Dunkle Ernte
Mit spöttischer Miene, den Kopf kokett zur Seite geneigt, stand sie da, splitternackt, und sah zu, wie sich seine Männlichkeit aufrichtete. Leise kichernd nahm sie seine Erektion und strich mit der Hand der Länge nach darüber. »Du freust dich also auch, mich zu sehen, wie schön.«
Mit einem Stöhnen zog Jack sie an sich, so nah, dass er sah, wie sich ihre Pupillen weiteten, und spürte, wie sich ihre Atmung beschleunigte. Er ließ seine Finger über die geschmeidige Beuge ihres Rückens bis zu dem weichen, samtigen Spalt zwischen ihren Beinen wandern.
Amanda quittierte seine Liebkosungen mit leisem Murmeln und warmer Feuchte. Dann stieß sie ihn von sich und genoss die Überraschung in seinen Augen, als er rückwärts auf das Bett fiel. Sie setzte sich rittlings auf seinen muskulösen Körper und nahm ihn in sich auf, langsam, behutsam, bis zum Anschlag. Drei Wochen war es her, dass sie zuletzt zusammen gewesen waren, und sie empfand beinahe schmerzhafte Entzugserscheinungen. Sie hatte ihn stärker vermisst, als sie gedacht hätte, und über sein kommentarloses Verschwinden war sie wütender gewesen, als sie zugeben wollte. Doch im stoßenden Rhythmus seines Beckens löste sich ihre Wut alsbald in Wohlgefallen auf.
In wilder, archaischer Lust und gemeinsam erlebter Befriedigung begannen sich ihre Körper wieder aneinander zu erinnern.
Jack beobachtete die Staubteilchen, die im hereindringenden Licht tanzten, und streichelte Amandas Haar.
»Jetzt kann ich zumindest bestätigen, dass ein Teil von dir immer noch einwandfrei funktioniert«, bemerkte Amanda und zog ihn an sich.
»Bist du sicher, dass du das nicht noch mal überprüfen willst?«, fragte er.
Sie hob die Augenbrauen. »Als deine Leibärztin rate ich dir dringend, dir noch etwas Ruhe zu gönnen. Ich empfehle jedoch, diese Behandlung dreimal täglich zu wiederholen.« Sie reckte sich genüsslich. Auf ihren Wangen lag ein zarter rosa Schimmer. »Komm«, fuhr sie fort. »Ich habe meiner Freundin gesagt, dass wir um halb zehn bei ihr im Labor sind. Das Taxi dürfte gleich da sein.« Sie stand auf.
Jack sah ihr zu, wie sie eine Jeans und einen alten Kapuzenpulli überstreifte. Es war erstaunlich, wie schick selbst solche Sachen an ihr aussahen, als wären sie eigens für sie entworfen worden.
»Komisch«, sagte sie und zog die Vorhänge auf.
»Was denn?«, wollte Jack wissen, während er sich anzog.
»Der Mann, der dort an der Telefonzelle steht. Ich bin sicher, der stand vorhin auch schon da.«
Jack zuckte die Achseln. »Meinst du? Vielleicht ein heimlicher Verehrer von dir«, mutmaßte er und steuerte die Tür an, um nach unten zu gehen. »Ich muss noch eine Kleinigkeit essen, bevor wir fahren«, sagte er über die Schulter.
Seine Übelkeit war abgeklungen, aber nach Essen stand ihm jetzt trotzdem nicht der Sinn. Insgeheim beunruhigte ihn, was Amanda gesagt hatte. So geräuschlos wie möglich zog er die Schubladen in der Küche auf. Wo waren die Messer? Er suchte eines, das sich leicht verbergen ließ, möglichst in einer geschlossenen Faust, denn er wurde die heimliche Angst nicht los, dass er verfolgt wurde. Von wem, wusste er nicht, und auch nicht warum. Aber er musste auf alles vorbereitet sein. Schließlich fand er ein robust aussehendes Küchenmesser mit kurzer Klinge, wickelte die Spitze in ein Spültuch und steckte es in seine rechte Socke. Eine ferne Erinnerung kam in ihm hoch, an Kindheitsängste und die Notwendigkeit, sich verteidigen zu müssen.
Italien, ein Militärstützpunkt außerhalb von Neapel, auf dem sein Vater mit seiner Einheit stationiert war. Jack war dreizehn Jahre alt. Sein Vater hatte ihn in der Schule angemeldet und ihm geraten, Italienisch zu lernen, damit er bald allein zurechtkäme. Du musst dich abstrampeln, mein Sohn, sonst gehst du unter . Und Jack strampelte sich ab, zumindest eine Zeitlang. Binnen weniger Monate konnte er fließend Italienisch und war der Starfußballer der Klassenmannschaft. Doch sein Erfolg machte ihn zur Zielscheibe für die älteren Jungs. Ein paarmal steckte er auf dem Heimweg von der Schule Prügel ein. Wäre sein älterer Bruder noch da gewesen, wäre alles anders gelaufen. Aber Paul war nicht mehr da.
Die Situation verschärfte sich, als einer der Jungen ein Klappmesser zückte und ihm vors Gesicht hielt, um die Mädchen am Springbrunnen auf dem Stadtplatz zu beeindrucken. Mehr aus Wut denn aus Angst stürzte sich Jack auf ihn, verpasste ihm eine blutige Nase, streckte ihn zu Boden
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