Dunkle Beruehrung
Nachrichten nicht lesen können, die sie übers Handy bekommen und verschickt hatte, doch sie hatten sie beunruhigt und seine süßen Träume zerstört. Als er die Veränderung ihres Gesichtsausdrucks bemerkte, wäre er am liebsten vom Baum gesprungen und hätte ihr Mobiltelefon in den Springbrunnen geworfen.
Auch wenn er noch so gern zu ihr hätte gehen wollen: Matthias wusste, dass Rowan es »töricht« und Drew es »kontraproduktiv« nennen würde, wenn er sich ihr jetzt zeigte. Sie zu früh zu entführen, würde endlose Stunden der Beschattung und Monate sorgfältiger Ermittlungen gefährden – und obwohl ihm all das klar war, hätte die Versuchung ihn fast überwältigt.
Er kletterte runter und ließ sich auf der Bank nieder, auf der sie gesessen hatte. Das Holz hatte ihre Körperwärme gespeichert, und in der Luft lag noch eine schwache Spur ihres Geruchs. Er ließ beides auf sich wirken, während er telefonierte.
»Das Signal ist stark, aber sie scheint misstrauisch zu sein«, berichtete Drew ihm. »Sie fährt, als wollte sie einen Verfolger abschütteln.«
»Unseren Verfolger kann sie nicht loswerden.« Der GPS -Sender, den Matthias an ihrem Wagen befestigt hatte, würde zwei Wochen lang senden, ehe die Batterien leer waren. »Warum kommt sie hierher, in diesen Price Park?«
»Vielleicht meditiert sie gern. Einen Moment.« Drews Tastatur klimperte. »Es handelt sich um einen öffentlichen Park, der vor fünf Jahren errichtet wurde. Eigentlich nichts Besonderes, wenn man vom Grundstück und dessen Gestaltung absieht. Beides wurde von einer Privatperson bezahlt und der Stadt gestiftet.«
Matthias dachte an die Trauer in ihrem Gesicht. »Die Stifterin war sie.«
»Außer Genehmigungen des Komitees zur Stadtverschönerung finde ich hier weiter nichts«, fuhr Drew fort. »Wenn man bedenkt, wie teuer Innenstadtgrundstücke in bester Lage vor fünf Jahren waren, bezweifle ich, dass das Areal ihr gehört hat. Sie hätte es an einen Bauunternehmer verkaufen und so Millionen verdienen können.«
»Nicht diese Frau.« Er warf einen Blick auf das bescheidene Schild mit dem Namen des Parks. »Schau doch mal, ob du etwas über diesen Price herausfindest.«
»Klar. Schließlich habe ich die nächsten zehn Jahre nichts zu tun. Warum soll ich nicht auch noch Smith und Jones recherchieren, da ich gerade dabei bin?«
»Da war noch ein Name: Allen.« Matthias sah zum Himmel. Der Mond war am sternenübersäten Firmament aufgegangen und blickte durch einen Schleier dunkler Wolken. »Mein Empfänger ist im Wagen. Wo ist ihr Auto jetzt?«
»Dem Sender zufolge steht es in einem netten Viertel, fünf Komma drei Kilometer von deinem Auto entfernt.« Drew gab ihm die Adresse durch. »Laut Stadtplan ist das eine exklusive Eigentumswohnanlage. Du musst ihr Apartment aufspüren.«
Fünf Kilometer – da kann sie den Park zu Fuß erreichen, überlegte Matthias. »Das schaff ich schon. Du behältst ihren Wagen im Auge und gibst mir Bescheid, falls sie wieder losfährt.«
»Rowan hat angerufen«, berichtete Drew. »Sie bereitet alles vor, macht sich aber Sorgen um dich.«
Rowan machte sich ständig Sorgen um ihn. Das fand Matthias mal belustigend, mal befremdlich. Seine Mutter war im Kindbett gestorben, als er noch klein gewesen war, seine älteren Schwestern aber schon geheiratet hatten und zu ihren Männern gezogen waren. Darum war er so viel Anteilnahme nicht gewohnt.
Matthias verließ den Park und fuhr zu der Adresse, die Drew ihm genannt hatte, einem großen Gebäudekomplex, bei dem es sich den Schildern zufolge um die Eigentumswohnanlage Falcon’s Ridge handelte. Ein bewaffneter Wächter, der vor der Toreinfahrt in einem Wachhäuschen saß, hinderte ihn, das Gelände zu betreten. Matthias versuchte nicht, ihn zu überreden, passieren zu dürfen, sondern kundschaftete die Umfriedung des Grundstücks aus, stellte seinen Wagen unter Bäumen auf einem Parkplatz in der Nähe ab und nahm seinen Rucksack aus dem Kofferraum.
Die zwei Meter hohe Ziegelmauer rund um Falcon’s Ridge erschien solide genug, um jeden Eindringling abzuschrecken, aber da die Straßenlampen in großem Abstand voneinander leuchteten, ließ sich ein dunkler Abschnitt finden, wo seine Bewegungen nicht zu sehen waren. Zum Glück waren die Vogelplastiken, die zur Zierde in kleineren Abständen auf der Mauerkrone prangten, einzementiert, und als er einer davon sein Seil überwarf, hielt sie sein Gewicht mühelos.
Handbreit für Handbreit erklomm er die
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