Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
ich mich mit dieser Materie noch nie befasst. Ich war immer viel zu beschäftigt, diese besondere Form des Kohlenstoffs in natura aufzuspüren und ans Tageslicht zu befördern.”
Robert lachte: „Ich denke auch, dass das der spannendere Zeitvertreib ist, Herr Merensky. Was ich mache, ist graue Theorie, hauptsächlich mangels besserer Gelegenheit.”
Mit dieser Antwort rutschte er auf Merenskys Sympathieskala gleich ein paar Grade höher und schnell ging die Konversation in die richtige Richtung. Merensky erzählte in glühenden Farben von Afrika, seinen Expeditionen, sparte nicht mit Andeutungen über die großen Dinge, die da noch kommen würden und die ihre Schatten bereits vorauswarfen. Robert hörte aufmerksam zu und stellte ihm viele gescheite Fragen, so dass Merensky sehr schnell erfuhr, dass er auch in Geologie beachtliche Kenntnisse besaß. Bald war er sich sicher, mit Robert einen guten Fang gemacht zu haben. Er hatte mehr Grundlagenwissen als die meisten Männer, die er auf seine Expeditionen mitnahm. Er schien kräftig zu sein, würde das harte Klima vertragen und nicht bei der ersten ha arigen Situation schlappmachen.
August würzte das Gespräch zwischen großen Gabeln voll Schlesischem Himmelreich mit schwärmerischen Darstellungen der afrikanischem Naturschönheiten und allerlei Politischem. Europa, die alte Welt, war verbraucht. Vom Krieg verschlissen. Spielfeld unfähiger Politiker und obskurer Rattenfänger an den Rändern des politischen Spektrums. Man schaue sich doch nur diese verkrachte Existenz, diesen Österreicher, an, der da in München sein Unwesen trieb. Wie hieß der doch gleich noch … Adolf irgendwas … na ja, also eben eine ganz zwielichtige Gestalt. Und von den Bolschewisten ganz zu schweigen. Europa, ein schlingerndes Schiff in schwerer See, ohne fähige Besatzung. Auf den nächsten Krieg könne man warten, so wahr er hier säße. Kopfschüttelnd tauchte er in seinen Bierkrug ab.
Schließlich fand Merensky, dass jetzt genug geredet war. Von Wolf war in Ordnung. Er musste August gar keinen Gefallen tun, er hätte ihn auch engagiert, wenn er ganz zufällig irgendwo seine Bekanntschaft gemacht hätte. Vorausgesetzt, er war bereit, diesen Quatsch mit der Diamantmacherei zu lassen. Da musste schon noch ein deutliches Wort gesprochen werden. Merensky wischte sich den Mund mit der Serviette, lehnte sich zurück und wollte gerade auf die Zielgera de einbiegen, als Robert sagte:
„Ich will einen neuen Anfang in einer neuen Welt. Wenn Sie noch einen guten, zuverlässigen Mann brauchen, nehmen Sie mich mit auf Ihre nächste Expedition, Herr Merensky. Ich kann Deutschland morgen verlassen.”
Der lachte laut auf und schlug mit der Hand auf den Tisch, dass das Geschirr klapperte. „Das ist ein Wort, von Wolf. Sie sind interessiert, ich bin es auch. Sie haben gute theoretische Kenntnisse, bei mir sammeln Sie praktische Erfahrung. Dass Sie zuverlässig und verschwiegen sind, setze ich voraus. Immerhin haben Sie ja mit August den besten Bürgen, den man sich wünschen kann. So weit so gut. Aber eines muss ich von Anfang an klarstellen, damit es zwischen uns keine Missverständnisse gibt. Wenn Sie bei uns anfangen wollen, muss das Herumforschen an der Möglichkeit, Diamanten in der Retorte zu züchten, ohne Wenn und Aber aufhören.”
Roberts Antwort kam schnell. „Ich hatte nichts anderes erwartet. Niemand will einen Nestbeschmutzer in seinen Reihen. Die Beschäftigung mit dieser wissenschaftlichen Theorie verstellt mir nicht den Blick auf die Realität. Sollte es gelingen, Diamanten synthetisch herzustellen, wäre nicht nur Ihr Geschäft in ernsthafter Gefahr, sondern auch die Existenz mächtiger Konzerne und e tlicher afrikanischer Volkswirtschaften, zusammen mit einem Teil der britischen und amerikanischen Währungsreserven, die ja nicht nur in Gold, sondern auch in Diamanten angelegt sind. Ich habe nicht die Absicht, Sie aus Schwatzhaftigkeit oder Geltungssucht mit meinen Theorien in Verlegenheit zu bringen. Mich selbst übrigens auch nicht, nebenbei bemerkt.”
Robert war diese Antwort zu seiner eigenen Überraschung überhaupt nicht schwergefallen. Er hätte schon vor Jahren, gleich nachdem er seine Bekanntschaft gemacht hatte, August Stauch bitten können, ihn als Prospektor einzustellen. Nur, er hatte es eben nicht getan. Da war er Jayata noch nicht begegnet. Da hatte er noch nicht erkannt, dass Theorien ohne beweisbare Ergebnisse nichts zählten. Dass es nicht genügte,
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