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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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im Matsch. Wenn wir sie rauszogen und wieder reintraten, machte das ein Geräusch wie ein Riesenbaby, das versuchte, an einer Brust zu saugen, aus der nichts rauskommt, und wir wurden ziemlich schnell müde.
    Immerhin konnten wir die Sterne sehen und uns nach ihnen richten, was aber eigentlich gar nicht nötig war, denn wir mussten ja nur dem Fluss folgen, dann würden wir die Hütte schon finden. Allerdings konnten wir nicht immer geradeaus laufen, wegen dem ganzen Dornengestrüpp, das hier wuchs. Ab und an kamen wir vom Weg ab und merkten es erst, wenn wir schon ein ganzes Stück vom Fluss entfernt waren. Also schauten wir doch nach den Sternen, wann immer es möglich war. Nur um uns zu vergewissern, dass wir in die richtige Richtung gingen.
    Nach einer halben Ewigkeit erreichten wir einen kleinen Baum, der ganz allein für sich mitten im Sumpfland gewachsen war. Immerhin war er groß genug, sodass wir uns dagegenlehnen und einwenig ausruhen konnten. Während wir uns unterhielten, traten wir uns am Stamm den Dreck von den Absätzen.
    »Ich hab dich angelogen«, sagte Terry.
    »Weswegen?«
    »Von wegen, ich wäre keine Schwuchtel. Ich wollte dir erzählen, dass ich es toll fand, May Lynn nackt zu sehen, aber das stimmt nicht. Ich wollte dich nicht anlügen, aber ich wollte auch nicht, dass du denkst, dass ich bin, wie ich bin. Als Freund muss ich dir aber die Wahrheit sagen.«
    »Terry, das ist mir egal.«
    »Wirklich?«
    »Ich weiß doch, wie du zu mir bist, und darauf kommt’s an. Du bist supernett zu Jinx, und du machst dir auch am meisten Gedanken um May Lynns Hollywoodträume, und da haben Jinx und ich uns nicht eben mit Ruhm bekleckert. Ich bin stolz auf dich und darauf, dass wir befreundet sind. Du und Jinx, ihr seid meine besten Freunde.«
    »Ein farbiges Mädchen und ein Schwuler«, sagte er. »Da verkehrst du aber mit merkwürdigen Leuten.«
    »Das einzig Merkwürdige daran sind die Leute, die das merkwürdig finden.«
    »Du denkst also nicht schlecht von mir, weil ich dich angelogen hab, von wegen ich fände May Lynn klasse.«
    »Nein. Auch wenn du nicht auf Jungs stehen würdest, würde es mir schwerfallen, dich nicht zu mögen, weißt du, so wie das zwischen Mädchen und Jungs eben ist. Ich kenn keinen, der auch nur halb so gut aussieht wie du und so nett ist.«
    »Na ja, wenn ich nicht so wäre, wie ich bin, wäre ich auch bestimmt an dir interessiert, so wie das zwischen Mädchen und Jungs eben ist.« Er zögerte einen Moment, und als er weitersprach, klang er so ernsthaft wie ein Herzanfall. »Aber so richtig nett bin ich gar nicht. Das kannst du mir glauben.«
    »Wie süß. Natürlich bist du nett! Und du bist ganz bestimmt keine Memme. Auch wenn du auf Jungs stehst. Du weißt schon, wie man sich durchbeißt. Musst du ja auch.«
    »Danke«, sagte er, wandte den Blick ab und schaute in die Finsternis hinaus. »Da gibt es noch so manches, was ich dir erzählen muss. Irgendwann.«
    Ich wusste nicht, was er damit meinte, und da wir noch einiges vorhatten, hakte ich nicht nach. Wir mussten weiter. Blitze zuckten über den Himmel, und weit weg grollte Donner. Wir sahen uns an und stapften los. Allerdings stellte sich heraus, dass das Fehlalarm gewesen war – es gewitterte zwar weiterhin, aber zum Regnen kam es nicht.
    Gegen Morgen zog Nebel auf. Er war so weiß wie Baumwolle und so dicht wie eine Winterwolke. Das Licht der Taschenlampe prallte von ihm ab. Weder Frösche noch Grillen waren zu hören, was irgendwie seltsam war, und außer unseren Füßen, die durch den tiefen Schlamm stapften, war es totenstill. Wir fühlten uns ziemlich einsam hier draußen.
    Und weiter ging’s, bis im Osten ein Blitz den Himmel spaltete, ganz unten so rosafarben wie eine Rosenblüte, weiter oben hell und goldfarben. Wir konnten ihn über den Nebel hinweg sehen, und ab und an war alles so hell erleuchtet, dass wir sogar durch den Nebel durchschauen konnten. Dann wurde es allmählich wärmer, und der Nebel schmolz wie Eiscreme. Terry schaltete die Taschenlampe aus und steckte sie in seinen Jutebeutel.
    Es war schon taghell, als eine fünf Fuß lange Klapperschlange direkt vor uns durch das Gras glitt. Wir blieben stehen und glotzten ihr nach und setzten uns dann wieder in Bewegung. Große weiße Vögel flogen vom Fluss auf, und einer von ihnen segelte mit einem Fisch im Schnabel über uns weg. »Vielleicht ist das ein gutes Omen«, sagte Terry.
    »Der Fisch sieht das bestimmt anders«, erwiderte ich.
    Bald stand die

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