Dunkelmond
anderen Menschen, den ich kenne. Ich frage mich also, ob du mir sagen wirst, wo sich die Feuermagierin versteckt, die zu befreien du geholfen hast.«
Sinan schnaubte mühsam. Immer noch schnürte ihm der Fürst mit seinem Griff gnadenlos die Luft ab. »Selbst wenn ich es wüsste, würde ich nie ein Kind des Akusu Euch und Eurer Kälte ausliefern, Fürst!«
Der Heerführer nickte langsam. Er gab Gomaran ein Zeichen, dann ließ er Sinan los und wandte sich von ihm ab.
Sein Hauptmann, der ein paar Schritte entfernt gestanden hatte, brauchte nur einen Augenblick, um zu Sinan zu gelangen. Doch dieser Augenblick reichte Sinan. Er zerrte mit der Linken den Sickenhammer hervor, holte aus und schlug ihn gegen Gomarans Schläfe. Der Hauptmann ächzte leise und sank bewusstlos zu Boden.
Sinan achtete nicht darauf. Er hastete hinter dem Fürsten her und holte mit seinem daikon aus. Umso überraschter war er, als sein Hieb, der eigentlich auf den Schwertarm des Fürsten gezielt hatte, aufgehalten wurde. Es klirrte, als Metall auf Metall prallte.
Telarion Norandar hatte die Schwerthand hochgerissen und damit Sinans Hieb abgewehrt. Jetzt wirbelte er herum und duckte sich gleichzeitig mit einer geschmeidigen Bewegung unter Sinans nächstem Schlag hindurch. Gleichzeitig ließ er Sinans Klinge an der eigenen entlanggleiten, sodass dieser keine Möglichkeit bekam, die Waffe erneut zu heben und damit auszuholen.
Sinan hatte nur wenig Kampferfahrung, doch er hatte während seiner Lehrzeit im Kloster des Westens lernen müssen, wie dieSchwerter und Waffen, die er schmiedete, gehandhabt wurden. Es gehörte zu seiner Ausbildung, denn die Shisans waren der Meinung, nur ein Schmied, der die Waffe, die er fertigte, zu führen wusste, wusste auch, worauf es bei der Fertigung ankam. Das hatte ihm in den Gassen Guzars und Badothis genützt. Doch sein nächster Angriff machte ihm klar, dass ihm der Heerführer der Elben hoffnungslos überlegen war.
Wieder parierte Telarion Norandar Sinans Schlag, dann holte er aus und ließ einen Hagel von Hieben auf den Schmied los. Jeder Schlag kam aus einer anderen Richtung, schneller, als Sinan mit den Augen folgen konnte, kraftvoller, als er selbst je hoffen konnte, zuzuschlagen. Und doch landete der Heermeister der Elben keinen Treffer.
Aber schließlich machte Sinan einen Fehler. Er versuchte durch einen Hieb mit der Hinterhand, die Deckung Telarion Norandars zu durchbrechen, verkalkulierte sich aber. Die scharfe Klinge des Heermeisters hieb knapp unterhalb der Handwurzel in die Knochen seiner Rechten.
Sinan schrie auf und ließ das daikon fallen, als alle Kraft seine Hand verließ. Er ging in die Knie und unterdrückte die aufsteigende Übelkeit. Blut lief über seinen Arm und tropfte in den hellen Sand. Er rang nach Atem.
Einen Herzschlag später stand der Heerführer über ihm und richtete das daikon auf seine Brust. Das ebenmäßige Gesicht, das vorher bestenfalls unbeteiligt gewirkt hatte, war nun vor Zorn verzerrt.
»Ein Angriff von hinten!«, presste Telarion hervor. »Und noch dazu mit dem daikon , das du mir zu fertigen versprochen hast! Wie tief willst du eigentlich noch sinken, Schmied?«
Der Schmerz in Sinans Hand wurde für einen Augenblick so übermächtig, dass sich die Gesichter der Norad-Zwillinge in ihrem Zorn übereinanderschoben.
Die Hitze … Kniete er hier im Allerheiligsten des Abendtempels? Oder in der Wüste?
Er machte Anstalten, aufzustehen, doch der Heermeister – der König? – ließ es nicht zu. Der Druck der Schwertspitze verstärkte sich, je höher er sich erhob und bohrte sich durch Sinans Lederwams hindurch in seine Brust. Sinan ließ sich wieder auf die Knie fallen. Doch er barg die verletzte Hand, die er kaum noch bewegen konnte, sichtbar an der Brust. Auf keinen Fall sollte ein Elb aus dem Haus Norandar glauben, er sei aus Ehrerbietung in die Knie gegangen.
Er hob den Blick. »Eure Überheblichkeit, Fürst, ist wahrlich größer als alles, was mir bislang im Leben begegnete!«, antwortete er gepresst.
»Mir ist heute wie damals gleich, was du über mich denkst«, stieß Telarion Norandar hervor. »Wo ist die Feuerhexe, mit der du geflohen bist? Ich weiß, dass sie mit dir ging, ich spüre ihr Feuer am Rand meines Geistes!«
Für einen Augenblick überlagerte in Sinan die Überraschung seinen Schmerz und Zorn.
Es ging nicht um ihn! Er hob den Blick und sah in die zornig funkelnden Augen des Fürsten. Für einen Augenblick glaubte er, farangelbe
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