Dunkelmond
ersten großen Schlacht zwischen Menschen und Elben hatten die Kinder des Vanar, die bereits die Gabe des Lebens besaßen, von Syth die Fähigkeit erhalten, den Menschen die Energie zu nehmen. Doch in der zweiten Schlacht hatte Syth den Menschen einen Ausgleich gewährt. Er wusste, dass den Elben die Musik fremd war. Sie schenkte Ruhe, wie die Magie der Erde und die Macht über die Seelen, und Beständigkeit.
Das stetig fließende Wasser, das immerwährende Wirbeln des Windes in den Seelen der Elben kamen zum Stillstand, wenn diese Töne sie erreichten.
Aber Ronan der Flötenspieler hielt nicht inne. Die Verzweiflung und das Leid, die die Flötentöne hervorriefen, breiteten sich weiter und weiter aus. Tränen rannen über seine Wangen, als die Trauer über all den Tod auch seine Seele ergriff.
Doch er spielte weiter und ließ seine Flöte vom ewigen Tod, in dem es keine Hoffnung gab, erzählen.
Triumphgefühl stieg in Iram Landarias auf.
Seine Schwester hatte wie immer recht gehabt. Seit dem Aufbruch des Heers hatten Ireti und er mit ansehen müssen, wie der Zwillingsbruder des Königs tiefer und tiefer in diese Seelenhexe eindrang und ihre Kraft mit seiner eigenen Magie vergiftete. Doch dabei hatte er sich selbst mehr und mehr preisgegeben – ohne sich dessen bewusst zu sein.
Seine Schwester war unruhig geworden, denn nur ein Nachkomme des ersten Menschen, den Akusu geschaffen hatte, vermochte das Siegel zu bergen, davon war sie überzeugt. Nur die Gefangene konnte das Siegel finden, mit dessen Hilfe Syth befreit werden konnte; diese Kraft musste den Elben gehören.
Doch der Heerführer unterwarf sich die Hexe nicht. Stattdessen band er sich an sie, ohne dass Ireti darauf hätte Einfluss nehmen können. Nichts, was sie tat, hatte Telarion Norandar in seinem Hochmut überzeugen können, sich von der Feuermagierin zu trennen. Erst, als sie von sich aus gegangen war, hatte der Zwilling des Königs eingesehen, dass sie ihn betrog.
Es war Irams kluger Schwester gelungen, den irregeleiteten Schwager in die falsche Richtung zu leiten. Jetzt war Iram sicher, dass der Sieg ihm und Ireti gehören würde.
Die Welt war im Ungleichgewicht. Das war sie immer, doch die Kräfte der Harmonie würden die Entwicklung dieser Welt stören, dessen war Iram sich sicher. Sie musste sich kontinuierlich verändern, doch das Urteil darüber, welche Änderungen kommen mussten, um Fortschritt zu erzielen, durfte man keinem der Schöpfergeister überlassen, geschweige denn ihren Geschöpfen.
Elben und Menschen waren zu einseitig motiviert, als dass sie Entscheidungen hätten treffen dürfen. Sowohl die Tochter des Siwanon als auch Telarion Norandar, der so stolz auf die Reinheit seiner Goldenen Magie war, waren die Letzten, denen man dieses Vorrecht hätte gewähren dürfen.
Iram war sicher, dass nur ein Haus die Herrschaft über die Welt antreten durfte: das Haus der Landarias, dessen Oberhaupt er war.
War das Siegel erst in seinem und Iretis Besitz, würden sie herrschen. Doch nur mit der Seelenmagie der Tochter des Siwanon konnten sie das erreichen.
Wie immer hatte seine Schwester schon früh erkannt, dass mit ihr die Gelegenheit gekommen war, den Schwager endlich loszuwerden. Sie hatte Telarion davor gewarnt, sich mit der Feuermagierin einzulassen, und er hatte es in seinem Hochmut dennoch getan – vielleicht sogar gerade deshalb. Dabei hatte er das getan, was ein Heiler nie hätte tun dürfen. Nie hätte er ihr Zugang zu seiner Magie, seiner Seele gestatten dürfen. Ein Shisan wie er konnte mit den Kräften, die er so in sich aufnahm, nicht umgehen.
Irams Blick fiel auf das Gebäude, das vor ihm in einiger Entfernung lag. Ein heftiger Kampf tobte davor, elbische Soldaten beschworen Raqordornen, Wasserwände und Eisstürme. Doch die Rebellen, die sich des Turms schon seit Langem bemächtigt hatten, wehrten sich nach Kräften. Erdwälle und Sandfluten entstanden, erstickten Wellen und Keime. Feuer entstand und regnete auf Irams Soldaten herab.
Wieder fiel einer der Seinen, getroffen vom glutflüssigen Stein, den diese verfluchten Kinder des Akusu auf dem Wehrgang hoch über seinem Kopf verbreiteten.
Aufmerksam betrachtete er die Balkone und Erker, auf denen sich die Rebellen postiert hatten.
Dann hatte er sie entdeckt.
Von einer der oberen Galerien lenkte ein Dunkelmagier Feuerstürme hinab. Keine Bälle, keine glühenden Steine, keine Lava. Einen wahrhaftigen Sturm aus Feuer.
Das war sie.
Iram stürmte vor. Nun, da
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