Dunkle Gefährtin
Tain an ihnen vorbeiging, bemerkte sie einen glasigen
Ausdruck in ihren Augen. Sie richteten ihre Pistolen weiter auf den Clubeingang.
»Geh weiter«, sagte Tain zu Samantha, »sie nehmen uns nicht wahr.«
»Was hast du gemacht?«
»Ein ganz simpler Zauber. Sie werden sich erinnern, dass sie hergekommen sind, um den Dämonenfürsten festzunehmen, und Logan wird – wie ihr so hübsch sagt – die Lorbeeren einstreichen.«
»Und was machen wir?«
»Wir reden mit deinem Vater.«
Ohne dass einer der Polizisten sie überhaupt zu sehen schien, schritten sie an ihnen und den Streifenwagen vorbei. Dahinter war alles relativ ruhig, weil die Leute entweder beobachteten, was die Polizei tat, oder sich lieber auf Abstand hielten.
»Wie sollen wir zu ihm kommen?«, fragte Samantha, die so fröstelte, dass sie die Zähne zusammenbeißen musste, damit sie nicht klapperten. »Mein Wagen steht zu Hause, und ich kann nicht mit Logans wegfahren.«
»Das macht nichts«, entgegnete Tain, dessen Hand auf ihrer Schulter sich sehr warm anfühlte. »Wir nehmen den Bus.«
Sie entschieden sich für ein Taxi. Es hatte etwas Unwirkliches, neben Tain auf der dunklen Rückbank zu sitzen, während der Fahrer sie über die Autobahn nach Pasadena kutschierte.
Wie schon gestern Abend in ihrem Wagen saß Tain wieder nahe genug, dass Samantha seine Wärme fühlte und den Duft der Nacht einatmete, der an seinem Staubmantel haftete. Seine intensive Lebensmagie könnte sie direkt aus dem Taxi schleudern, falls sie es zuließ. Sie wunderte sich, dass der Fahrer nichts zu bemerken schien.
»Warum bist du mit mir aus dem Club gekommen?«, fragte sie leise.
»Ich war dort fertig.«
»Wieso bist du überhaupt hingegangen?«
Tain sah aus dem Fenster, so dass die vorbeifliegenden Lichter gelblich-weiße Streifen auf sein Gesicht malten. »Der Club liegt am nächsten an der Gasse, in der ich Nadia fand. Ich fragte mich, warum diejenigen, die sie entführten, sie gerade an dieser Stelle freigelassen hatten, und da dachte ich mir, dass sie Nadia wahrscheinlich ganz in der Nähe aufgegriffen haben.«
»Nicht schlecht!«, sagte Samantha anerkennend. »Sicher wird Logan den Clubbesitzer mit Freuden verhören. Was mit Nadia passiert ist, macht ihn richtig wütend.«
»Mich auch.«
Das ist das Problem, wenn man bei der paranormalen Polizei ist
, dachte Samantha.
Manchmal verlangt unsere wahre Natur nach rascher, endgültiger Bestrafung, aber wir müssen uns an die Gesetze halten. Leute wie Tain hingegen stehen über dem Gesetz.
Das Taxi setzte sie an der Einfahrt von Samanthas Elternhaus in Pasadena ab. Es war eine ruhige Gegend, in der nichts mehr an das letzte Jahr erinnerte, als hier alles von Dämonengangs überrannt worden war. Die Blumen ihrer Mutter wuchsen unbehelligt im Vorgarten, der vom ersten Tageslicht beschienen wurde, und das verputzte Haus mit dem Ziegeldach und den kleinen Fenstern sah friedlich und einladend aus.
Inzwischen wohnte Samanthas Vater ganz bei ihrer Mutter. Lange Zeit hatte Samantha ihn gehasst, denn sie war fest überzeugt, dass er ihre Mutter verführt und ausgenutzt hatte, wie es Dämonen eben taten.
Aber dann begriff sie, dass er ihre Mutter Joanne wirklich liebte und zu ihr zurückgekehrt war, als sie beide dachten, dass Samantha bereit war, ihn als Vater zu akzeptieren. Zunächst war sie misstrauisch und zornig gewesen, aber als ihre Mutter im vorigen Jahr verschwand, wurde ihr klar, wie sehr Fulton seine Frau liebte. Gemeinsam suchten sie Joanne, und als sie sie schließlich fanden, wurde Samantha Zeugin der Umarmung ihrer Eltern – der zweier Liebender, die gefürchtet hatten, sich nie wiederzusehen.
Das letzte Jahr war schwierig gewesen, doch schrittweise hatte Samantha den Mann kennengelernt, der ihr Vater war, und er lernte, sie zu verstehen. Joanne war überglücklich gewesen, und allein um ihretwillen bemühte Samantha sich.
Auf ihr Klopfen hin öffnete Fulton, der freudig überrascht schien, sie zu sehen. Er war ein männlicher Dämon, der das Aussehen eines etwa Fünfunddreißigjährigen angenommen hatte, auch wenn Samantha wusste, dass er über hundert Jahre alt war. Seine Wahlgestalt war gutaussehend, dunkelhaarig und hatte braune Augen.
»Deine Mutter ist gerade einkaufen, während ich das Frühstück mache«, erzählte er, als sie ins Haus traten. Er nahm einen Pfannenspatel auf, den er auf dem Dielentisch abgelegt hatte, und ging wieder in die Küche. »Ich versuche mich gerade an
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