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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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als Krankenpflegerin verkleidet bei Mrs. Richardson zu Hause aufgetaucht. Die alte Dame ist daran gewöhnt, dass Pflegerinnen vorbeikommen, die Frau hat nicht bedrohlich gewirkt und konnte sich ausweisen. Sie hatte keinen Grund, sie nicht reinzulassen.«
    Ich suchte mir einen leeren Stuhl und setzte mich.
    »Mrs. Richardson hat nicht gesehen, wie die Pflegerin das Haus verlassen hat«, fuhr Tulloch fort. »Sie hat nur die Haustür zuschlagen hören. Es erscheint wahrscheinlich, dass die Täterin im Haus geblieben ist und sich nach oben geschlichen hat.«
    »Und darauf gewartet hat, dass Karen Curtis kommt«, setzte Anderson hinzu.
    Tulloch nickte. »Ein paar Stunden später hat Mrs. Richardson sich von ihrer Tochter verabschiedet, hat sie aber nach oben gehen hören, was ungewöhnlich war. Kurz darauf hat sie gehört, wie jemand die Treppe wieder herunterkam, und hat angenommen, dass es Karen war, die das Haus verließ. Man kann wohl behaupten, dass es wahrscheinlich nicht so war.«
    »Wer sie auch ist, sie kennt diese Familien gut«, bemerkte Anderson. »Sie hat Geraldine Jones überredet, am späten Freitagabend in die Wohnsiedlung zu fahren. Sie hat rausgefunden, wo Amanda Weston hingezogen ist und dass sie allein zu Hause war. Dann hat sie bei Charlotte Benn vorbeigeschaut, als die allein war. Und jetzt finden wir raus, dass sie weiß, wo Karens Mutter wohnt und wann Karen sie immer besucht.«
    »Sie macht ihre Hausaufgaben«, meinte Tulloch. »Aber das würde ich an ihrer Stelle auch tun.«
    Die Tür ging auf, und Joesbury kam herein. Tulloch bedachte ihn mit einem knappen Lächeln, als er sich auf den Schreibtisch gegenüber von meinem hockte.
    »Was wir jetzt auf keinen Fall tun sollten, ist, in Panik zu geraten«, fuhr Tulloch fort. »Wir wissen, wer ihr nächstes Opfer ist, und die Betreffende ist in Sicherheit. Wenn nötig, können wir Jacqui unter bewaffneten Polizeischutz stellen. Und wir haben Zeit. Der Ripper hat erst am 10. November wieder zugeschlagen. Das sind noch fast sechs Wochen.«
    »So lange wird sie nicht warten«, sagte ich. »Hier geht’s nicht mehr um den Ripper.«
    Alle hatten sich nach mir umgedreht. »Wie meinen Sie das?«, fragte Tulloch.
    »Wenn diese ganze Ripper-Sache nicht gewesen wäre«, fuhr ich fort, »dasselbe Datum, die Briefe, die Organe, die in ganz London aufgetaucht sind, dann hätten wir vielleicht schon früher spitzgekriegt, was los ist. Man hätte die Verbindung erkennen können, als Amanda Weston umgebracht worden ist. Aber ganz London hat nach einem Nachahmungs-Serientäter Ausschau gehalten, und genau das wollte sie. Das hat ihr die Zeit verschafft, an Charlotte und Karen ranzukommen. Das Ganze war nur ein Täuschungsmanöver.«
    Niemand antwortete mir. Ich sah niemanden, der Anstalten machte zu widersprechen.
    »Bestimmt weiß sie, dass wir das inzwischen kapiert haben«, sagte ich. »Und darauf wird sie gefasst sein. Sie wird eine Möglichkeit finden, an Jacqui Groves ranzukommen, mit der wir nicht gerechnet haben.«
    »Wer ist sie, Flint?«, fragte Joesbury. »Von wem reden Sie?«
    Mir blieb nichts anderes übrig, als zu ihm aufzublicken. »Eine von den Llewellyn-Schwestern«, antwortete ich. »Es muss eine von den beiden sein.«
    Joesbury erhob sich; ein winziges Lächeln lag auf seinem Gesicht.
    »Sagen Sie das noch mal?«
    »Was?«
    »Den Nachnamen der Mädchen.«
    »Llewellyn«, wiederholte ich und merkte, wie die Leute um uns herum verdutzte Gesichter machten.
    »Also, das ist ja interessant«, bemerkte er. »Jeder andere hier im Raum spricht den Namen phonetisch aus, Lu-ellin.«
    »Und?« Mein Herz schlug schneller.
    »Sie machen da dieses komische gutturale Geräusch ganz hinten im Rachen«, stellte er fest. »Mehr wie ›kl‹ als wie ein ›l‹. Sie sprechen den Namen genauso aus wie die Waliser.«
    Einen Augenblick lang starrte ich ihn an; mir war deutlich bewusst, dass alle mich beobachteten. »Ich komme aus Shropshire«, sagte ich. »Als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, lag das direkt an der Grenze zu Wales.«
    »Ja, wie ihr meint, ihr zwei. Wir müssen jedenfalls beide Schwestern finden«, ging Tulloch dazwischen. »Lacey, Sie sind zuständig für die Befragung der Obdachlosen. Wenn die beiden ohne Geld nach London gekommen sind, haben sie bestimmt eine Zeitlang auf der Straße gelebt. Flint, hören Sie mir überhaupt zu?«
    Joesbury und ich starrten einander noch immer finster an. Ich wandte mich ab und konzentrierte mich auf Tulloch.
    »Sie

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