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Dunkelmond

Dunkelmond

Titel: Dunkelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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gehabt.
    Doch eingedenk ihres Versprechens an Anjoris schluckte sie die Bitterkeit, als sie mit halbem Ohr hörte, wie einer der Soldaten zwei der Hühner zum Entsetzen des Bauers tötete, um die vermeintlich tödliche Magie der dunklen Tiere auszuschließen.
    Als sie die Mittelstadt betrat, wurde es stiller. Sie traf auf zwei Patrouillen der Palastwache, doch keine davon hielt sie auf, sie konnte sich rechtzeitig in dunkle Nischen zwischen den Gebäuden flüchten. Sie hatte keine Angst, dass man sie als die Feuermagierin erkennen würde, die nachmittags einen Soldaten und seinen Hauptmann besiegt und einen Trupp Wachen dem Pöbel ausgeliefert hatte. Doch sie kannte die Elben. Sie verlangten von Frauen, auch Menschenfrauen, die sie nachts antrafen, Tribut dafür, nicht festgenommen zu werden. Sanara hatte nach ihrer Flucht aus dem Tempel des Westens in den Gassen des Hafenviertels von Guzarat gelebt und dort gelernt, wie man sich als halbwüchsiges Mädchen gegen Angreifer wehrte. Sie hatte keine Skrupel und mehr Kraft in den Armen, als man ihr ansah. Doch nicht heute Abend.
    Anjoris und Ondra hatten recht. Sie durfte die Elben nicht reizen und sich und die anderen in Gefahr bringen. Nicht zweimal an einem Tag , dachte sie. Sie brauchte Verbündete. Sie musste mit Baradhin sprechen.
    Doch nachdem sie die Gasse der Weber durchquert hatte, wurde es still. Sie traf auf keine Patrouille mehr, keine Wache – seit der Unterstadt hatte sie keine Soldaten des Königs mehr gesehen. Sie hatte sie in den stillen Sträßchen nicht einmal gerochen oder ihre Kälte gespürt.
    Es war die dunkelste Stunde der Nacht, und so war es eigentlich natürlich, dass sich in den Häusern nur wenig rührte und dass auch die Wachen in diesem ruhigen Viertel seltener waren. Und doch blieb Sanara in der Gasse der Töpfer plötzlich stehen. Dort vorne lag die Kreuzung, von der die Straße, in der sich Lurys Taverne befand, abzweigte. Die Schänke war nicht die einzige in diesem Viertel, und so gab es des Nachts immer wieder Betrunkene oder Späteinkehrer.
    Doch nicht heute. Alles war so dunkel, als würde hier niemand mehr leben. Als seien sämtliche Häuser verlassen. Selbst der silbrige Schein der Ys hatte einen Hof, als habe der Schöpfergeist des Friedens einen Schleier vor sein Antlitz gezogen.
    Sanara fröstelte. Dann wehte ihr ein kalter, feuchter Geruch in die Nase, als befände sie sich in einem kühlen, regennassen Wald.
    Elben.
    Sie huschte in den Schatten eines nahen Hauses und wartete ein paar Augenblicke. Doch es blieb ruhig.
    Dann beschleunigte sie ihren Schritt. Dort hinten hätte das Haus sein müssen, das Lury gehörte und in dem die Taverne untergebracht war. Ein kleineres Haus zwischen all den größeren. Es besaß eine Dachterrasse mit einer schön gearbeiteten Balustrade. Auch die Fenster bestanden aus gemauertem Maßwerk.
    Doch im Mauerwerk der dicht beieinanderstehenden Häuser war nun dort, wo Lurys und Ondras Taverne gewesen war, ein dunkler Fleck.
    Der Geruch wild wuchernden Regenwaldes wurde stärker. Entsetzen griff nach Sanara. Elben, die über Wasser- und Pflanzenmagie verfügten, rochen so. Und doch rührte sich nichts. Niemand war hier.
    Nur der dunkle Fleck, der einmal ein Haus gewesen war, raschelte und knackte leise.
    Sanara wusste nicht, wie lange der Augenblick dauerte, in dem sie nur dastand und den scharf begrenzten Flecken wuchernden Waldes betrachtete.
    Irgendwann jedenfalls loderte der Zorn, der seit dem Nachmittag wie die schwelende Glut in einem Schwarzsteinbecken gewesen war, lichterloh in ihr auf.
    Sie rannte los.

Kapitel 3
    »Doch Syth, der die Stagnation hasste, schenkte auch böse Gaben. So gab er sowohl Menschen als auch Elben den Neid. Jedes der Völker begehrte in der Folge des anderen Gaben und wollte sie selbst besitzen, und so kam immer wieder Streit auf, der Syth wohl gefiel. Besonders die Menschen mit ihren starken Leidenschaften, dem Zorn und dem Feuer und der erdhaften Beharrlichkeit, die ihren Gefühlen innewohnten, neideten den Elben die Gaben, die sie von Vanar erhalten hatten und führten immer wieder Krieg gegen sein Volk.«
    Von den Kriegen der Elben und Menschen
    Vierte Rolle der Schriften des Klosters der Weisen Zwölf
    D ort, wo noch vor wenigen Tagen die Taverne gewesen war, hatte sich jetzt ein Flecken Dschungel breitgemacht. Wild wuchernde Pflanzen hatten sich des Gebäudes bemächtigt. Ranken, Äste und Stämme durchbohrten das Mauerwerk, Wurzeln waren tief in die Ritzen

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