Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
er auf. „Was hätte sie mir erzählen sollen?“
„Ich habe mich letztens ziemlich schlimm mit ihr gestritten.“, erzählte Steffie ihm kleinlaut. „Sie hat gesagt, du wärst kein Fotograf, sondern Architekt!“
Lachner fuhr zusammen. Hatte diese kleine Schlampe etwa geplaudert? Er versuchte, sich den Schreck nicht anmerken zu lassen und lächelte verstehend.
„Ach, die Alex …! Sprich mit ihr nicht über mich!“
Bei diesen Worten sah er Steffie so an, dass sie fast ihren Daumen in den Mund gesteckt hätte – aber sie war ja nicht alleine.
***
Ina saß an ihrem Schreibtisch im Jugendamt. Ihre Tasche lag auf ihrem Schoß und auch ihre Jacke hatte sie schon an. Sie war auf dem Weg hinaus gewesen, denn für sie war jetzt Feierabend, und dann hatte das Telefon geschellt. Nach längerem Zögern hatte sie sich entschlossen, den Hörer doch noch abzuheben. Es war Herr Kirchhoff. Irgendetwas hatte sich bei Ina an der Einschätzung dieses Lehrers geändert. Offensichtlich besaß er einen sechsten Sinn, was seine Schülerinnen und Schüler betraf. Die Geschichte, die er ihr erzählte, war haarsträubend.
An Herrn Kirchhoffs Schule erzählte eine Dreizehnjährige, sie sei Model und der Vater einer Schülerin aus der Parallelklasse machte mit ihr Fotos und Videos. Nur wusste dieser Vater davon nichts - so sagte er jedenfalls. Sie hatte zwei Freundinnen erzählt, sie würde 50€ für ihre „Arbeit“ bekommen. Das stank zum Himmel! Es handelte sich bei diesem Mädchen um genau die Stephanie Wibert, wegen der sich Ina und Herr Kirchhoff Anfang der Woche noch fast in die Haare gekriegt hatten. Sie hatte seine Sorgen nicht wirklich ernst genommen und gedacht, er höre die Flöhe husten. Sie betrachtete die Notizen, die sie sich während des Telefonats gemacht hatte.
Da läuft doch irgendeine Sauerei
, dachte sie und beschloss, sich am Montag als Erstes darum zu kümmern. Sie stand auf, steckte vorsichtshalber den Zettel ein und verließ ihr Büro sehr nachdenklich.
***
Steffie saß mit Robert in der Küche.
„Bist du fertig?“, fragte er, denn sie hatte gerade den letzten Schluck aus ihrem Colaglas getrunken.
Steffie stellte das Glas ab und sah ihn an.
„Sag mal, du hast doch letzte Woche gesagt, heute könnte ich 100€ verdienen.“
„Jaaa“, schien Lachner sich zu winden. „Aber ich glaube, das ist doch zu schwierig für dich. Lass uns ein paar Fotos machen, und dann ist gut.“
„Wieso zu schwierig?“, ließ sie nicht locker. „Ich bin doch gut, oder nicht?“
„Klar, bist du gut!“, nickte er und fügte fast beiläufig hinzu: „Aber das ist eher was für Profis.“.
„Aber wir sind doch Profis!“, bettelte sie und posierte vor ihm.
Er musste aufpassen, dass sein Grinsen, das er innerlich schon spürte, nicht nach außen drang.
„Wie du willst!“, gab er scheinbar klein bei, nachdem er ihr eine Weile zugeschaut hatte. „Das heißt aber Schwerstarbeit, Kleine, und – keine Zicken!“
***
Es war kurz nach vier, als Ingo Wibert nach Hause kam. Wie üblich rief er, als er die Wohnung betrat: „Jemand zu Hause?“ und wie üblich bekam er keine Antwort. Er hängte seine Jacke auf, nahm das Handy aber vorher noch heraus, griff seinen Koffer und ging schnurstraks in sein Arbeitszimmer. Dort angekommen schaltete er den Computer ein und nahm zwei CDs aus seinem Aktenkoffer. Er setzte sich hin, holte seine Brille aus dem Etui und wendete seine Aufmerksamkeit dem Bildschirm zu, auf dem jetzt - nach der Anmeldung und einigen Mausklicks - eine Tabelle mit unendlich vielen Zahlen erschien.
Das Telefon schellte. Unwillig schaute er es an. Als es nicht freiwillig verstummen wollte, hob er seufzend ab.
„Wibert!“, donnerte er in die Sprechmuschel, um wenig später süffisant hinzuzufügen: „Sie sind es? Jetzt ist Freitagnachmittag – Sie haben Wochenende!“.
Er grinste über das ganze Gesicht. Dann wurde er plötzlich ernst.
„Sie war nicht in der Schule?“
Der Rest des Telefonats gestaltete sich recht einsilbig.
„Das ist Sache meiner Frau. … Ich habe da nicht den Überblick. Wir haben … Weiß ich gar nicht. Warten Sie!“
Er hielt die Sprechmuschel zu und wandte sich Richtung Tür.
„Steffie! – Steffie!!!!“
„Nein, sie ist nicht da. Weiß ich nicht. … Hören Sie, ich arbeite hart! … Machen Sie das mit meiner Frau aus! … Nein, ich kann Montag nicht in die Schule kommen! …. Wie gesagt, meine Frau …“
Dann war eine Weile Schweigen. Herr Wibert hörte
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