Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
Vom Netzwerk:
Mundwinkel verzog sich ein bisschen.
    "Ich weiß. Doch ich war es, der dich von Anfang an heruntermachen wollte. Es war... nein, es ist nicht mehr wichtig. Als du darum gekämpft hast, dich als Kapitän würdig zu erweisen, da habe ich erkannt, wie viel mehr in dir steckt als das dumme Mädchen, für das ich dich immer gehalten habe. Bess hat das Licht in dir gesehen."
    "In mir ist kein Licht. Es ist dunkel und ich habe Angst. Ich bin nicht tapfer…"
    "Ich denke, gerade die Angst zu überwinden erfordert Mut... Du hast dich der Gefahr gestellt und hast jemanden gerettet, den du hasst."
    "Ich hasse dich nicht."
    Er bewegte leicht den Kopf auf und ab.
    "Du vergibst also."
    "Was denn, was denn? Du hast alles tausend Mal wiedergutgemacht, jede Bemerkung gegen mich. Du hast mir das Leben gerettet."
    Tatsächlich war jede Abneigung gegen ihn erstorben und das nicht erst seit jetzt. In der langen Zeit, die wir zusammenlebten, war Achtung gewachsen. Nun schwiegen wir beide. Ich kämpfte mit den Gefühlen, die mich würgten und streichelte seinen Kopf. Thomas atmete kaum noch. Dann hob er zum Sprechen an.
    "Ich habe einen letzten Wunsch... Ich möchte nicht in diesem Dreck sterben. Bring mich nach draußen unter die Sterne, unter denen ich stets gesegelt bin."
    Ich unterdrückte ein Schluchzen, denn nun musste ich endgültig erkennen, dass er sterben würde. Vorsichtig zog ich ihn nach draußen, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass die Engländer fort waren.
    "Du wirst die E inzige sein, die um mich weint... ausgerechnet du."
    Diese Worte waren nicht als Herabsetzung gemeint. Über uns funkelten in überirdisches Licht getaucht die Sterne.
    "Ein unendliches Meer der Lichter..." , hauchte ich andächtig. "Jedes ist eine Seele."
    "Sag Anne, glaubst du an Gott?"
    Ich musste nicht lange nachdenken.
    "Ja ", sagte ich schlicht.
    "Denkst du, er verzeiht einem Piraten?"
    "Du hast es wieder gutgemacht, indem du einen Menschen gerettet hast, selbst wenn der es nicht wert war. Und du bereust. Ja, Gott verzeiht."
    In diesem Augenblick war ich wirklich davon überzeugt, ich glaubte sogar, dass ich in Gottes Augen nun vielleicht genug gesühnt hatte, wenn schon nicht in den Augen der Menschen.
    "Dann werde ich empfangen ", seufzte er. "Segne mich, Käpt'n!"
    "Ich bin kein Priester! Ich kann nicht!" , wehrte ich ab, doch dann gab ich nach.
    Es kann kein Fehler sein, einem Sterbenden diesen Wunsch zu gewähren. Ich sprach einen einfachen Segen aus, den ich kannte. Er entspannte sich sichtlich.
    "Du hast ein gutes Herz, Mädchen. Es ist schöner, in deinen Armen zu sterben, als ich es mir jemals erträumt hätte."
    Ich fühlte mich nicht mehr allein, als ich mit dort unter dem Nachthimmel saß, einen zu Tode Verwundeten auf dem Schoß. Es war eine Kraft um uns herum.
    "Deine Augen sind ganz grau, wenn du traurig bist", sagte er noch.
    Er starb, als die Sonne aufging, sein Atem hörte einfach auf. Ich saß neben ihm, dumpf und ohne etwas zu fühlen. Doch der Frieden, den ich gespürt hatte, solange er bei mir war, schwand immer mehr. Mir war, als tauche man mich in kaltes Wasser und eine pechschwarze Verzweiflung überkam mich. Schließlich schluchzte ich krampfhaft um einen Menschen, dessen Freun dschaft ich erst entdeckt hatte, als es zu spät war. Die Sonne streckte zaghaft ihre ersten Strahlen nach der Erde aus und berührte unsere kalte Haut. Die von Thomas würde nie wieder warm werden. Aber meine und ein weiteres Mal wurde mir klar, dass ich tatsächlich noch immer lebte. Ich konnte Thomas nicht beerdigen, dazu hatte ich kein Werkzeug. Und mit zur Fate konnte ich ihn auch nicht tragen. Er sollte wie ein Seemann in Meer ruhen. Also brachte ich seinen toten Leib zu einer Klippe, in meinem Hals steckte die ganze Zeit ein dicker Klumpen. Ein Tuch, um ihn einzuwickeln, hatte ich nicht und so musste ich ihn ohne ins Meer schicken. Mit einem lauten Platsch landete er im Wasser. Eine ganze Weile stand ich reglos da und starrte ins Wasser. Manchmal kommt der Tod so sanft, dass man ihn erst zu spät erkennt. So still und unmerklich. Die Trauer überfiel mich wieder und ich verließ die Klippe. Jetzt musste ich schnell zum Schiff zurück.
    Als ich nach einer Weile die Stelle erreichte, drang zuerst gar nichts durch meine Betäubung. Aber wie bei allem Schrecklichen kommt das Verstehen mit der Zeit. Das Schiff war weg. Langsam dämmerte mir dieser Satz. Sie waren ohne mich weggefahren. Eigentlich hätte ich es wissen müssen. Natürlich

Weitere Kostenlose Bücher