Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
sich mit der flachen Hand auf den Schenkel, dass die Havanna ihre Aschenkrone verlor.
„Was für eine ausgelassene Runde! Ich konnte nicht widerstehen auch uneingeladen hier hereinzusehen.” Ein kleiner, drahtiger Herr war hereingekommen. Sein Abendanzug war ihm an den Hosen zu lang, dafür aber um die Schultern zu eng. Die schlecht gebundene Fliege passte zu seinem hageren Gesicht, in dem ein härteres Klima als das deutsche tiefe Spuren hinterlassen hatte. „August, Du wirst einem alten Bergmann verzeihen, dass es ihm immer noch an Manieren mangelt. Guten Abend allerseits, ich hätte auch noch die eine oder andere Schnurre beizutragen.”
Stauch hüpfte aus dem Sofa: „Was denn, Kuno?! Du bist noch in Berlin? Ich dachte, du wärst schon mit dem Amerikaner und seiner Tochter nach Südwest abgereist. Komm, setz dich zu uns, wir unterhalten uns ganz prächtig. Das heißt, zuerst sollte ich dich wohl den jungen Herrschaften vorstellen. Schließlich sind wir ja nicht im Buschcamp, was Kuno?”
„Besten Dank August, aber ich hatte bereits vor einigen Monaten das Vergnügen, diese junge Dame kennenzulernen. Guten Abend Fräulein Humphreys, welch eine Überraschung, Sie hier anzutreffen. Sie sind allein hier? Ihr Herr Vater ist ja heute, soviel ic h weiß, nach London abgereist.”
Er verbeugte sich artig vor Jayata, die ihm kraftlos die Hand gab. Stauchs Studierzimmer gewann plötzlich ein schwankendes Eigenleben. Es wurde eng und konkav, im nächsten Augenblick weit und oval, ganz so, als ob sie im Inneren eines riesigen Objektivs säßen, das ein unentschlossener Fotograf ständig auf und zu drehte. Ihre Hände waren bedeckt von kaltem Schweiß, ihr Gesicht war kalkweiß und ihr Mund voller Asche. Aber irgendwo funktionierte noch ein kleines Notprogramm in ihrem Kopf, das sie ein paar passende Töne hervorbringen ließ. Sie sah Robert, Stauch und den Neuankömmling Schneider in verschwommenen Umrissen und zeitverzögerten Bewegungen. Ihr war übel. Dann fing sie ganz langsam an, die Stimmen der drei Männer wieder zu hören, und es kam Schlag auf Schlag.
Robert war zuerst verwirrt, aber es brauchte keine zwei Sätze des launig vor sich hin plappernden Kuno Schneider, um ihn von den Höhen einer hemmungslosen Leidenschaft in einen Abgrund aus Enttäuschung, Misstrauen und Selbstzweifel zu stürzen.
„Tja, mein bester August, wie Du siehst, bin ich immer noch in Berlin. Aber, so Gott will, nicht mehr lange. Die Sache mit meiner Einreisegenehmigung nach Südwest verzögern die Engländer jetzt schon seit Monaten. Und Harry – Ihr Herr Vater besteht darauf, dass wir uns beim Vornamen nennen” – diese Erklärung ging zwar in Jayatas Richtung, sollte aber vor allem die anwesenden Herren beeindrucken. „Also, Harry nimmt so eine Beamtenwillkür natürlich nicht hin. Deshalb die kurzfristige Reise nach London. Er hat beste Beziehungen in Regierungs- wie auch in Wirtschaftskreisen. Übrigens auch zu Niersteiner und Consolidated Mines, August. Ja, die Welt ist ein Dorf, nicht wahr? Kurz und gut, ich bin mir sicher, dass er mit dem Visum in der Tasche zurückkommt. Und dann geht’s ohne weitere Verzögerung ab nach Südwest. Ach Fräulein Jayata, dieses Land wird Ihnen gefallen. Harry hat so oft erwähnt, dass sie nicht nur seine rechte Hand in vielen geschäftlichen Dingen sind, sondern auch seine Liebe zur Natur teilen.”
Robert stand hinter einem Sessel. Jayata wollte seinem Blick nicht um alles in der Welt begegnen und hielt den Kopf mit einem starren Lächeln auf ihren liebenswürdigen Henker gerichtet. Stauch hatte sich im Handumdrehen gefangen und legte sich nun umso mehr ins Zeug:
„Ein feiner Zug von Mr. Humphreys, sich persönlich in London um dein Visum zu bemühen. Das zeigt, dass er einen wertvollen Mitarbeiter zu schätzen weiß. Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Unternehmer. Tja, Ihr Herr Vater hat wirklich einen legendären Aufstieg hinter sich. Und jetzt hat er auch noch massiv in die Otavi Minen investiert.” Er schenkte Kunos Glas nach, beide fischten neue Zigarren aus dem Humidor, und Stauch wandte sich wieder Jayata zu: „Ich bin ja leider Ihrem Herrn Vater noch nicht persönlich begegnet, aber vielleicht lässt sich das ja vor Ihrer Abreise nach Afrika noch einmal im kleinen Kreis nachholen. Was halten Sie davon, Robert? Ein Abschiedsessen für meinen alten Freund Kuno im gleichen geselligen Kreis, aber mit dem legendären Harry Humphreys? Also, liebes gnädiges Fräulein,
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