Dunkle Häfen - Band 1
durchtränkt. Ich kam dem Stein nicht zu nahe, er wirkte ideal, um Opfer darauf zu töten.
"Kein Schatz..." , meinte Edward enttäuscht.
"Nein ", stimmte ich zu. "Vielleicht weiter hinten in der Höhle."
Es ging noch ein Stück weiter in die Höhle, aber dort war nichts mehr. Ein Gang führte weiter ins Innere, er war aber zu klein für einen Menschen. Das Tier war wohl dort entlang entwischt. Enttäuschung durchflutete uns. Sollte es jemals einen Schatz gegeben haben, so war er weg. Jemand anderes war uns zuvorgekommen und hatte alles mitgenommen. So schnell wollten wir zwar die Hoffnung nicht aufgeben und suchten noch mal alles ab, gruben auch draußen und drinnen, aber es führte zu nichts. Man konnte nur noch Vermutungen anstellen, wem der Schatz gehört hatte. Den Eingeborenen oder dem vermuteten Piratenkapitän? Vielleicht hatte er auch nie existiert, was am wahrscheinlichsten war. Entmutigt und wütend machten wir uns auf den Rückweg. Mein Kopf war voll mit Bildern von den Knochen und meine Phantasie malte mir blutrünstige Szenen aus. Plötzlich schrie einer der Männer auf und fluchte.
"Verdammt, Käpt'n! Schau mal da unten!"
Auf der anderen Seite der Bucht lagen vier Schiffe, auf dem matt erleuc hteten Meer deutlich zu sehen.
"Die müssen Wind von der Sache bekommen haben!"
Wir sahen uns an.
"Lauft, Männer!" , befahl ich. "Wir müssen vor ihnen bei der Fate sein!"
Zum Glück ging der Weg nun bergab und wir kamen viel schneller voran. Bald keuchten alle, doch wir konnten uns keine Rast erlauben. Die Schiffe, die ab und zu wieder in Sicht kamen, hatten sich inzwischen in Bewegung gesetzt. Wenn wir Glück hatten, hatten sie hier nur frisches Wasser aufgenommen und verzogen sich wieder. Wenn wir Pech hatten, wussten sie von uns und suchten nun die Fate .
Natürlich war es letzteres. Auf einmal tauchten vor uns auf dem Pfad Soldaten auf. Englische Soldaten.
"Dieser Anblick ist zehnmal mehr wert als ein Schatz!"
Das war Fayford, wie hätte es auch anders sein können. Der Mann schien nicht halb so viel zu tun haben, wie er behauptete, wenn er noch die Zeit hatte, Kaperfahrer zu jagen, die inoffiziell auf seiner Seite standen. Notgedrungen blieben wir stehen, angesichts der Gewehrläufe, die auf uns gerichtet waren.
Fayford löste sich lächelnd aus seiner Gruppe und schlenderte auf uns zu.
"Tja, meine Liebe, da seid Ihr mal wieder reingefallen. Euer letzter Fluchtversuch war leider sinnlos."
Heute trug er nicht seine höfische Kleidung, sondern ein eher praktisches Justeaucorps mit schmaleren Manschetten, nichtsdestotrotz war es immer noch sehr verziert , albern in meinen Augen. Anstatt der schmalen Schuhe hatte er jetzt Stiefel an. Seine Männer waren ohne Ausnahme in Uniform. Er spielte mit seinen Handschuhen, als er uns beobachtete.
"So war es also eine Falle von Euch", wurde mir klar. "Der Kaperer, der Mann mit der Karte, alles gedungene Halunken?"
"W ie scharf Ihr doch denken könnt", meinte er betont gelangweilt. "Ihr hättet viel früher darauf kommen können. Aber ich habe eure Piratengier nicht überschätzt. Natürlich war es meine Initiative. Der Schatz ist übrigens schon lange weg, die Karte nur eine plumpe Fälschung, die euch zudem noch auf den längeren Weg geschickt hat. So konnten wir euch mühelos hier erwarten."
Jetzt trat Thomas vor.
"Was fällt euch Engländern eigentlich ein, uns hier aufzulauern?" , schnauzte er. "Wir haben einen Kaperbrief von der Königin."
Fayford rückte gemächlich sein en Dreispitz zurecht.
"Mag sein, dass du mich nicht wiedererkennst, ungebildeter Pirat, aber ich kann beweisen, dass ihr englische Schiffe überfallen habt, als Piraten. Auf dieses Verbrechen steht der Tod."
"Verdammt, das ist doch der kleine Engländer, der uns entwischt ist!"
"Ja genau." Er drehte sich zu seinen Männern um. "Legt an! Schade, dass ich euch einfach so abknallen muss, aber ihr seid eben plötzlich ausgerastet und habt uns angegriffen. Da mussten meine Leute natürlich schießen."
Ich stupste Thomas leicht an. Er nickte. Wenn wir jetzt nicht handelten, waren wir tot. Hinter dem Rücken gab er den anderen ein Zeichen. Gerade als Fayford die Hand hob, duckten wir uns und rannten los. Schüsse krachten und es gingen einige von uns zu Boden. Der Rest zerstreute sich so schnell es ging. Panisch hielt ich nach Edward Ausschau, konnte ihn aber nirgends entdecken. Thomas rannte neben mir. Als ich mich hastig umsah, stellte ich fest, dass Fayford uns verfolgte, mit
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