Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
Hans Robert vor, um einen Lastwagen, Schaufeln, Pickel, und zwei ausrangierte halbmechanische Siebanlagen zu kaufen. Sie gingen getrennt von Bord, wohnten in verschiedenen Hotels und vermieden so, dass der Neuankömmling mit dem berühmten Geologen in Verbindung gebracht wurde. Der junge Deutsche wurde belächelt und für einen der üblichen Verlierer gehalten, die immer noch mit der Hoffnung auf schnellen Reichtum in Lüderitz von Bord gingen. Niemand nahm ihn ernst. Hans schrieb in seinem Hotelzimmer lange Instruktionen an seinen Büroleiter in Kapstadt und verbrachte die übrige Zeit damit, bei den größten Klatschmäulern in der Stadt falsche Fährten zu legen. Eine dieser Geschichten schilderte er in bewegten Worten und gedämpfter Stimme während eines Mittagessens in der englischen Handelsmission. Die falsche Fährte führte geradewegs zum Fish River Canyon, eine der größten Schluchten Afrikas, südöstlich von Lüderitz. Ein unüberwindbarer, glühend heißer Höllenschlund aus Granit. Der Canyon war nur an seinen äußersten Rändern erforscht, eine Durchquerung war bisher noch keinem Weißen bei lebendigem Leib gelungen. Auch waren dort keine Diamanten zu finden. Aber diese Information sparte er aus. Eine der Instruktionen an sein Büro in Kapstadt war eine lange Liste von Mineralien, die am Fish River Canyon vorkamen. Sie sollten in kleinen Proben zusammengestellt und unter falschem Absender, postlagernd an Herrn Robert von Wolf, nach Lüderitz geschickt werden. Trotz aller Diamant-Euphorie hatte man das geplante Höllenpicknick für Professor Sumpton nicht aus den Augen verloren.
Am dritten Tag nach ihrer Ankunft hatte Robert alles Nötige zusammengekauft und verließ noch vor dem ersten Morgengrauen die Stadt. Er fuhr den überladenen Lastwagen vorbei an den letzten Häusern von Lüderitz, wo übergangslos die große Namibwüste und das scharf bewachte Diamantsperrgebiet begannen. In sicherem Abstand zur Stadt traf er auf Hans, der in einem leichteren Wagen schon auf ihn wartete. Sie fuhren in gerader Linie auf einer ziemlich guten Piste nach Osten, bis sie an einen Ort mit dem traurigen Namen „Aus” kamen. Von dort ging es nach Süden, immer hart am Zaun des Sperrgebiets entlang, auf den Oranje-Fluss zu. Sie schliefen wenig, redeten noch weniger und machten nur an zwei einsamen Stationen namens Witpütz und Rosh Pinah Halt, um Benzin und Wasser aufzutanken. Am dritten Tag überquerten sie den fast völlig ausgetrockneten Oranje und erreichten das Namaqualand. Dort folgten sie dem Fluss auf der südafrikanischen Seite in Richtung Atlantik und erreichten am späten Abend das Camp. Ernst Reuning hatte in einem verlassenen Lagerschuppen, etliche Kilometer von der Küste entfernt, das Basislager eingerichtet.
„Wenn das hier nur annähernd so weitergeht wie die ersten Probegrabungen, dann wirst du in ein paar Monaten mit deinem eigenen Doppeldecker von Kapstadt hier einfliegen”, rief ihnen Ernst Reuning zu, als sie mit steifen Gliedern aus den Autos kletterten. Er warf seinen Hut in weitem Bogen in den Sand und umarmte Hans überschwänglich. Robert schüttelte er freundlich die Hand und sagte lachend: „Willkommen in der wertvollsten Sandkiste der Welt, junger Mann. Eine bessere finden Sie in ganz Afrika nicht. Ihr seid eine sehr gute Zeit gefahren, hoffentlich hat euch niemand erkannt und sich an eure Fersen geheftet. Ich werde vorsichtshalber die Buschmänner heute Nacht ausschicken; sie finden jedes noch so versteckte Lager, falls euch jemand gefolgt ist.”
Dr. Reuning war ein kleiner, fast zierlicher Mann. Das genaue Gegenteil zu dem massigen, groß gewachsenen Hans. Aber sein Körper war von einem harten Leben an unwirtlichen Orten und vom vielen Graben zäh wie ein Ochsenziemer. Wären da nicht das kleine Spitzbärtchen, die Glatze und der weiße gelockte Haarkranz, die den deutschen Gelehrten verrieten, man hätte ihn ohne Kleider und in der Dämmerung gut für einen der Buschmänner halten können. Mit denen arbeitete er ja vorzugsweise auch zusammen. Sein Hobby war nämlich die Ethnologie. Er hatte ein ganzes Jahr einfach aus Neugier mit den Buschmännern in der Kalahariwüste gelebt und war einer der ganz wenigen Weißen, der ihre Sprache mit den eigenartigen Klicklauten beherrschte. Für diese Expedition hatte er ausschließlich Buschmänner angeheuert, die keine andere Sprache außer ihrer eigenen verstanden. Er behandelte sie mit Achtung und bezahlte sie fürstlich mit Gütern,
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