Dunkle Gefährtin
knallen, aus Rache für das, was er Nadia und deren Schwester angetan hatte, aber stattdessen seufzte sie. »Wir müssen uns an die Vorschriften halten, sonst können wir die Anklage vergessen.«
»Es ginge schneller, wenn ich ihm den Kopf abreiße. Das könnte ich für dich erledigen.« Tain hielt Zeigefinger und Daumen in die Höhe, als hielte er den Hals das Dämons dazwischen, und prompt kamen gurgelnde Laute von Kemmerer.
»Ja, schön wär’s!«, stimmte Samantha zu.
»Ich kann auch alle hier im Raum umbringen«, meinte Tain mit einer Ruhe, die weit unheimlicher war als sein Zorn. »Sie haben mir absichtlich diese Kraft verliehen, und nun bin ich so mächtig, dass sie gar nicht mehr wissen, was sie mit mir anfangen sollen. Was würden sie tun, wenn ich außer Kon-trolle gerate?«
Samantha hatte keine Ahnung, wovon er redete, und sie war auch nicht sicher, ob sie es wissen wollte.
»Soll ich es einmal ausprobieren?«, fragte Tain leise, als würde er zu sich selbst sprechen. Kemmerer stieg höher an der Wand und sah mit stummem Entsetzen zu Samantha.
Diese blickte Tain an, dessen Augen so blau waren wie das Meer unter dem Sommerhimmel. Oberflächlich wirkte er ruhig, beinahe gelassen, und dennoch spürte sie darunter einen wilden, brodelnden Schmerz, der größer als alles war, was sie sich je vorstellen konnte. Offenbar wollte er ihr vermitteln, was er durchmachte, ihr einen Hauch jener Angst zeigen, die jede auch nur denkbare bei weitem überragte.
Etwas Schrecklicheres hatte Samantha noch nicht gesehen, und ihr fiel nur eines ein, was sie tun konnte: Sie nahm ihr Handy
aus der Tasche und klappte es auf.
»Wen willst du herrufen?«, fragte Tain mäßig interessiert. »Deine Scharfschützen?«
»Nein«, antwortete sie, den Daumen über der letzten Taste. »Ich rufe Leda an. Einen Knopfdruck noch, und die Verbindung steht.«
Tain sah sie eine Weile schweigend an. »Ach, Samantha, du spielst unfair!«
»Gegen Unsterbliche? Das habe ich auf die harte Tour gelernt.«
Die wilde Magie nahm ein klein wenig ab, und sein Blick wurde klarer. »Steck das Telefon weg, und ich komme mit dir nach draußen. Nur mit dir«, ergänzte er, als Logan sich aufrichtete. »Du bringst mich zu deinem Vater, damit ich ein Treffen mit der Matriarchin des Lamiah-Clans vereinbaren kann, dann komme ich mit.«
»Ein Treffen? Das klingt ja sehr zivilisiert. Dann willst du dort nicht einfach hereinplatzen wie hier?«
Tain warf einen verächtlichen Blick auf die Dämonen. »Das sind Würmer, die Menschen mit ihrer Magie manipulieren. Die Clans sind ein bisschen zivilisierter, und die Matriarchin wird mich anhören, auch wenn sonst nichts dabei herauskommt.«
»Ich sehe, was ich tun kann«, entgegnete Samantha vorsichtig.
»Gut, ich nehme dich beim Wort. Wir gehen jetzt hinaus, und du bringst mich an den Polizisten vorbei.«
»Sie lassen dich nicht einfach laufen. Sie wollen dich verhaften.«
»Sag ihm doch nicht so etwas«, zischte Logan. »Ich werde auf keinen Fall ruhig mitansehen, wie er dich als Geisel nimmt!«
»Sie verhaften mich nicht«, widersprach Tain. »Sie werden mich komplett vergessen. Was dein Partner und dein Lieutenant mit den Dämonen anfangen, ist ihre Sache.«
Samantha klappte ihr Handy zu. »Okay«, murmelte sie wenig überzeugt.
Dann stand Tain auf, kam zu ihr und legte eine Hand auf ihre Schulter. Auf die Dämonen achtete er gar nicht mehr, und Samantha fragte sich, ob er sie einfach herunterfallen lassen oder sich umdrehen und alle töten würde wie die beiden in Merricks Club. Deutlich fühlte sie die Anspannung in ihm, die rasende Wut, die er nur mit größter Mühe zurückhielt.
»Was ist passiert?«, flüsterte sie ihm zu.
»Geh!«
Samantha schritt mit ihm an Logan vorbei und durch den dunklen Eingangsbereich des Clubs zur Vordertür. »Was ist mit den Dämonen?«
»Sie bleiben, wo sie sind. Logan wird seinen Spaß daran haben, sie zu verhaften. Der Wolf in ihm will den Clubbesitzer für das zerreißen, was mit Nadia passiert ist.«
»Kannst du Logans Gedanken lesen?«, fragte Samantha, ohne stehen zu bleiben.
»Das muss ich gar nicht.«
Wieder einmal wusste sie nicht recht, wie sie seine Worte deuten sollte. Sie stieg über die Dämonen hinweg, die vor dem Eingang lagen, und ging in den schwülwarmen Morgen hinaus.
»Nicht schießen!«, rief sie den Uniformierten zu und hob beide Hände. »Ich bringe ihn raus.«
Die Polizisten behielten ihre Waffen im Anschlag, und als Samantha mit
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