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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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euch auf die Socken.«
    Es dauerte nicht lange, da wurde das Wasser so tief, dass die Stangen uns nicht mehr weiterhalfen. Also blieb uns nur noch das Ruder und die beiden Paddel, mit denen ich und Terry links und rechts am Rand vom Floß knieten. Inzwischen hatten wir einen ziemlichen Zahn drauf, und lange Zeit konnten wir nirgendwo eine brauchbare Anlegestelle entdecken. Schließlich tauchte vor uns eine Sandbank auf, und wir ließen uns von der Strömung daraufzutreiben.
    Terry rammte das hintere Ende seines Paddels in den weichen, feuchten Sand und band das Floß daran fest. Reverend Joy rührte sich noch immer nicht, hielt aber weiterhin die Pistole fest umklammert. Mama saß neben ihm, eine Hand um seine Schulter gelegt. Er hätte genauso gut auf dem Mars sein können, wo ihm ein neunäugiger Krake die Haare kämmte, mitgekriegt hätte er davon nichts.
    »Geben Sie mir die Pistole«, sagte ich. Ich musste es mehrmals wiederholen, bevor er mich auch nur ansah. »Sie haben die Pistole von Constable Sy, und die brauchen wir vielleicht.«
    Reverend Joy kehrte unvermittelt vom Mars zurück, aber seine Stimme klang noch immer, als käme sie von weit, weit her. »Haben wir nicht schon genug angerichtet?«
    »Lass gut sein, Jack«, sagte Mama. »Gib ihr die Pistole. Nur zur Sicherheit.«
    Der Reverend brauchte eine ganze Weile, bis er begriff, dass er die Pistole in der Hand hatte, aber schließlich gab er sie mir. Es war eine kleine Pistole, und ich steckte sie in eine meiner Hosentaschen. Reverend Joy senkte den Kopf, als wäre er ihm zu schwer. »Möge der Herr mit euch sein.«
    »Es ist ein ganzes Stück bis zu der Hütte«, sagte ich. »Zu Fußdauert das viel länger als auf dem Fluss. Es ist bestimmt Tag, bevor wir wieder umkehren. Wenn wir können, bringen wir auch was zu essen mit. Ihr wartet hier. Jinx, wenn wir bis morgen Abend nicht wieder da sind, müsst ihr von hier verschwinden.«
    »In Ordnung«, sagte Jinx.
    »Du hättest wenigstens ein bisschen zögern können«, sagte Terry.
    »Ich weiß, wenn ich einen guten Plan höre«, erwiderte Jinx.
    »Ohne euch können wir nicht weiterfahren«, sagte Mama.
    »Doch, ich glaube schon«, sagte Jinx. »Wir kommen auch zu zweit mit dem Floß klar, Mrs. Wilson.«
    »Das habe ich nicht gemeint. Ich will einfach nicht ohne sie von hier weg.«
    »Das hab ich schon begriffen. Aber uns bleibt nichts anderes übrig. Es bringt nichts, hier zu warten, bis der einäugige Sy uns einholt.«
    »Ich und Terry kommen schon wieder zurück«, sagte ich zu Mama. »Mach dir keine Sorgen. Und selbst wenn ihr ohne uns weiterfahrt, heißt das nicht, dass wir nicht irgendwann nachkommen. Wir schlagen uns dann eben so nach Gladewater durch und treffen uns dort.«
    »Vielleicht sollte ich besser mit euch gehen.«
    »Das ist nicht nötig. Dir geht’s zwar besser, aber dir fehlt die Kraft, um mit uns mitzuhalten. Ich und Terry kommen ohne dich schneller vorwärts.«
    Als der Reverend die Hütte auf dem Floß gebaut hatte, hatten wir ein paar unserer Sachen darin verstaut, nur für den Fall, dass wir überstürzt aufbrechen mussten. Wie sich herausstellte, war das äußerst klug gewesen. Bei den Sachen war auch eine Taschenlampe. Außerdem etwas Zwirn und ein paar Lumpen, Streichhölzer, Jutebeutel, ein Taschenmesser und mehrere Sardinenbüchsen, die wir jetzt öffneten und mit den Fingern leeraßen. Dann nahmen wir die Taschenlampe und machten uns auf den Weg.
    Wir stapften über die Sandbank zum Ufer rüber, was ziemlich anstrengend war. Schließlich mussten wir uns an feuchte Wurzeln klammern und dran raufziehn. Am Ufer wuchsen eine Menge Bäume, die nicht so viel Sternenlicht durchließen wie auf dem Wasser, weil die Stämme dicht beieinanderstanden. Da mussten wir erst mal durch, also arbeiteten wir uns vorwärts, bis wir am Rand eines Sumpfgebiets rauskamen, das sich über einige Meilen erstreckte. Ohne die vielen Bäume konnten wir besser sehen, aber wir kamen trotzdem nur schwer voran. Links von uns war ein Waldsaum, der wie eine Schattenmauer aufragte. Rechts von uns sah es nicht viel anders aus, nur mit ein paar lichten Stellen, wo die Böschung zum Wasser hin abfiel. Stehen konnte man da aber auch nicht richtig, geschweige denn laufen. Eine Weile hielten wir uns so dicht am Fluss, dass wir ihn riechen und das Wasser gluckern hören konnten, aber dann mussten wir ein ganzes Stück Sumpfland umgehen, wobei wir dem abgelegenen Waldsaum immer näher kamen. Unsere Füße versanken tief

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