Dunkle Gewaesser
atmend vor und zurück und starrte uns aus wässrigen Augen an.
»Jetzt wischt das Blut von meinem Boden auf«, sagte sie. »Ich hab dem Jungen einen Gefallen getan, also könnt ihr mir auch einen Gefallen tun. Ihr seid mir was schuldig.«
»Sie sind wirklich ’ne Nummer«, sagte Mama kopfschüttelnd.
Ich sah erst Terry an, dann die alte Frau. »Wir legen ihn in ihr Bett, und da bleibt er auch, bis es ihm so gut geht, dass wir weiterkönnen. Die nächsten Tage werden Sie wohl in dem Stuhl schlafen müssen. Ich hoffe nur, dass er sich in Ihrem Bett nicht irgendwas holt oder dass von Ihrer Gemeinheit was auf ihn abfärbt.«
Die alte Frau rümpfte die Nase, schloss die Augen, lehnte sich zurück und fing wie wild an zu schaukeln.
Wir gingen raus zum Brunnen und holten Wasser, um aufzuwischen. Der ganze Boden war voller Blut, und auch wir hatten einiges abbekommen. Mama machte Wasser heiß und wusch unsere Kleider, während wir alle, in die Decken der alten Frau gewickelt, herumstanden. Mama half der Alten sogar dabei, sich umzuziehen und ein wenig zu waschen, wozu sie sich allerdings ins Schlafzimmer zurückzogen. Wir schrubbten unterdessen den Boden, rollten den blutigen Teppich zusammen, auf dem Terry operiert worden war, und legten ihn zur Seite.
Schließlich entdeckten wir eine Flasche Whisky und gossen was davon über Terrys Stumpf, damit er sich nicht entzündete. Die alte Frau hatte auch Aspirin, also gaben wir ihm ein paar Tabletten. Er war noch immer ziemlich weg vom Fenster, und ich bezweifle, dass er groß was mitbekommen hat. Nachdem Mama ihm frisch gewaschene und getrocknete Kleider angezogen hatte, trugen wir ihn ins Schlafzimmer, legten ihn aufs Bett, schoben ihm ein paar Kissen in den Rücken und deckten ihn mit einer dünnen Decke zu.
Ich holte mir einen Lumpen, ging wieder ins andere Zimmer rüber, nahm Terrys Arm, tat ihn in die Kiste mit den Sägen undklappte den Deckel zu. Die Kiste stellte ich auf den Kaminsims. Ich wusste nicht, was ich sonst damit tun sollte.
Dann ging ich rein zu Terry und setzte mich für eine Weile auf einen Stuhl neben das Bett, bis Jinx mich ablöste.
Draußen im anderen Zimmer saß die alte Frau noch immer in ihrem Schaukelstuhl. Mama brachte ihr ein paar Kissen, damit sie es bequemer hatte, holte dann eine Decke und legte sie ihr über die Knie. Die alte Frau war jetzt gewaschen, trug aber immer noch ihre alberne Haube, auf der Blutflecken waren. Sie schaukelte und starrte ins Feuer, das im Kamin brannte.
Mama hatte vor der Haustür Löwenzahnblätter gesammelt und kochte sie in einem der großen schwarzen Töpfe auf dem Feuer. Sie entdeckte eine Flasche mit Essig, etwas Salz und schwarzen Pfeffer und tat damit ihr Möglichstes.
Während sie kochte, brach die Nacht herein. Ich ging zur Tür und vergewisserte mich, dass sie verriegelt war. An den Fenstern waren innen Klappläden befestigt. Ich schloss sie alle und hakte die Riegel ein.
»An ein paar von den Fenstern sind Fliegengitter«, sagte die alte Frau. »Da könntest du die Läden auflassen. Dann wär’s kühler.«
Ich antwortete ihr nicht. Mir wäre kühle Luft auch lieber gewesen, aber mir war Skunk wieder eingefallen. Für eine ganze Weile hatte ich jeden Gedanken an ihn verdrängt, aber jetzt ging er mir nicht mehr aus dem Kopf.
Ich brachte Jinx eine Schüssel gekochtes Unkraut und holte mir dann selbst was davon. Dann setzte ich mich neben Mama und dem Schaukelstuhl auf den Boden. Die Alte schmatzte beim Essen so laut, dass ein Schwein beschämt das Zimmer verlassen hätte. Aber wir konnten nicht von hier weg; wir mussten das aushalten. Also hockten wir da und aßen. Es schmeckte gut. Andererseits hätte in dem Moment alles, bei dem uns nicht die Zähne abgebrochen wären, gut geschmeckt.
Als die alte Frau fertig war, gab sie mir ihre Schüssel, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände über dem Bauch. »Ich hab nicht immer so gelebt. Früher hatten wir Geld von der Baumwolle. Und Sklaven. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Ich war, mal überlegen … zehn Jahre alt, als der Krieg zwischen den Staaten sein unglückliches Ende fand. Als es mit der Baumwolle nicht mehr so lief, haben wir Mais angepflanzt, und eine Weile hielten wir uns gut. Dann passierte dies und das, und nach ein paar heißen Jahren, in denen es nicht genug regnete, waren wir in einem Loch, aus dem wir nicht mehr rauskamen. Daddy hatte irgendwann genug und erschoss sich. Mama ist mit irgendwem weggerannt, und meine
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