Dunkle Gefährtin
langsam auf den Eingang der Schlucht
zu. Tain folgte ihm.
Immer noch herrschte um sie herum vollkommene Ruhe. Weder von Miss Townsend noch von sonst jemandem war etwas zu hören. Im Gehen spürte Tain, wie das magiefeindliche Feld schwächer wurde, und sobald sie aus den Felsen hervortraten, wehte eine kühle Wüstenbrise über ihn hinweg.
Der Wolf trottete weiter die unbefestigte staubige Straße entlang, an der Ed und Vonda Tain abgesetzt hatten. Dann bog er seitlich ab und führte Tain über eine kleine Anhöhe zu einem anderen Weg, der kaum mehr als eine schmale Furt im Wüstenboden darstellte. Hinter dichtem Gestrüpp am Rand des Pfads stand ein Motorrad, dessen Harley-Davidson-Schriftzug im Mondschein aufleuchtete, als Tain die Maschine aus den Büschen schob.
Gleich darauf verlängerte sich der Wolfskörper, stellte sich auf die Hinterbeine und veränderte seine Konturen, bis sie sich in die eines Mannes wandelten. Tain wandte sich ab, damit Logan sich anziehen konnte, obschon er, wie die meisten Gestaltwandler, keinerlei Scham ob seiner Nacktheit zeigte.
»Ich habe deinen Anruf abgehört«, erklärte Logan, während er sich sein T-Shirt überzog. »Wieso sollte ich Samantha nichts sagen?«
»Weil sie darauf bestanden hätte mitzukommen.«
Logan grinste. »Stimmt. Hartnäckig ist gar kein Ausdruck für sie. Es gefällt ihr auch nie, dass ich mir die Sache gern erst einmal allein ansehe, wenn starke Magie im Spiel ist.«
»Nein, wohl nicht.« Tain lächelte, als er sich ausmalte, wie wütend sie sein würde, wenn sie erfuhr, dass sie beide ohne sie hergekommen waren. »Trotzdem beschützt du sie.«
Logan zuckte nur mit den Schultern. »Ich bin ein Wolf. Ich kümmere mich gern um meine Freunde.«
Das allein war es nicht, vermutete Tain, und auch ohne nachzufragen, wusste er spätestens jetzt mit Sicherheit, dass Logan einen sehr hohen Rang in seinem Rudel bekleidete, denn je näher ein Wolf dem Leittier war, umso ausgeprägter war sein Schutzinstinkt.
»Sowie du im Canyon verschwunden bist, habe ich Wolfsgestalt angenommen, um deiner Fährte zu folgen«, sagte Logan. »Dann erwischte mich das Energiezentrum, und ich konnte meine Gestalt nicht mehr ändern.«
»Das ist also ein Energiezentrum?« Tain blickte sich zu dem Felskamm um, hinter dem die Schlucht lag.
»Hier, mitten in der Wüste, gibt es viele davon. Energie und Magie sammeln sich an diesen Stellen, werden quasi zusammengewirbelt. An manchen verstärkt sich dadurch die Magie, an anderen wird sie plattgedrückt. Ein so magieunterdrückendes Zentrum wie das hier habe ich allerdings noch nicht gesehen.«
»Du kennst dich hier draußen anscheinend gut aus.«
»Ich bin Motorradfahrer, das heißt, ich kurve auch dort herum, wo andere nicht hinfahren.«
»Die Townsend ist von irgendetwas besessen, und das schien das Energiezentrum nicht zu unterdrücken.«
»Tja, diese Leute von ›No More Nightmares‹ sind auf jeden Fall schräg.«
Tain lehnte sich an das Motorrad, während Logan sich seine Jeans und die Stiefel anzog. »Du bist aber auch außergewöhnlich.«
Abrupt richtete Logan sich auf. »Ach, und das von dir!«
»Inzwischen dürftest du so gut wie alles über mich wissen«, erwiderte Tain. »Was Samantha dir nicht gesagt hat, hast du sicher von meinem Bruder gehört. Wohingegen niemand Näheres über dich weiß. Ich schätze, du warst als Rudelführer vorgesehen.«
Logans Augen funkelten. »Wie kommst du auf diese Idee?«
»Ein Alphatier verlässt sein Rudel nicht. Eher kämpft es bis zum Tod, bevor es geht. Ein Wolf an zweiter Stelle der Rudelordnung geht sehr wohl, vor allem wenn er von seinem Rudel geächtet wird. Dann muss er verschwinden.«
Logan wandte das Gesicht zum Mond, so dass seine braunen Augen in dem weißen Licht glitzerten. »Das Rudel ist nicht mehr Teil meines Lebens. Ich habe meine Entscheidung getroffen.«
»Haben sie dir die Entscheidung aufgezwungen?«
Auch wenn Tain neugierig war, wusste er besser als manch anderer, wann man die Vergangenheit in Ruhe lassen sollte. »Wenn du mir versprichst, dass der Grund keine Gefahr für Samantha darstellt, reicht mir das.«
»Wer spielt hier jetzt den Beschützer – du oder ich?«
»Sie ist es wert, beschützt zu werden.«
Logan kniff die Augen ein wenig zusammen. »Sie lässt sich ziemlich weit auf dich ein. Tu mir einen Gefallen, und brich ihr nicht das Herz! Falls ich dich zusammenschlagen muss, werde ich es tun, auch wenn ich fast glaube, dass es kein fairer
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