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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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nachdenklich. »Nein«, sagte sie nach einer Weile. »Ich kann nicht zurück.«
    Ronan nickte. »Wir werden den Turm morgen erreichen.« Er schaute über die Schulter, als befürchte er, beobachtet zu werden. »Ich kann nur hoffen, dass wir nicht von den Soldaten des Königs, die am Ufer des Sees ein Lager haben, entdeckt werden.«
    Es war mittlerweile zu dunkel, um seinem Gesichtsausdruck zu entnehmen, ob er an dem, was sie sagte, zweifelte oder es bestätigte.
    In der Nacht konnte Sanara nicht schlafen. Bisher hatte der Musikant durch seine Lieder und seine Umarmungen immer erreicht, dass sich die grüne Magie in ihr zur Ruhe legte. Sie war dankbar dafür und hatte seinen Händen die Wanderung über ihren Körper ebenso gestattet wie die Küsse – und sie sogar erwidert.
    Doch heute Nacht war es ihm nicht gelungen, sie den Fürsten der Elben vergessen zu lassen.
    Immer wieder kämpfte sie gegen den Wunsch an, die Bäume zu erklimmen, um die Monde über der Welt zu sehen, den frischen Wind im Gesicht und die Weite des dunklen, sternenübersäten Himmels zu spüren. Jede Brise erschien ihr wie eine Liebkosung von Telarions Fingern.
    Dagegen stand das Bedürfnis, diesem feuchten, grünen undtreibenden Wald zu entkommen und jeden Gedanken daran mit der Wärme eines Erdfeuers zu vertreiben. Der Vater hatte von den Wüsten in Solife erzählt, den endlosen Sanddünen, der trockenen Hitze und den rosigen und gelben Farben, in denen die Felsen erglühten. Vielleicht war es dort möglich, dieses elbische Seelenstück loszuwerden, indem man es ausdörrte und verbrannte. Möglicherweise wurde ihr dann wieder warm.
    Vielleicht hätte sie mit Sinan nach Süden fliehen sollen, statt sich einem Musikanten anzuvertrauen.
    Müde schloss sie die Augen und konzentrierte sich auf ihr Seelenfeuer. Ihr Körper brauchte Ruhe und Wärme. Doch ihre Gedanken wirbelten in ihrem Kopf herum und ließen ihr keine Ruhe.
    Schließlich gab sie auf und kroch vorsichtig erst aus Ronans Armen und dann aus dem Unterschlupf. Vielleicht wurde sie müde, wenn sie noch ein wenig herumlief. Sie wusste, der Wald würde ihr nichts tun. Er würde, wie die letzten Tage auch, erkennen, dass sie Goldene Magie in sich trug.
    Der Fährmann hatte gesagt, die andere Magie sei ein Geschenk, das von Ys käme. Ys, die alle Wesen gleich behandelte. Sie blieb stehen und lehnte die Stirn gegen die raue Rinde des Qentarbaums. Als sie die Hände auf die Borke legte, hatte sie nicht das Gefühl, sie umarme den Fürsten, doch als sei es das Nächstbeste.
    Es war ein kläglicher Ersatz und schürte das Gefühl, sie täte das Falsche, indem sie sich vom Zwilling des Königs immer weiter entfernte. Sie löste sich von dem Stamm, neben dem sich die Farnhütte befand. Doch kaum war sie halb um ihn herumgegangen, hörte sie ein Rascheln. Der Boden bebte beinahe unmerklich in der Stille der Nacht.
    Schritte.
    Sie fuhr herum. War das Ronan? Sie war sicher, dass er geschlafen hatte, als sie den Unterschlupf verließ. Er hatte mit seinem Gesang den ganzen Tag Magie gewirkt, kein Wunder, dass er todmüde und nicht einmal aufgewacht war, als sie versehentlich miteinem Zeh gegen seine eingewickelte pathi gestoßen war. So dauerhaft Magie zu wirken war anstrengend.
    Sie ging über das Moos weiter dicht am Qentarstamm entlang, den zwanzig Mann kaum hätten umfassen können, und versuchte dabei, keinen Laut zu verursachen. Eng drückte sie sich an die feste Rinde.
    Die Schritte kamen näher, und fieberhaft versuchte Sanara zu erkennen, wer oder was dort herankam. Doch das dichte Laub der Königsfarne und der Qentarwipfel schloss das Mondlicht aus. Nur einzelne, blasse Mondstrahlen in Gold oder Silber bahnten sich den Weg durch das Blätterdach.
    Dann breitete sich der Geruch von Torf, stehendem Wasser und zerriebenem Laub aus.
    Elben.
    Die Patrouille, von der Ronan gesprochen und die er befürchtet hatte. Sie versuchte, ihre Angst zu verdrängen.
    »Sei vorsichtig«, wisperte eine Stimme leise.
    Sanara konnte sie kaum verstehen. »Ich spüre mindestens einen Menschen dort irgendwo im Farn. Eine Insel von trockener Wärme.«
    Die Schritte hörten auf. »Aber Nadiro sah heute zwei.«
    »Ich spüre nur einen.«
    Sanara war verwirrt. Wieso spürte dieser Elb nur einen Menschen? Dann fiel es ihr wieder ein. Natürlich: Die Elben nahmen ihre Körperwärme nicht mehr wahr, ähnlich wie der Raqor.
    Mutig geworden beugte sie sich vor und spähte in die Dunkelheit. Jetzt konnte sie zwei Schatten

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