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Dunkle Ernte

Dunkle Ernte

Titel: Dunkle Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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hob die Waffe und feuerte je drei Kugeln auf sie ab. Dabei machte er sich in Gedanken eine Notiz über die Schussdistanz. Die Schussparabel war offensichtlich noch nicht optimal. Das würde Centurion nachbessern müssen. Er scannte den Dschungel nach allen Seiten. Keine lebenden Ziele mehr. Nichts als Leichen.
    Er kehrte zu seinen Männern zurück und bedeutete ihnen wortlos, den Marsch durch den Dschungel sofort wieder aufzunehmen.
    Hoch oben im Baum atmete Jumo tief durch. Seine Hände, mit denen er sich an den Ästen festklammerte, zitterten wie wild, sodass die Blätter raschelten wie von einer sanften Brise geschüttelt. Er blickte hinunter auf die Schatten, die geduckt den Pfad entlangschlichen. Soldaten wie sie hatte er noch nie gesehen. Sie erschienen ihm wie Riesen, die ihre Ausrüstung als ausladende Buckel auf dem Rücken trugen. Und wie sie sich bewegten: flink, umsichtig, stets in voller Alarmbereitschaft, unablässig nach Minen, Fallstricken und feindlichen Soldaten Ausschau haltend.
    Jumo kletterte den Baum hinab. Er kannte einen zweiten Weg zum Camp, auf dem er den Trupp überholen konnte. Das hier war sein Terrain, in diesem Wald war er schneller als der beste Elitesoldat. Er würde durch den Busch zum Camp zurückkehren und dem General berichten, was da auf ihn zukam.

50
    Es war noch dunkel, als Jack erwachte. Die Dämmerung ließ sich als grauer Streifen am fernen Horizont erahnen, wie der Anflug einer Idee, stumm und unausgegoren, noch weit entfernt vom tosenden Jubel der ersten Sonnenstrahlen.
    Dreihundert Kilometer weiter östlich war unterdessen sein Vater dabei, den Helikopter zu inspizieren, den Spike ihm besorgt hatte. Besonders vertrauenerweckend sah das Ding nicht aus. Ein Lego-Modell hätte ihm ein besseres Gefühl gegeben. Archie hatte das Ortungsgerät in der Nacht zweimal überprüft. Der Apparat war alles andere als präzise, das Signal schwankte und verschwand manchmal ganz, aber er hatte keine Alternative. Sobald sie in der Luft wären, würde er sein Glück versuchen. Es gab keine andere Möglichkeit, seinen Sohn zu finden.
    Jack verlagerte sein Gewicht. Sein Rücken war verspannt, die Seite schmerzte, und seine Kehle war ausgedörrt. Der Tisch, auf dem er lag, knarrte unter seiner Bewegung. Als sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, erkannte er eine Gestalt; es war der Junge, der die Tür bewachte. Er schlief. Jack hatte keine Ahnung, wie spät es war. Aber wenn es eine Chance zur Flucht gab, dann jetzt. Der Junge regte sich, vom Knarren im Schlaf gestört.
    »Könntest du mir vielleicht was zu trinken holen, Kumpel?«, bat Jack, um zu prüfen, ob er wach geworden war.
    »Mmh?«, machte der Junge im Halbschlaf.
    »Schon gut, vergiss es.«
    Weiter vorn auf dem Flur klopfte unterdessen Jumo energisch an die Tür des Generals. Den Boss aus dem Schlaf zu reißen hätte ihm normalerweise eine Heidenangst bereitet, doch die hatte das Adrenalin aus seinem Blut gespült. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Einer von Nbotous persönlichen Leibwächtern lugte misstrauisch heraus.
    »Was willst du?«, zischte er durch seine gelben Zähne.
    »Bitte, Sir, ich muss dem General berichten.«
    Der Mann musterte den Jungen mit den aufgerissenen Augen und geweiteten Pupillen, der am ganzen Körper zitterte und keuchend nach Luft schnappte.
    »Womit habt ihr euch denn heute zugeballert? Mit Jungle Brew? Oder mit Kakaoblättern? Ich sag dir was: Solche Streiche sind es nicht wert. Du musst nicht immer tun, wozu dich die älteren Jungs anstiften. Niemand stört den Schlaf des Generals«, sagte er und schloss die Tür.
    Jumo trommelte erneut dagegen, diesmal noch hartnäckiger. »Sir, bitte, Sir, es ist wirklich wichtig!«
    Der Mann öffnete die Tür und holte zu einer Ohrfeige aus. »Ich habe es dir einmal gesagt, ich werde es dir nicht zweimal sagen. Verschwinde! Du hast kein Recht, den General im Schlaf zu stören.«
    Jumo duckte sich unter dem Hieb hinweg und wich rücklings in den Flur zurück. Verärgert die Faust schwenkend, trat der Leibwächter aus der Tür und zog einen Schlagstock aus seinem Gürtel. »Verschwinde, sonst verpass ich dir richtig Prügel.«
    Als er das letzte Mal zugelassen hatte, dass jemand den General weckte, hatte er die Prügel bezogen. Zufrieden sah er dem Jungen nach, der sich den Flur entlangtrollte.
    Jumo schüttelte den Kopf über die Dummheit des Mannes. Der Kerl war genauso dumm wie Toma, der mitten in der Nacht im Dschungel mit einer Waffe

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