Dunkle Gier: Roman (German Edition)
umflogen den Baum, um einen Platz zu suchen. Zuerst dachte Marguarita, sie seien der Früchte des Baumes wegen hier, doch sie fraßen nicht. Mehr und mehr ließen sich auf Zweigen und Ästen nieder, hängten sich kopfüber mit gefalteten Flügeln hin und beobachteten sie aus glitzernden kleinen Augen.
Ein Frösteln durchlief Marguarita. War sie vor Zacarias geflohen, nur um in ein Vampirnest zu geraten? Sie wusste, dass Untote Fledermäuse und Insekten bisweilen als Marionetten benutzten. Sie wich langsam von dem Baum zurück und wäre dabei fast über einen verrottenden Stamm gefallen. Termiten strömten aus dem Holz. Marguarita presste die Lippen zusammen und verbot sich, in Panik zu geraten. Sie musste nachdenken – eine Entscheidung fällen –, und beides konnte sie nicht, wenn sie hier zusammenbrach.
Sie blickte zu den Fledermäusen auf, versuchte sehr behutsam, sie zu erreichen, und sandte ihnen einen Gruß zu. Dabei achtete sie darauf, sie nicht zu sehr zu bedrängen. Ihre Berührung war nur ganz leicht, aber es gelang ihr, geistig mit ihnen in Kontakt zu treten. Sie hätte Böses spüren müssen, wenn sie von den Untoten befehligt würden, doch sie schienen ganz gewöhnliche Fledermäuse zu sein, die fressen mussten. Aber irgendetwas hatte sie aufgehalten, benutzt und ihnen etwas befohlen …
Er benutzte Insekten und Fledermäuse, um sie, Marguarita, im Auge zu behalten. Er wollte wissen, was sie vorhatte, und hatte Spione ausgesandt. Eine Idee fasste Fuß in Marguarita, und sie dachte über die Situation nach und versuchte, sie logisch zu betrachten. Vielleicht waren die Fledermäuse die falsche Art Spione, um sie gegen sie einzusetzen. Sie hatte ihren eigenen Draht zu Tieren und Insekten, und es war gut möglich, dass sie sie alle auf ihre Seite bringen konnte.
Marguarita blickte wieder zu den Fledermäusen auf, sandte ihnen eine weitere freundschaftliche Schwingung zu und drängte sie, sich keinen Zwang anzutun und zu fressen, wenn sie wollten. Sie versprach ihnen, langsamer zu gehen, damit sie ihr folgen und dennoch auf dem Weg noch fressen konnten. Einige der Fledermäuse schienen Früchte zu bevorzugen, andere Insekten. Zacarias hatte sogar Spezies vermischt. Sie lächelte die kleinen Kreaturen an und empfand das gleiche Gefühl der Verwandtschaft, das sich immer einstellte, wenn ihr Geist an den eines Tieres rührte. Mit Zacarias waren sie durch Furcht verbunden, sie jedoch schloss Freundschaft mit ihnen und brachte ihnen ein Verständnis entgegen, das gegenseitig war. Die meisten Tiere und sogar einige Insekten verstärkten die Beziehung, weil sie die tiefe Bindung zwischen ihnen spürten. Marguarita wollte diese Verwandtschaft auch zu den Fledermäusen aufbauen, die Zacarias gewählt hatte, um sie auszuspionieren.
Sie hielt die warmen Schwingungen und die Einladung zu fressen aufrecht. Eine Fledermaus ergriff die Initiative, vielleicht war sie hungriger als die anderen, aber sie flog zum nächsten Obstbaum und ließ sich darauf nieder, um Nahrung zu sich zu nehmen. Sofort war die Luft voller Fledermäuse. Viele wählten Früchte, andere jagten Insekten. Marguarita beging nicht den Fehler davonzueilen – das würde nur den Drang der Tiere verstärken, Zacarias’ Auftrag zu erfüllen. Sie war freudig erregt, als sie die Stelle fand, an der Julio und sie normalerweise das Kanu an Land zogen.
Überall war Wasser. Es tropfte von Bäumen, lief Hügel und Hänge herab und erzeugte Hunderte kleiner, in Kaskaden herabstürzender Wasserfälle. Auch auf dem Waldboden sammelte sich das Wasser in großen Pfützen, die alle irgendwann den Weg zum Amazonas finden würden. Sein Rauschen war allgegenwärtig – genau wie das unaufhörliche Summen der Insekten. Marguarita entfernte sich von dem lärmenden Wasser und hielt auf das Landesinnere zu.
Julio hatte Äste markiert – als Kinder hatten sie das ausprobiert, aber mit der Zeit war alles von Pflanzen überwuchert worden. Die Vegetation war so dicht, dass die Baumrinde darunter größtenteils verborgen war und es daher eigentlich keinen Sinn hatte, irgendetwas in einen Baum zu ritzen. Die Markierungen wurden immer schnell verdeckt. An den Bäumen hinauf krochen Lianen, die die Stämme als Treppen zu dem Licht über dem Blätterdacht benutzten. Farne vervollständigten die Vegetation, da auch sie sich in der Baumrinde einbetteten und an ihr zur Sonne hinaufkletterten.
Dicke Wurzeln schlängelten sich über den Waldboden und verankerten die hohen Bäume,
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