Dunkle Beruehrung
Tipps gibt?«
Ihr Geruch wirkte noch immer in seiner Brust und seinem Kopf nach wie ein stummer Wasserfall. »Ich weiß es.«
Rowans Stimme änderte sich. »Dann solltest du sie dir schnellstens schnappen.«
2
Jonah Genaro rollte sich von seiner schmächtigen, schweißfeuchten Geliebten, verließ das Bett, in dem sie eine Stunde miteinander verbracht hatten, und zog seine Hose an.
Lorraine stützte den Kopf auf den Arm und sah ihm dabei zu, wie er ein frisches schwarzes Hemd aus dem Vorrat im Schrank nahm. »Ich dachte, du bleibst ein Weilchen.« Bedauern schwang in ihrer Stimme mit.
»Ich habe noch einen Termin.« Er nahm Brieftasche und Armbanduhr von ihrem Schminktisch. Vor zwanzig Jahren hätte er eine Handvoll Geldscheine dagelassen, aber inzwischen bevorzugte er aufladbare Kreditkarten. »In den nächsten Wochen habe ich viel zu tun. Bis Ende November habe ich daher keine Zeit mehr für dich.«
»Du darfst noch nicht gehen.« Lorraine stieg aus dem Bett, schlüpfte in einen gelben Morgenmantel aus Seide und schüttelte ihre Mähne. Auf Genaros Bitte hin blondierte sie sie nicht mehr, sondern tönte sie, seit ihr dunkles Haar zum Vorschein kam, entsprechend ihrer natürlichen Farbe. »Es gibt etwas, worüber wir reden müssen.«
Genaro band seine Krawatte. »Ich ruf dich nächste Woche an – dann reden wir.«
»So lange kann das nicht warten.« Sie trat vor ihn hin und rang die Hände wie ein Schulmädchen in Gewissensnöten. »Jonah, ich war beim Arzt. Er hat ein paar Tests gemacht, und … wir bekommen ein Kind.«
Genaro erstarrte kurz. Dann schob er den Schlipsknoten mit einem Ruck über den obersten Hemdknopf. »Du bist also schwanger?«
»Erst hab ich es nicht gemerkt.« Sie stieß ein nettes, hilfloses Lachen aus. »Ich überspringe dauernd meine Regel, und außerdem nehme ich die Pille – darum kam mir das gar nicht in den Sinn. Ich hab immer brav verhütet, aber der Arzt meinte, in seltenen Fällen versagt die Pille eben.«
Das Schulmädchenhafte ihres Geständnisses verringerte Genaros Erleichterung nicht. Lorraine war begeistert und mitunter sogar unterhaltsam, doch seine Lust auf sie hatte nachgelassen. Dieser Erpressungsversuch würde ihm erlauben, sie ohne die üblichen Tränen und Schuldzuweisungen und ohne Abfindung loszuwerden. »Abtreiben willst du nicht, nehme ich an?«
»Das könnte ich nie, Jonah. Ich bin katholisch, das weißt du doch.« Sie streichelte seinen Arm. »Außerdem liebe ich dich. Das ist unser
Kind
.«
»Wenn du wirklich schwanger bist«, er drückte ihre Hand weg, »bin ich nicht der Vater.«
»Natürlich bist du das.« Ihre eben noch hoffnungsfrohe und flehentliche Miene verhärtete sich. »Ich war mit keinem anderen zusammen.«
Genaro nahm das Jackett. Sollte er sie zur Untersuchung ins Labor bringen? Falls ein anderer sie geschwängert hatte, mochte ihr Fötus sich noch als nützlich erweisen. Doch Lorraine hatte ein aktives gesellschaftliches Leben, und ihr Vater war in Atlanta ein bekannter Anwalt, der seine einzige Tochter abgöttisch liebte. Sie würde vermisst werden.
»Also?«, wollte sie wissen.
»Meine Liebe, du hast dich verrechnet. Dein Baby – sofern es existiert – ist nicht von mir.« Er zupfte die Ärmel zurecht. »Ich bin unfruchtbar.«
»Du bist –« Sie verstummte, starrte ihn an und begann dann zu toben. »Was redest du da? Du hast mir nie gesagt, dass du keine Kinder zeugen kannst.«
»Du hast nie danach gefragt.« Genaro kam zu ihr. »Unser Verhältnis ist zu Ende. Du hast bis Ende des Monats Zeit, deine Sachen zu packen und auszuziehen.« Als sie etwas sagen wollte, schlug er sie mit dem Handrücken zu Boden, ohne ihr sichtbare Schäden zuzufügen, beugte sich über sie, griff sie am Kinn und drehte ihren Kopf zu sich hoch. »Und wenn du wieder jemanden erpressen willst, mach dich vorher schlau.«
Er ließ Lorraine am Boden zurück und ging.
Genaro wies den Chauffeur an, ihn ins Stadtzentrum zu bringen, zog sein Handy aus der Tasche und rief seinen Sicherheitschef an. »Räumen Sie ab, was noch auf Miss Lamars Konto ist.«
»Ja, Mr Genaro.« Delaporte, der seit dreißig Jahren für ihn arbeitete und viele solche Anrufe entgegengenommen hatte, fragte nicht nach Gründen. »Die Sendung aus Übersee ist vor zehn Minuten eingetroffen.«
Sie war arg teuer gewesen und hatte weit mehr gekostet, als Genaro ursprünglich hatte investieren wollen. Doch er hatte der Seltenheit und Hochwertigkeit des Produkts nicht widerstehen können.
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