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Dunkle Gebete

Dunkle Gebete

Titel: Dunkle Gebete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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doch es schien ziemlich sicher zu sein, dass ich recht gehabt hatte. Sie war nicht echt gewesen.
    »Woher wussten Sie das?«, wollte Tulloch wissen, als sie mich besuchen kam. »Diese Dinger sehen doch sehr realistisch aus.«
    »Vor ungefähr sechs Monaten gab’s einen Raubüberfall bei einem Händler in Southwark«, antwortete ich. »Ich habe den ganzen Papierkram erledigt. Das war eine Jericho 941, eine der beliebtesten Luftpistolen.«
    »Das erklärt, wie er Amanda Weston in den Park gekriegt hat«, meinte Tulloch. Sie hockte auf meiner Bettkante. »Wissen Sie noch, wir haben Überwachungsvideos gesehen, auf denen sie zusammen die Grove Road entlanggehen.«
    Ich nickte; mir fiel wieder ein, dass mir irgendetwas an diesen Videos zu schaffen gemacht hatte.
    »Es hat ausgesehen, als käme sie freiwillig mit, aber wenn sie gedacht hat, er hätte eine Waffe, nun ja …«
    Tulloch hatte recht. Die meisten Frauen würden tun, was ihnen gesagt wird, wenn sie mit einer Schusswaffe bedroht werden. Die meisten Frauen würden nicht mit dem Grauen rechnen, das in dem Schuppen im Park auf Amanda gewartet hatte. Ein kurzer Blick darauf, und ich glaube, die meisten Frauen würden es auf eine Kugel ankommen lassen.
    »Bei Geraldine Jones möglicherweise auch«, überlegte Tulloch. »Wenn er gesagt hat, ›Drehen Sie sich um, zu dem Auto da‹, dann hätte sie erwartet, ausgeraubt zu werden, und hätte gehorcht. Das hätte ich jedenfalls getan.«
    Ich schwieg einen Moment lang. Tulloch hatte mir eine weiße Orchidee mitgebracht, und ich überlegte, ob Joesbury ihr von meiner Pflanzensammlung erzählt hatte. Seit jenem ersten Morgen war er nicht wieder vorbeigekommen, aber am nächsten Tag war ein Päckchen ohne Absender eingetroffen, von einer deutschen Firma namens Steiff. Darin fand ich ein knuffiges braunes Stofftier mit knallroter Schleife und unvorstellbar süßem Gesicht. Ich hatte einen Teddybären. Jetzt wandte ich den Blick von dem Teddy ab, der am Fußende meines Bettes thronte, und sah abermals Tulloch an.
    »Er hat behauptet, das Ganze wäre ein abgekartetes Spiel«, sagte ich. »Auf der Brücke hat er gesagt, jemand wolle ihm was anhängen.«
    »Das tun die alle, Lacey«, antwortete sie.
    Damit hatte sie wohl ebenfalls recht. »Wieso hat er es getan?«, wollte ich wissen.
    »Das werden wir vielleicht nie erfahren«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Er war lange massiv auf Drogen. Die Lehrer aus seiner Schule, mit denen wir gesprochen haben, schildern alle möglichen Verhaltensauffälligkeiten. Offensichtlich war er jemand, der Hilfe brauchte und keine bekommen hat.«
    »Aber warum diese beiden Frauen, warum dieser ganze Ripper-Kram?«
    »Wir haben eine Menge Ripper-Bücher und Ripper-Andenken in seiner Wohnung gefunden«, berichtete Tulloch. »Einschließlich eines Tickets für so eine Ripper-Führung. Was die beiden Frauen betrifft, na ja, er könnte sie gekannt haben. Er hat sich oft in der Schule rumgetrieben. Vielleicht hatte er ein großes Problem mit Menschen, die es besser hatten als er.«
    Ich nickte. Das klang einigermaßen logisch.
    Tulloch zog eine durchsichtige Beweismitteltüte aus der Tasche.
    »Lacey, wir haben auch ein Foto von Ihnen in seiner Wohnung gefunden«, sagte sie und hielt mir die Plastiktüte hin. »Ein Schnappschuss. Haben Sie eine Ahnung, wo oder wann das aufgenommen worden ist?«
    Ich betrachtete das Bild. Ich stand auf einer Straße in London und schloss gerade meinen Wagen auf. Irgendetwas hatte meine Aufmerksamkeit erregt, und ich hatte aufgeblickt. Auf dem Bild trug ich eine Jacke, die ich mir vor zwei Jahren gekauft hatte, und Jeans. Ich konnte mich nicht erinnern, fotografiert worden zu sein. Ich schüttelte den Kopf.
    »Wir haben ein paar Leute darauf angesetzt«, erzählte Tulloch. »Wenn wir erst herausgekriegt haben, wo das ist, dann können wir anhand von Licht und Schatten die Jahreszeit ermitteln. Vielleicht gibt es sogar Überwachungsaufnahmen davon. Wir müssen wirklich wissen, warum er so auf Sie fixiert war.«
    Ich seufzte und lehnte mich ins Kissen zurück. »Dann ist es also wirklich vorbei«, sagte ich. »Wir haben Jack the Ripper geschnappt.«
    Tulloch erhob sich und lächelte. »Oh, ich glaube, der hat selbst entschieden, wer ihn schnappen sollte.«
    Dana Tulloch wurde während der folgenden Tage zu einer Art Berühmtheit. Entgegen ihrer persönlichen Neigung, aber aufgrund eindeutiger Anweisungen seitens ihrer Vorgesetzten kam sie den meisten Interviewanfragen

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