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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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sie den Zwilling des Königs ausgeschaltet hatten, würde diese Seelenhexe ganz ihm und seiner Schwester gehören.
    Als ihm erneut ein Sturmwind aus Flammen entgegenbrauste, wusste er, sie hatte ihn gesehen. Doch er fürchtete sie nicht. In ihm verbanden sich, wie in allen Landari-Elben, die dunklen Magien mit der Magie des Vanar.
    Er prüfte den Abstand. Sie war hoch über ihm. Es würde schwierig werden, doch nicht unmöglich. Er beschwor eine Hecke aus Raqordornen, die so dicht und hoch war, dass sie sich mit dem Element der Erde, den Steinen und dem Marmor des Turms verband.
    Ein Kampfgefährte Irams, ein Landari, versuchte gerade, mit der schwachen Erdmagie, die er neben der Macht über die Fluten des Sees besaß, das Feuer zu löschen, das den Freund neben ihm ergriffen hatte. Doch es ließ sich selbst mit dem Ufersand nicht löschen. Es schwelte weiter unter den Körnern, und Iram wagte nicht, noch mehr Sand auf den Unglücklichen zu schütten, um ihn nicht zu erdrücken oder zu ersticken.
    Dennoch wurden die qualvollen Schreie des Sterbenden immer leiser und verstummten schließlich. Der Rauch, der aus dem Erdhügel hervorquoll, stieg in Irams Nase und ließ ihn würgen, so stark war der Geruch nach verbranntem Fleisch.
    Es waren jetzt nur noch halb so viele in seiner Truppe wie zuvor, die anderen lagen bereits tot oder sterbend auf der schmalen Landzunge, die zum Haupttor des Turms führte. Immer noch schleuderte die Feuermagierin, unterstützt von ein paar Rebellen, unlöschbare Flammen den Angreifern entgegen, immer noch versuchten die Erdmagier im Turm, die Wasserwände, die die Soldaten des Königs beschworen, einzudämmen.
    Dann stutzte er. Der Schlachtenlärm war verebbt. Niemand war mehr zu sehen, durch die durchbrochenen Marmorbalustraden war nicht die kleinste Bewegung zu erahnen.
    Iram lauschte. Die Gewitterwolken, die schon vor dem Angriff beide Sonnen verdeckt hatten, sodass die Elben nicht im Schein der Roten Sonne hatten angreifen müssen, überzogen nun den gesamten Himmel. Nur im Nordosten war noch ein heller Schimmer über dem Horizont zu sehen. Im Südwesten bildeten die Wolken bereits Schlieren und deuteten den Wolkenbruch an, der ihnen bevorstand.
    Iram nickte grimmig. Bis dahin mussten sie durchhalten.
    Doch statt der erlösenden Tropfen, die in den Ohren des Halbelben wie das Gemurmel eines Poeten geklungen hätten, der die Macht der Worte besaß, erklang ein anderes Geräusch.
    Dort war er!
    Das war der Ziehbruder Tarinds. Zorn wallte lodernd gelb in Sanara auf und erstickte jedes andere Gefühl.
    Sein Blick ist kalt und wirkt leblos, ohne Gefühl, als er über die Anwesenden schweift. Sanara kann es kaum glauben, als sie erkennt, dass seine dunkelblauen Augen runde Pupillen haben wie ihre eigenen. Das ist kein Elb. Da steht ein Mensch neben dem Prinzen. Aber wie kann ein Mensch blaue Augen haben?
    Der Mann, der ihren Vater festgehalten und im Namen Tarinds verschleppt hatte. Der Mann, der sie damals, bei der Weihe ihres Bruders, fast noch mehr erschreckt hatte als dieser selbst.
    Sie schrie auf und richtete den Feuersturm, der in ihr tobte, auf ihn und seinen Kampfgefährten, der nun die Wasser des Sees beschwor, um seinen Herrn und sich selbst zu schützen. Die Wellen schlugen hoch und leckten bereits am steinernen Geländer der Galerie, als Sanara die Flammen herabfahren ließ.
    Nur langsam wurde sie gewahr, dass jemand versuchte, sie zurückzuziehen.
    Es war Harumad. »Sanara, du musst …«
    »Nein!«, wehrte sie sich und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. »Lass mich! Er tötete …«
    Im nächsten Moment fuhr sie zurück.
    Eine langsame Melodie erreichte ihr Ohr und erstickte den flammenden Zorn in ihr.
    Sie fuhr zu Harumad herum, doch sie brachte die Frage, was das zu bedeuten habe, nicht über die Lippen. Es war, als rissen die Töne sie ihr von der Zunge, als nähmen sie ihr sogar die Luft zum Atmen.
    Ihre Knie gaben nach, als die traurige Melodie weiter auf sieherabtropfte. Eine Note nach der anderen drang in sie und tat das, was sie seit Zehntagen gehofft und gefürchtet hatte; es war wie eine Hand, die tief in ihr Inneres griff und die grüne Magie dort packte, wo sie verwurzelt war.
    Es schmerzte, und unwillkürlich hob sie die Hände, als wolle sie die grausamen Finger aus Musik, die sich so tief in sie hineingruben, abwehren. Doch sie bekam sie nicht zu fassen.
    Die unerwarteten Töne tropften langsam auf Sanaras Geist wie das Blut eines Hingerichteten und

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