.“
Bernd griff in seine Jackentasche und förderte eine Diskette zutage, die er vorausschauend mitgebracht hatte. Er schob sie in das Laufwerk und startete den Rechner. Nach ein paar schnellen Tastaturanschlägen und der Eingabe einiger Befehle startete der Computer neu. Die drei staunten, als sie sahen, dass der Rechner jetzt hochfuhr, ohne ein Kennwort zu verlangen. Bernd lachte seine Kollegen an, entnahm dem Laufwerk die Diskette und hielt sie triumphierend hoch.
„Ein Dietrich für Rechner!“, erklärte er und fügte einschränkend hinzu: „Weiter komme ich damit aber nicht, falls da noch was sein sollte.“
Die nächsten Schritte waren Routine. Nach kurzer Zeit sah man auf dem Bildschirm die Auflistung der Ordner und Dateien, die auf Laufwerk C zu finden waren. Es stellte sich heraus, dass der Laptop eine verhältnismäßig große Festplatte von 40 Gigabyte hatte, diese aber in zwei Partitionen geteilt war. Die zweite Partition war nicht zu öffnen, und damit hatte Bernd mit seiner Vermutung Recht behalten.
„Das dauert jetzt ein Weilchen! Wenn ihr wollt, könnt ihr nach Hause fahren oder sonstwas tun. Hauptsache, ihr lasst mich hier in Frieden arbeiten. Es wird etwas dauern.“
***
Schon während Ina erzählt hatte, merkte sie, wie die unnahbare Fassade der Eltern Wibert langsam aber stetig in sich zusammenbrach. Beide hatten sich oft zwischendurch angeschaut, aber nun, da Ina ihren Bericht mit der Bemerkung abgeschlossen hatte, dass sie glaube, dass Steffie in eine recht schlimme Sache verwickelt sein könnte, waren beide Eltern kreidebleich. Herr Wibert hatte sein Brötchen auf den Teller gelegt und es in den letzten fünf Minuten nicht mehr angerührt. Sein Gesicht war aschgrau, und er starrte seine Frau entgeistert an.
„Hol sie!“, sagte er leise, aber Ina spürte, wie er sich zügeln musste.
„Aber sie schläft sicher noch …“, versuchte Frau Wibert einzuwenden.
„Hol sie!!“, wiederholte ihr Mann und hatte deutlich die Stimme angehoben, ohne laut zu werden.
Frau Wibert stand auf und verließ die Küche.
„Was glauben Sie, warum sie das tut?“
Ina zögerte kurz, entschloss sich aber dann zu sagen, was sie wirklich glaubte.
„Ich kann das natürlich nur vermuten. Aber ich denke, dass sich Steffie – wie jedes Mädchen in dem Alter – nach Aufmerksamkeit sehnt. Sie sind selten zu Hause, und sie ist – gerade jetzt – darauf angewiesen, sich die Aufmerksamkeit und Zuwendung außerhalb der Familie zu holen. In
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