Dunkle Flammen Der Leidenschaft
bist, sobald es dir besser ging.«
Hätte sie mich angeschrien, wäre es leichter zu ertragen gewesen, doch die stille Verzweiflung in ihrer Stimme hinterließ tiefere Wunden als das Messer damals. Wie hätte ich die Finsternis erklären sollen, in der ich mich zu der Zeit gefangen fühlte? Oder dann die Überzeugung, dass ich ihr Leben noch gründlicher zerstören würde, als ich es schon getan hatte, wenn ich nicht vor ihr floh?
Ich konnte es nicht erklären, und im Rückblick war es auch nicht mehr von Bedeutung.
»Ich habe alles falsch gemacht, Gretchen«, sagte ich, meine Tränen wegblinzelnd. »Ich kam aus meinem Schmerz einfach nicht mehr heraus, also habe ich mich von ihm auffressen lassen. Als ich mich hindurchgekämpft hatte, wolltest du nichts mehr mit mir zu tun haben, und Dad war wieder mit seinem Job beschäftigt. Marty war alles, was ich noch hatte. Das lag vielleicht an mir, aber ich habe dich im Stich gelassen, als du mich gebraucht hast. Bei Marty mache ich diesen Fehler nicht auch noch.«
Dann ging ich zu ihr und berührte ihre Wange, was mit meinen neuen Handschuhen möglich war, ohne ihr wehzutun. Sie stieß meine Hand weg, doch ihre blauen Augen glänzten verdächtig, und Röte schimmerte durch ihr sorgfältig aufgetragenes Make-up.
»Ich versuche nicht, mich umzubringen, ich will bloß alldem ein Ende bereiten«, sagte ich leise. »Szilagyi will mich wegen meiner Fähigkeiten. Ich lasse ihn glauben, dass er mich drangekriegt hat, und dann kommt Vlad und lässt ihn leiden.«
Gretchen sah an mir vorbei zu dem Vampir, den ich noch immer nicht überzeugt hatte. Sie hob das Kinn.
»Ich soll Dracula dein Leben anvertrauen?«
»Nicht Dracula«, sagte ich mit mattem Lächeln und drehte mich um. »Vlad Tepesch, ehemaliger Woiwode der Walachei und der arroganteste, todbringendste und furchteinflößendste Mann, dem ich je begegnet bin.«
Vlads Lippen kräuselten sich abschätzig amüsiert. »Komplimente können meine Meinung genauso wenig ändern wie das Wort bitte , Leila.«
»Sind das Komplimente für Sie?« Gretchen war entgeistert.
»Natürlich.« Er lächelte, seine Reißzähne gebleckt. »Sie hat all meine besten Eigenschaften aufgezählt.« Dann landete sein unnachgiebiger Blick auf mir.
»Ich betrachte das als mögliche Option für später, aber fürs Erste lautet meine Antwort immer noch nein.«
»Du hast es versprochen«, sagte ich wütend, den Blick überraschter Hochachtung ignorierend, den Gretchen Vlad zuwarf. »Du hast gesagt, wenn ich einen Plan hätte, wie ich Marty retten könnte, ohne deine Leute in zu große Gefahr zu bringen, würdest du ihn in die Tat umsetzen. Also, hier hast du meinen Plan!«
»Er bringt dich in zu große Gefahr«, war seine unversöhnliche Antwort. »Als meine Gefährtin gehörst du auch zu meinen Leuten.«
»Aber ich bin nicht so wichtig«, gab ich zurück, während ein Schmerz, von dem ich gar nicht gewusst hatte, dass er in mir saß, mich weitersprechen ließ. »Du hast mir gestanden, dass du mich nie lieben wirst; wenn also etwas schiefgeht, wird es dir nicht besonders schwerfallen, eine neue Freundin zu finden. Marty liebt mich tatsächlich , und er ist mein bester Freund. Ich werde ihn nicht im Stich lassen.«
Vlads Augen färbten sich grellgrün, und er stand so still, dass es fast schmerzhaft war, ihn anzusehen. Kein Atmen, kein Zucken entstellte seine schöne, starre Gestalt. Selbst sein Blick war keine Sekunde unstet. Kein Lebender konnte so reglos dastehen, und es war, als zeigte er mir mit dieser eisig starren Pose die unüberbrückbare Distanz zwischen uns.
»Meine Leute werden weiter die Gegend absuchen«, stellte er nach einem Schweigen fest, das wie ein Messer durch meine Emotionen fuhr. »Von morgen an wirst du auch bedeutende Vampire in der Nähe besuchen und bei ihnen nach Spuren von Szilagyis Essenz suchen. Jemand muss ihm helfen. Wenn wir den finden, wird er uns zu deinem geliebten Freund führen.«
Damit ging er, über die Schulter hinweg noch einen letzten ätzenden Kommentar abgebend: »Falls du heute Nacht noch etwas benötigst, findest du mich im Kerker, wo ich dem nachgehe, was ich am besten kann.«
36
Ich war froh, dass Vlad mit seinem grausigen Handwerk beschäftigt war. So hatte ich Zeit, über unseren neuesten Disput nachzudenken, ohne mir Sorgen machen zu müssen, dass Vlad sich in meine Gedanken einklinkte, weil er dem Gefangenen – seinem Grundsatz der »erforderlichen Sorgfalt« getreu – die gesamte
Weitere Kostenlose Bücher