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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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im Schlafzimmer war. Dann hörte ich die Tür des Wintergartens knarren. Er war hinausgegangen.
    Neugierig folgte ich ihm. Ich hörte etwas Schweres auf weichem Boden landen, als wäre er von irgendwo hinuntergesprungen. Gerade als ich die Hintertür erreichte, erschien er wieder.
    »Schuppenschlüssel?«, fragte er und streckte eine Hand aus.
    Da ich wusste, dass Widerspruch zwecklos war, sagte ich ihm, wo er den Schlüssel auf dem Schuppendach finden würde. Ich sah zu, wie er den Gartenweg entlangging, den Schuppen öffnete und darin verschwand. Dann zählte ich im Kopf, zehn, neun, acht. Bei sechs kam er wieder heraus und starrte mich mit erhobenen Händen unverwandt an. Die Frage war eigentlich nicht notwendig, aber er stellte sie trotzdem.
    »Was soll denn das?«
    »Hält einen fit«, antwortete ich. »Davina McCall schwört darauf.«
    Ich ließ ihm keine Zeit einzuwenden, dass die Schauspielerin und Moderatorin Davina McCall ihren Punchingbag wahrscheinlich nicht als Menschen verkleidete. Stattdessen drehte ich mich um und ging zurück in die Wohnung. Er hatte ja alles gesehen. Vom Wohnzimmer aus hörte ich, wie er die Wintergartentür abschloss. Dann tauchte er wieder auf. Im Durchgang zwischen Wohn-und Schlafzimmer blieb er stehen.
    »Zuerst mal, so was habe ich in der Wohnung einer Frau noch nie gesehen«, bemerkte er. »Großer Gott, Flint, haben Sie denn nicht einmal einen Teddybären?«
    Er war mein Vorgesetzter, wir gehörten jetzt offiziell zum selben Team, und zumindest in seinen Augen tat er mir einen Gefallen. Ich würde ruhig bleiben. »Gute Nacht, DI Joesbury«, antwortete ich. »Vielen Danke für Ihre Hilfe.« Ich stand direkt vor dem Kamin, und ich würde mich nicht von der Stelle rühren, bis er weg war.
    Er rührte sich ebenfalls nicht. »Zweitens, Sie können nicht allein hierbleiben«, fuhr er fort. »Tully würde mir sämtliche Innereien rausreißen.«
    Ruhig bleiben. »Ich habe hier fünf Jahre lang unbehelligt gewohnt, die Türen werden abgeschlossen, und unter den gegebenen Umständen wäre es mir lieber, wenn Sie nicht von Innereien sprechen würden«, erwiderte ich.
    Wieder zuckten Joesburys Lippen. Er hob die linke Hand und begann, mit der rechten an den Fingern abzuzählen. »Erstens, da draußen führt ein Tor direkt auf eine Gasse hinaus«, fing er an. »Ich bin da mit einer angeknacksten Schulter rübergekommen. Zweitens, die Tür vom Wintergarten ist halb durchgefault, mit einem kräftigen Stoß wäre die erledigt. Drittens, Ihre Haustür hat ein Schloss, das ich in zehn Sekunden mit meiner Kreditkarte aufkriegen würde. Sie haben ja nicht mal eine Sicherheitskette.« Er verstummte, ließ die Hand sinken und betrachtete mich kopfschüttelnd. »Wir sind hier in South London«, fuhr er fort. »Selbst wenn hier keine Wahnsinnigen frei rumlaufen, sind Sie denn lebensmüde?«
    »Wahrscheinlich«, war die ehrlichste Antwort, die ich zu geben hatte, doch es war keine, die ich laut aussprechen würde. »Ich klemme einen Stuhl unter die Klinke und nehme mein Handy mit ins Bett«, versprach ich. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschul-«
    »Das Handy werde ich brauchen«, meinte er. »Morgen besorge ich Ihnen ein neues. Also, haben Sie noch eine Decke?«
    »Was?«
    »Ich schlafe auf dem Sofa.«
    »Nur über meine … Nein, auf gar keinen Fall, machen Sie, dass Sie rauskommen.«
    Er ging zum Sofa und boxte auf die Polster ein, um sie aufzuschütteln. »Tully kann Sie wahrscheinlich morgen in eine sichere Unterkunft bringen lassen«, meinte er, während er zwei lose Rückenpolster so zurechtlegte, dass sie an einem Ende des Sofas als Kopfkissen dienen konnten. »Zumindest bis wir hier ein paar anständige Schlösser angebracht haben«, fuhr er fort. »Wir können auch eine Alarmanlage mit Anschluss zum Revier installieren.«
    »Verstehen Sie kein Englisch?«
    »Sie haben wohl nicht zufällig eine Reservezahnbürste?« Joesbury zog sein Jackett aus und setzte sich. Er trug ein ärmelloses schwarzes T-Shirt und hatte eine ganz schwache Impfnarbe gleich unterhalb der rechten Schulter. Sehr muskulöse Arme.
    »Sie bleiben nicht hier.«
    »Flint, ich bin müde.«
    Der Drecksack machte tatsächlich Anstalten, sich die Schuhe auszuziehen.
    »Hören Sie auf zu zetern und gehen Sie schlafen.«
    »Ich kann aber nicht schlafen, wenn Sie nebenan sind«, fauchte ich, ehe ich mir einen Moment Zeit nahm, um über die Konsequenzen nachzudenken, die es hätte, wenn … oh, mein Gott.
    So kamen wir nicht

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