Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
den jungen Mann mit sich und zwischen den beiden Beamten durch. „Das ist er!“, fügte Lachner hinzu. „Kann ich gehen?“
Gleichzeitig ging er mit dem anderen weiter. Dann drehte er sich um und überquerte mit dem jungen Mann – seine Hand immer noch unter dessen Ellenbogen – die Straße. Hinter ihm winkte Fabian ab.
„Lass ihn. Wir wollen Kleine, und das war er definitiv nicht!“
„Haben die Kleine erwischt?“, fragte Lachner, dem die Schweißperlen auf der Stirn standen. Das war gerade nochmal gut gegangen.
„Nein“, erwiderte der andere. „Aber ihr steckt bis zum Hals in der Scheiße, nicht wahr? Auf jeden Fall haben die ziemlich viel aus der Wohnung rausgeschleppt und warten wohl auf deinen Kumpel, wie’s aussieht.“
An der Kreuzung bogen sie rechts ab. Lachner ließ den Arm des Mannes los. Mit einer Hand im Rücken schob Robert Lachner den jungen Mann vorwärts und gab ihm so zu verstehen, dass er weiter laufen sollte. Lachner überquerte noch einmal die Straße und lief Richtung Forum. Er nahm sein Handy aus der Tasche und drückte auf die Schnellwahl für Stefan Kleine, der sich nach wenigen Sekunden meldete.
***
Im Polizeipräsidium an der Von-Bock-Straße war an diesem Nachmittag die Hölle los. Auf eine Mittagspause hatten alle verzichtet. Gegen fünf hatte man die beiden Beamten, die das Haus bewachten, in dem Kleine wohnte, von ihrem Posten abgezogen. Britta hatte mit ihrem Team die vier Kinder, die von Ina am Sonntag identifiziert werden konnten, ausgemacht und mit den jeweiligen Eltern bzw. Elternteilen zum Verhör einbestellt. Maren war bei Martina Siebert im Krankenhaus gewesen und hatte ihr das Foto von Kleine gezeigt. Zu fünfundneunzig Prozent war sie sich sicher, dass Stefan Kleine der Fahrer des Toyota gewesen war, der ihren Wagen von der Straße gegen einen Baum gerammt hatte. Merkwürdigerweise hatte keines der Kinder Kleine identifizieren können, allerdings waren Fingerabdrücke aus seiner Wohnung identisch mit solchen, die im Toyota und auf der so lange mysteriös erscheinenden CD-Hülle gefunden worden waren. Die ungenaue Personenbeschreibung, die Steffie Wibert geliefert hatte und der sich die anderen Kinder anschlossen, passte überhaupt nicht auf Stefan Kleine, so dass auf der Hand lag, dass es eine weitere Person gab, die mit Stefan Kleine in der Wohnung lebte oder dort zumindest „arbeitete“. Das machte Sinn, denn Steffie hatte immer von einem „Robert“ gesprochen. Auch ein anderes Mädchen, die zwölfjährige Janine, die von ihrem Peiniger sogar geschlagen worden war, sprach von einem „Robert“.
In der Zwischenzeit waren zwei Beamte vom LKA eingetroffen, denen man alle Unterlagen in Kopie ausgehändigt hatte. Auch der Laptop war jetzt im Besitz der beiden LKA-Beamten, ebenso wie der Computer und die Datenträger aus der durchsuchten Wohnung. Die Spuren aus Kleines Wohnung erzählten Geschichten und erbrachten wichtige Beweise. So wurden beispielsweise die Videoaufnahmen mit Steffie im Speicher der Kamera entdeckt, ebenso Fotos in den Digitalkameras und auf dem Rechner. Zu dem Rechner gehörte ein externer Brenner, mit dem offensichtlich CDs und DVDs in recht hoher Auflage produziert wurden. Mit der Untersuchung des Rechners war man noch nicht am Ende, aber man ging davon aus, dass man entweder auf reale oder virtuelle Adressen der „Kunden“ von Kleine stoßen würde. Auf Grund von Jenny Ritters neuer Aussage ging man nun auch davon aus, dass Tobias Ritter mit der Geschichte zu tun hatte, denn es war auffällig, dass er sich unmittelbar nach den Morden an Klettner und Hülst auf die Kanaren abgesetzt und engen Kontakt zu Kleine gehabt hatte. Mehrere erfolglose Anrufe in Spanien hielten Frank eine Weile auf, bis er schließlich doch durchkam und seine spanischen Kollegen um Amtshilfe bitten konnte. Man versprach ihm, seine Anfrage an die Inselbehörden weiter zu leiten und dafür zu sorgen, dass Ritter zumindest einem Verhör unterzogen wurde.
Frau Kemmling rief an und teilte mit, dass sie im Archiv der Personalabteilung eine Akte mit Foto von Stefan Kleine gefunden hatten. Sie war gerne bereit, die Akte der Polizei zur Verfügung zu stellen. Das Foto war von wesentlich besserer Qualität als das von Kleines Nachtschränkchen und auch wesentlich jünger. Also wurde dieses Foto für die Fahdung nach Kleine in die Welt hinaus geschickt.
Frank konnte sich nicht erinnern, seit er in diesem Job steckte jemals einen solchen Tag erlebt zu haben. Ohne
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