Dunkle Häfen - Band 1
Gespräch mit Lord Fayford, um den jungen Leuten die Gelegenheit zu geben, miteinander zu reden. Lady Elizabeth wirkte nervös. Eine hübsche Frau mit seelenvollen Augen und einem schüchternen Lächeln. Sie antwortete höflich und interessiert auf alle Fragen, die James ihr stellte. Doch lauerte hinter solcher Unschuld nicht auch etwas anderes? Würde sie bald eine verbitterte Hexe sein, die über ihren Ehemann höhnte, weil er versagt hatte? Versagt. Er hatte das Wort nie richtig gekannt, doch nun fürchtete er es plötzlich. Frauen waren wie Fallen, hinterhältig und grausam. Hinter ihrer Unschuld verbarg sich gewiss Gehässigkeit und Hass gegen das andere Geschlecht, wie ihn nur eine Frau haben konnte.
"Wenn Ihr mich entschuldigen würdet, Lady Elizabeth, ich muss für einen Moment fort", sagte er zu der verblüfften Lady.
Auf einmal konnte er es nicht mehr ertragen, hier zu sein. Unheilvolle Gefühle packten ihn und trieben ihn fort. Ohne sich von irgendjemand em zu verabschieden, verließ er den Saal.
"James!" Das war Lord Fayford. "Bleib stehen! Bist du verrückt geworden?"
Oh ja, das war James . Die Dämonen, die in ihm hausten, machten ihn verrückt. Er hörte nicht auf seinen Vater. Dessen Welt war leer und konnte ihm nicht helfen. Im Hof riss er einem Stallknecht die Zügel eines Pferdes aus der Hand, das gerade auf den Hof gebracht worden war. Er schwang sich hinauf und trieb das Pferd, das nicht ihm gehörte, an. In rasantem Galopp jagte er durch die Straßen und verfluchte diejenigen, die sich erdreisteten, ihm in den Weg zu geraten. Die Hufe krachten auf dem Pflaster. Das Pferd kam einmal ins Straucheln und bockte, als es wieder hochkam. Er trieb es weiter. Vor seinem Haus bremste er ab und warf einem Stallknecht, den der Lärm aus dem Stall gelockt hatte, die Zügel zu. Der Mann vermied es, seinem aufgebrachten Herrn in die Quere zu kommen und floh mit dem Pferd. Ein anderer Diener, der James beim Auskleiden helfen wollte und in ihm Haus empfing, hatte weniger Glück. Grob wurde er zur Seite gestoßen und rumpelte gegen ein Tischchen. Eine kostbare chinesische Vase zerschellte am Boden. James schimpfte den Diener einen Trottel und ließ ihn stehen. In seinem Zimmer riss er sich die Schuhe von den Füßen und schleuderte sie gegen die Wand. Es war ihm gleich, ob etwas kaputt ging. Sie hatten genug verdammtes Geld. Und er wollte jetzt etwas zerstören. Ein paar wertvolle Einrichtungsgegenstände mussten noch dran glauben, ehe er genug Krachen und Scheppern gehört hatte.
Als Lord Fayford eintraf, fand er ein Bild der Zerstörung vor. Er warf einen Blick auf das Jugendgemälde von James. Der kleine James darauf, der mit seinem Bruder im Gras saß, hatte eine von teurem Öl zerlaufene Hand , dort, wo ein Wurfgeschoss die Leinwand getroffen hatte. Der Lord rief einen Diener, der sich darum kümmern sollte, dass gerettet wurde, was noch zu retten war. Dann baute er sich vor James auf.
"Was hat das zu bedeuten?" Er war wütend.
James allerdings ebenfalls.
"Du hast Lady Elizabeth und ihren Vater gekränkt. Die Königin auch, du bist einfach verschwunden, dabei war das dein Empfang. Außerdem hast du Bolingbrokes Pferd gestohlen. Ich hatte Mühe, deine kindische Dummheit zu entschuldigen! Das war unverzeihlich, so einen Fehler kannst du dir nicht leisten!", schimpfte Lord Fayford.
"Es kommt noch schlimmer ", knurrte James. "Ich werde die Verlobung lösen."
"Was?!" , brüllte Lord Fayford erbost. "Du bist wohl von allen guten Geistern verlassen! Wage es ja nicht!"
"Meine Entscheidung steht fest. Du wirst nichts dagegen tun können. Es ist besser so, glaube mir."
"Wahnsinnig, das bist du!"
"Vermutlich, Vater. Aber vor allem habe ich versagt. Kapiert Ihr das? Versagt!"
Logbuch
Frühjahr 1704, Karibik
Ich habe auf der ganzen Linie versagt. Bess hatte mich einst davor gewarnt, doch ich glaubte, mir könne es nicht passieren. Aber nun sehen sie alle, dass ich eine Frau bin und noch dazu eine, die ihren Status eingebüßt hat. Ich habe den Panzer der Unberührbarkeit verloren, der meine Macht erhält. Für die Piraten bin ich jetzt Freiwild, mein Bauch ist ein Zeichen, dass ich mit einem Mann zusammen war. Sie achten mich nicht mehr als etwas über ihnen Stehendes. Ich sehe es in ihren Augen, diesen lauernden Augen, die mich überall hin verfolgen. Noch verhalten sie sich ruhig, etwas lässt sie zögern und ich weiß nicht was. Immer habe ich meine Pistole und meinen Säbel bei mir.
Bess war für
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