Dunkle Beruehrung
maskenhaft ruhig. »Dass Sie meinen, ich hätte Angst vor Ihnen, oder dass Sie meinen, ich würde Sie begehren.«
»Ich meine nicht – ich
weiß
.« Er küsste sie auf die Stirn, ehe sie ihm auszuweichen vermochte. »Sie können dem Schicksal nicht befehlen, Jezebel.«
»So heiße ich nicht«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
»Jessa auch nicht.« Er ließ sie los und ging davon.
Matthias trainierte den restlichen Abend mit den Steinen, bis seine Muskeln schmerzten und er klatschnass geschwitzt war. Dann badete er, schlief eine Stunde in seinem Zimmer und ging in die Kommunikationszentrale. Dort las er seine Mails und stellte fest, dass eine von einem Handy mit ihm unbekannter Nummer kam.
Von: D.
An: Rainman
Betreff: Umzug
Hi, ist’s Leben fein easy? Hier weniger. Mir geht’s gut, aber meine Wohnung hat gebrannt, und ich suche eine neue Bleibe. Die restlichen Möbel hab ich noch, aber ich könnte Hilfe beim Umzug brauchen, um keinen Lkw leihen zu müssen. Bis Mittag bin ich bei Tag. Grüße an die Damen.
Bis später, D
»D« stand für Drew Riordan, und die Anfangsbuchstaben der Worte seines ersten Satzes ergaben »Hilfe«. Nur Rowan konnte die Bedeutung der übrigen Botschaft interpretieren, doch Matthias ahnte, dass die Lage ernst war. Drew würde nur aus einem Grund eine verschlüsselte Botschaft schicken: weil er bei GenHance aufgeflogen und gezwungen gewesen war, zu verschwinden, um nicht gefasst zu werden.
Matthias ging Rowan wecken, die schläfrig blinzelte, bis er ihr von Drews Botschaft berichtete. Sie setzte sich auf und las die ausgedruckte Mail.
»Sie haben ihn nicht auf frischer Tat ertappt, aber herausgefunden, was er getan hat«, dechiffrierte Rowan die Botschaft. »Er hat vor seinem Abgang alle Dateien kopiert und alle Computer seiner Abteilung zerstört.«
»Sein Verschwinden wird bestätigen, dass er unser Informant war.«
»Genau wie der Kram, den sie finden, wenn sie sein Büro durchsuchen.« Sie warf die Decke beiseite und sprang aus dem Bett. »Er braucht eine Mitfahrgelegenheit und wartet bis Mittag im Price Park. Wenn wir bis dahin nicht auftauchen, stiehlt er einen Wagen und taucht unter.«
Matthias griff sie am Arm, als sie zum Schrank ging. »Du kannst Drew nicht allein abholen.«
»Und du kannst das Prinzesschen nicht allein lassen. Die Notausgänge am Ende der Tunnel hat sie bereits bemerkt. Was glaubst du, wie lange sie braucht, um herauszufinden, dass sie sich über die Deckenlichter öffnen lassen?«
»GenHance sucht sicher schon nach Drew«, gab er zurück. »Ich besorge dir einen der anderen als Begleiter.«
»Die sind viel zu weit weg, um es bis zwölf nach Atlanta zu schaffen.« Sie seufzte. »Matt, wir wussten, dass so was passieren kann, und jetzt ist es passiert. Ich komme schon damit klar.« Sie blickte zur Tür. »Gehst du nun bitte, damit ich mich umziehen kann?«
»Komm in die Bibliothek, ehe du aufbrichst«, sagte er.
Wenige Minuten später erschien Rowan in Ledermontur. Sie trug einen zweiten Helm und einen Hartschalenkoffer, der sich hinten an ihrem Motorrad befestigen ließ.
Matthias gab ihr einen Briefumschlag mit Bargeld, ein Wegwerfhandy und zwei in Futteralen steckende Messer.
»Ich mag keine Waffen«, erinnerte sie ihn, befestigte die Futterale aber dennoch links und rechts am Gürtel.
»Drew auch nicht. Hier sein Foto.« Er gab ihr das Bild, das Drew ihm bei ihrer ersten Begegnung überreicht hatte.
»Wow.« Sie musterte die Aufnahme. »Der hat ja wirklich rotes Haar. Und sieht nicht mal dämlich aus.« Sie blickte Matthias an. »Er hat mir sich mal am Telefon beschrieben.«
»Ich schick ihm ein Foto von dir, damit auch er dich erkennt«, sagte er. »Und du bist vorsichtig und kommst schnellstmöglich zurück.«
»Nein, ich bin leichtsinnig und kehr auf dem Rückweg irgendwo zum Essen ein.« Sie grinste. »Keine Sorge, Chef – ich wüsste niemanden, von dem ich mir lieber Deckung geben ließe als von Drew.« Sie verzog den Mund. »Außer von dir natürlich.«
Matthias umarmte sie kurz und ließ sie wieder los.
»Bis bald«, versprach sie und schlüpfte hinaus.
Er ging zum Kamin, um die Blanko-Dokumente zu holen, die er für Drews neue Identität brauchte. Dabei bemerkte er die Fingerabdrücke an den Rändern der unechten Ziegel: Jessa hatte sein Versteck entdeckt und es vergebens öffnen wollen. Ihr Angebot, die Geschichten über die dark Kyn zu übersetzen, war nur ein Vorwand gewesen.
Er verließ die Bibliothek, nahm den
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