Dunkelmond
er den Dolch, den Sinan ihm gegeben hatte, langsam auf den Amboss. Githalad riss die Augen auf, als er die Waffe sah. Trotz des Halbdunkels, das in der Schmiede herrschte, funkelte und schimmerte der Dolch.
»Ich dachte, ich hätte schon vieles gesehen«, sagte Githalad leise. »Aber so etwas noch nicht.«
Sinan nickte kurz. »Ich habe es auch noch nie gemacht. Es wäre mir ohne Mojisolas Hilfe sicherlich nicht gelungen.«
»Du bist sehr bescheiden, Sinan aus Kharisar«, sagte Githalad bedeutsam. Er hielt den Dolch, den Mojisola ihm gegeben hatte, unauffällig gegen das Licht der Weißen Sonne und ergötzte sich an dem Funkeln des Blattes. Es wurde deutlich, dass er von solchen Waffen gehört hatte, aber noch nie selbst eine in der Hand gehabt hatte.
Es war ein qasarag , ein Zeremoniendolch, den Sinan am letzten Zehntag hergestellt hatte. Ein qasarag wurde fast vollständig aus Edelsteinen und nicht aus Metall gefertigt. Meist hatte die Klinge dieser Art von Dolch eine ungewöhnliche Form, entweder kurz und breit oder schmal und dünn, manchmal auch gewunden, sodass eine solche Waffe bei geschickter Handhabung wohl schwer verletzen oder sogar töten konnte. Doch das war nichtsein Zweck. Ein qasarag war dazu da, die Seelenmagie, die innere Kraft eines Menschen oder Elben, zu vergiften und sie zu verändern oder gar absterben zu lassen. Die umfassende Beherrschung der Gaben der Erde und der Magien der Schöpfergeister war Voraussetzung, um einen qasarag herzustellen.
Sinan wusste um die Gesänge und Beschwörungen, die die Fertigung eines qasarags begleiten mussten, doch er hatte während seiner Zeit im Kloster des Abends nur wenig Interesse an der Herstellung einer solchen Waffe gezeigt. Ein glänzendes Schwert und der Ruhm, den man damit erringen konnte, hatten ihn immer mehr fasziniert als das feine Schleifen von Kristallen und Steinen, die man in der Erde finden konnte.
Und doch konnte man an Githalads Miene die besondere Schönheit dieses qasarags bewundern. Das Heft des Exemplars war, wie auch die Klinge selbst, aus Kristallsand hergestellt, den man zu Glas gebrannt hatte. Sinan hatte bei der Auswahl des Sandes darauf geachtet, dass das Glas des Hefts die Farben von Amethystopal annahm. Nun schillerte es in allen Farbschattierungen von Violett bis Lila. Es war zudem mit winzigen Reliefs übersät, die er in das Glas eingraviert hatte, und die der Hand, die es hielt, festen Halt geben sollten. Wie bei vielen Waffen erzählte auch diese von einer Schlacht aus der Zeit der großen Kriege zwischen Elben und Menschen, von einer der beiden Schlachten, die die Kinder des Akusu gewonnen hatten. Das Intaglio war stellenweise mit hauchfeinem Kupferblech ausgekleidet, um die Bilder deutlicher hervortreten zu lassen. Das Stichblatt selbst war aus einem seltenen schwarzen Stein, den man nur in den südlichen Loranonbergen fand. Er war mit gold- und kupferfarbenen Adern durchzogen, weshalb man ihn auch Nachtfeuer nannte, weil er an die nächtlichen Feuer des Akusu erinnerte.
Githalad wagte kaum, die feine Arbeit zu berühren, damit sie nicht zu Staub zerfiele.
Doch das Kunstvollste an diesem qasarag war die Klinge selbst.Aus zu Glas geschmolzenem Sand gefertigt, besaß sie die gewundene Form einer Flamme und lief spitz zu. Ein Teil des violett gefärbten Hefts ragte in das Blatt des Dolches hinein, um dem Kristall auf diese Weise zusätzliche magische Kraft zu verleihen und die zweischneidige Klinge besser zu verankern.
Es war keine Waffe, mit der man rohe Gewalt ausüben konnte; die Klinge erweckte sogar den Eindruck, sie wäre gebrochen, sobald man sie mit zu großer Kraft in einen Körper gestoßen hätte. Wahrscheinlich zersplitterte sie, wenn sie auf Knochen traf.
Doch sie band die Kräfte des Syth und des Akusu in sich und wirkte bei richtiger Anwendung zerstörerisch für die goldene Magie des Vanar.
»Violettes Glas wie Amethystopal und Kupfer für das Chaos und die Vielfalt des Syth, Nachtfeuer für den Akusu, dem Feuer und Erde untertan sind und der uns Menschen erschuf. Der Bergkristall, den der erste Mensch zu bearbeiten lernte, um den Akusu zu ehren. – Deshalb batest du mich, Geschirr, Gläser und Ähnliches aus der Küche des Königs zu stehlen«, sagte er schmunzelnd. »Besonders bei dem Weinbecher aus Nachtfeuer habe ich mich gefragt, was das soll. Es ist kein Stein, von dem man vermuten würde, der Schmied, der das neue daikon des Heermeisters fertigt, könnte ihn brauchen.«
Als Sinan zu
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