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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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ihren eigenen Kindern, vermutet das Mädchen – sind schon vor Jahrzehnten aufgenommen worden, das sieht sie an den Sachen, die die Kinder anhaben, und daran, wie körnig die Abzüge sind. Andere, neuere Fotos sind bestimmt Bilder von ihren Enkeln.
    Das ist widerlich taktlos, denkt das Mädchen, diese exzessive Zurschaustellung der eigenen Fruchtbarkeit, wenn man bedenkt, dass die Ärztin Cathy gerade eröffnet hat, dass sie niemals Kinder bekommen kann.
    »Die Infektion hat Ihre Gebärmutterschleimhaut geschädigt«, erklärt die Frau gerade. »Wenn wir sie früher behandelt hätten, hätten wir sie vielleicht unter Kontrolle bekommen. So, wie die Dinge liegen, fürchte ich, der Uterus würde eine voll ausgetragene Schwangerschaft einfach nicht aushalten, auch ohne die Schäden an den Eierstöcken und Eileitern. Es tut mir leid.«
    Es tut ihr nicht leid, das merkt das Mädchen, das Cathys Hand hält, ganz genau. Sie sagt das Richtige, die Worte, die von ihr erwartet werden, aber ihr Blick ist dabei viel zu starr. Bestenfalls ist ihr das Ganze völlig egal. Schlimmstenfalls findet sie es insgeheim toll, dass ihnen das passiert ist, weil sie gemein ist und sich am Unglück anderer freut.
    »Ich kann keine Kinder kriegen«, sagte Cathy zum dritten Mal. »Ich werde nie Mutter sein.«
    Cathy, die schon mit drei Jahren ihre Puppen umsorgt hat, als wären sie lebendig, kann es nicht fassen, dass ausgerechnet sie unter allen weiblichen Wesen nicht den Sprung von Puppen zu richtigen, lebendigen Babys machen wird.
    »Nun ja, wissen Sie, Liebes«, sagt die Ärztin, »es gibt mehr als eine Möglichkeit, Mutter zu sein.«
    »Was soll denn der Scheiß?«, fragt das Mädchen.
    Die Augen der Ärztin werden schmal, und sie strafft die Schultern. »Eine derartige Ausdrucksweise ist vollkommen unangebracht, junge Dame«, verkündet sie. »Vielleicht sollte ich mich lieber allein mit Ihrer Schwester unterhalten.«
    Das Mädchen steht auf. »Hast du noch irgendwelche Fragen, Cathy?«
    Cathys Augen scheinen jeglichen Fokus verloren zu haben. Sie schüttelt den Kopf, und ihre Schwester nimmt ihren Arm und zieht sie sanft auf die Beine. Sie wenden sich von den Stühlen ab, gehen auf die Tür zu. Dann bleibt das Mädchen stehen, dreht sich um und tritt wieder an den Schreibtisch.
    »Stellen Sie das hin«, sagt die Ärztin. »Stellen Sie das sofort wieder hin, oder ich rufe den Sicherheitsdienst.«
    »In diesem alten Kasten hier gibt’s keinen Sicherheitsdienst, du blöde alte Schachtel«, entgegnet das Mädchen, während sie zum offenen Fenster hinübergeht. In der rechten Hand hält sie ein goldgerahmtes Foto, auf dem die sehr viel jüngere Ärztin ein Kleinkind auf dem Arm hält. Das Mädchen erreicht das Fenster, schaut hinaus und lässt das Bild fallen. Sie hört das Kläng! , das es auf dem Dach eines roten Autos macht, während sie Cathy aus dem Zimmer führt.
     

 
    Teil 3
Elizabeth
    »Diesmal waren zwei Opfer
in einer einzigen Nacht nötig,
um einen scheinbar absolut
dämonischen Blutdurst zu stillen.«
    Evening Standard, 1. Oktober 1888
     

42
    Montag, 10. September
    »In den frühen Morgenstunden des 30. September 1888 wurden zwei Frauen getötet.« Ich drückte auf eine Taste meines Laptops, und das Foto einer Frau erschien auf dem großen Bildschirm ganz vorn im Raum. Es war in der Leichenhalle aufgenommen worden und zeigte ein ovales Gesicht mit klaren, ebenmäßigen Zügen. Ihr Haar war dunkel, ein wenig lockig und oben auf dem Kopf zusammengesteckt. Ihr Mund war breit und groß; früher hatte sie vielleicht einmal ein hübsches Lächeln gehabt. »Das erste Opfer war Elizabeth Stride, eine gebürtige Schwedin, die etwa zwanzig Jahre vor ihrem Tod nach London gezogen war«, erläuterte ich. »Sie war fünfundvierzig, lebte von ihrem Mann getrennt und war obdachlos. Der Mord ereignete sich im Dutfield’s Yard, einer Art Innenhof, der auf die Berner Street in Whitechapel hinausging.«
    Der Einsatzraum war voll, doch mehr als ein Augenpaar wanderte in Richtung des offenen Fensters ab. Ich hatte das Gefühl, dass die Leute nur aus Höflichkeit zuhörten. Wir wussten doch jetzt, hinter wem wir her waren. Und wenn wir Samuel Cooper fanden, konnten wir beweisen, dass er der Mörder war. Der Fall war so gut wie abgeschlossen.
    »Um Viertel vor eins wurde sie gesehen, wie sie sich im Durchgang zum Dutfield’s Yard mit einem Mann stritt«, fuhr ich fort. »Das war das letzte Mal, dass sie lebend gesehen wurde.«
    Ich redete

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