Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
Sie schaute sich um, konnte Robert aber noch nicht entdecken. Der Kellner trat zu ihr und fragte: „Bittesehr?“.
„Danke“, erwiderte Steffie. „Ich warte noch auf jemanden. Wir bestellen später.“
Fast hätte das blöde Grinsen, mit dem sich der Kellner wieder vom Tisch entfernte, Steffies Laune getrübt.
***
Sabrina und Trixi fühlten sich unwohl, obwohl sie Herrn Kirchhoff gegenüber saßen, den beide gut leiden konnten, weil er voll in Ordnung war. Aber was wollte er von ihnen? Er hatte sie aus der Sportstunde geholt und schien außer Atem gewesen zu sein. Auf dem Weg vom Schulhof in sein Büro hatte er nichts gesagt. Beide ahnten nicht, dass Rainer Kirchhoff keinen Plan hatte, wie er das Gespräch beginnen konnte. Als er die Mädchen vorhin gesehen hatte, war ihm eingefallen, dass diese beiden die besten Freundinnen von Steffie waren, wenn man überhaupt davon reden konnte, dass Steffie Wibert Freundinnen hatte. Er hatte sie geholt, ein Schälchen mit Keksen auf den Tisch gestellt und saß jetzt den beiden Kindern gegenüber, die ihn abwartend, aber auch unsicher, ansahen.
„Habt ihr nach dieser Stunde noch Unterricht?“, fragte er erstmal unverbindlich.
„Ja“, verzog Trixi das Gesicht. „Mathe! Und das direkt vorm Wochenende!“
„Naja“, lachte Herr Kirchhoff. „Dann fällt es ja vielleicht nicht so sehr schwer.“
Er schaute die beiden Mädchen abwechselnd an. Dann fragte er mit großer Ernsthaftigkeit: „Habt ihr beiden eine Ahnung, wo Steffie heute ist?“.
Wie an Fäden geführt schüttelten beide synchron den Kopf und sahen ihn aus großen Augen an. Er wartete eine Weile, ohne eine weitere Frage zu stellen. Es sollte sich lohnen.
„Heute ist Freitag!“, sagte plötzlich Trixi zu Sabrina, die verstand und nickte.
„Ja, stimmt. Sie muss heute wieder arbeiten!“, gab sie diese Information weiter, als ginge es um das Selbstverständlichste von der Welt.
„Sie muss arbeiten?“, wiederholte Herr Kirchhoff, der wirklich glaubte, nicht richtig verstanden zu haben.
„Ja! Steffie arbeitet doch als Model!“
Rainer Kirchhoff glaubte, ihm würde der Boden unter den Füßen wegrutschen. Er bemühte sich, die Fassung zu bewahren und das innere Zittern, das er spürte, nicht in seiner Stimme durchklingen zu lassen, was ihm verhältnismäßig gut gelang. Trotzdem schienen die beiden Mädchen zu spüren, dass etwas nicht stimmte.
„Als Model“, brachte er heraus, während sich Trixi und Sabrina verwundert anschauten und dann beide in seine Richtung nickten. Schließlich war es wieder Sabrina, die den Mund aufmachte.
„Sie macht Fotos und Videos!“
„Wo arbeitet sie denn?“, fragte er trocken nach.
„Wo, weiß ich nicht. Aber der Vater von der Alex Weingerber ist Profifotograf, und mit dem arbeitet sie!“, erläuterte Trixi bereitwillig und mit großer Ernsthaftigkeit, während Sabrina heftig nickte.
„Seid ihr sicher?“, war die letzte Frage, zu der sich Rainer Kirchhoff in der Lage sah.
„Sicher! Klar doch!“, antwortete Sabrina begeistert. „Sie hat uns die Bilder doch gezeigt!“
***
Robert kam auf sie zu. Sie versuchte, in seinem Gesicht zu erkennen, ob er wütend auf sie war oder nicht. Bei ihrem Vater konnte Steffie das immer sofort sehen. Er winkte ihr mit einer unauffälligen Handbewegung zu und sie winkte – etwas auffälliger – erleichtert zurück. Als er dann schließlich bei ihr angelangt war, lächelte er sie an und nickte anerkennend.
„Du hast dich aber fein gemacht!“
Er gab ihr je einen Kuss auf beide Wangen. Steffie erschauerte. Damit hatte sie nicht gerechnet, und sie spürte, wie sie rot wurde.
Der Kellner stand eine Minute später an ihrem Tisch und fragte wieder sein „Bittesehr?“.
„Wir haben zwar nicht viel Zeit, aber bringen Sie mir bitte einen Capuccino.“
„Und für Ihre Tochter?“
Robert lachte laut auf. „Für meine Tochter eine Cola!“, erwiderte er immer noch lachend.
Steffie wusste nicht, was sie davon halten und ob sie jetzt sauer sein sollte oder nicht. Sie entschloss sich, mit einem säuerlichen Lächeln darüber hinwegzugehen. Aber Roberts Reaktion hatte sie schon geärgert. Sie war seine Freundin, sein Model, aber nicht seine Tochter.
„Ich habe heute nicht so viel Zeit.“, durchbrach Robert Lachner ihre Gedanken. „Anderthalb Stunden“, sagte er, und als die Getränke kamen, bezahlte er sofort.
„Hat Alex dir etwas erzählt?“, traute sich Steffie schließlich ihn zu fragen.
„Alex?“, horchte
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