Dunkle Begierde 2
ihren Sohn Thomas. Der
besuchte seit drei Monaten regelmäßig den Priester Andreas König, der eine Art
Spielhort betrieb, um Kindern nachmittags das Wort Gottes zu vermittelt. Thomas
war inzwischen zehn Jahre alt, und den Abend des 18.09.1976 hatte er bereits
tief in seiner Erinnerung vergraben und verdrängt. Er lebte in der Illusion,
dass es eines Tages seiner Mutter und ihn besser gehen würde, denn inzwischen
war er in einem Alter, in dem er die Gewaltausbrüche seines Vaters spürbar
mitbekam und miterlebte. Er hasste seinen Vater dafür und hatte ihm schon mehr
als einmal den Tod gewünscht.
Er konnte nicht verstehen, wie ein Mann so grausam sein konnte, welche
Befriedigung er darin finden konnte, eine Frau und ein Kind zu verprügeln.
Sehr
bald wirst du wissen, welche Befriedigung dies dir verschafft. Und welche Macht
du fühlen wirst, Thomas. Nur Geduld, deine Zeit wird kommen.
Thomas
versuchte, in der Bibel und der Kirche Antworten für seine Fragen zu finden. Er
hoffte, wenn er ein frommer Christ werden würde, würde sein Vater eines Tages
aufhören ihn und seine Mutter zu verprügeln.
Er
hoffte, wenn er in der Schule erfolgreich sein würde, dann bekäme er irgendwann
einen guten Job und kann mit der Mami irgendwo weit weg von Felix in Sicherheit
und Frieden leben. Der Wunsch nach Sicherheit wurde für Thomas zur Obsession.
In diesem Wunsch blühten seine Zielstrebigkeit und seine Lernbereitschaft auf.
Dieser Wunsch brachte ihn zu außerordentlichen Leistungen in der Schule, sodass
er im Sommer die fünfte Klasse überspringen und in die sechste Klasse des
Gymnasiums in Bad Schwartau eingestuft werden sollte. Und auch dort sollte er,
trotz seiner 10 Jahre, schnell zum Klassenprimus werden. Nur echte Freunde
würde er auch weiterhin nicht haben.
Aber wer
brauchte Freunde; Freunde hielten vom Lernen ab. Freunde hielten von seinem
Ziel, seinem Ziel nach Sicherheit, ab.
Trotz
seiner gerade einmal 10 Jahre war er gezwungen, wie ein Erwachsener zu denken
und zu handeln, um seine Mutter und sich aus den Klauen dieser Bestie zu
befreien und in Sicherheit zu bringen. Nur bei Andreas, dem Priester, konnte er
noch Kind sein. Ihn mochte Thomas sehr gern, da Andreas ihn wie einen Jungen
behandelte, den man einfach gern haben muss. Er war einfühlsam, witzig und sehr
gebildet. Thomas hatte den Eindruck, dass Andreas auf alles eine Antwort hatte.
Daher verwunderte es nicht, dass er sich auf den Donnerstag stets freute, den
Tag, an dem er in den christlichen Hort ging, der von Andreas und seiner Frau
geleitet wurde.
Zwei
Monate später wurde auch der Dienstag als Termin mit aufgenommen. Dort fühlte
er sich so wohl, dass er sich heimlich wünschte, Andreas wäre sein Vater, denn
Andreas würde ihn sicher beschützen, statt zu schlagen.
Andreas
bemerkte natürlich die blauen Flecken an Thomas Körper, sprach ihn
diesbezüglich allerdings nur einmal an. Als Thomas ihm recht unsicher
antwortete, dass er gefallen sei, und dann auch noch anfing zu weinen, wollte
er nicht weiter nachbohren, lächelte ihn an und sagte: „Das kann jedem
passieren. Ich werde dir jetzt ein ganz großes Eis machen.“
Was
Thomas in diesem Augenblick nicht auffiel, war, dass Andreas Gesichtsausdruck
dabei gar keine bemitleidende oder besorgte Mine zeigte, sondern eine Mine, der
es sehr gelegen kam, dass Thomas blaue Flecken hatte. Andreas ging davon aus,
dass Thomas Opfer der Wutausbrüche seines Vaters war, und damit genau die
richtige Person für ihn und das, was er schon lange einmal ausprobieren wollte.
Diese Gedanken besuchten ihn abends regelmäßig, und das bereits, seit er den
Hort gegründet hatte. Es ist nicht einmal auszuschließen, dass dieses Verlangen
mit ein Grund für die Gründung der Einrichtung gewesen sein könnte. Mit jeder
noch so zufälligen Berührung durch eines der Kinder wurden diese Gedanken
stärker und mächtiger, und wenn Thomas in seiner Nähe war, waren sie besonders
dominant.
Thomas
war genau die richtige Person für sein erstes Mal, denn jetzt, wo er sich
sicher war, dass Thomas regelmäßig verprügelt wurde und dies für sich behielt,
schien er ihm auch zuverlässig und belastbar.
Das
sollte ein Spaß werden. Endlich sollte er nicht mehr nur davon träumen, sondern
es auch erleben.
Es gab zu
der Zeit noch kein Internet, in dem er anonym zu seinem Vergnügen hätte kommen
können. Er kannte niemanden, den er hätte bitten können, ihm Material zu geben.
Aber jetzt hatte er Thomas. Und Thomas
Weitere Kostenlose Bücher