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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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sein?"
    William begann allmählich zu ahnen, welche Emotionen dort im Spiel waren und verstand Edward ein wenig mehr. Ramis strich unterdessen über seine Schulter.
    "Das ist alles so bitter ", meinte sie. "Ich glaube nicht, dass das Leben so weiter gehen kann, wie es alle immer sagen. Aber es muss, oder? Weine nur, mein Schatz, wenigstens haben wir noch uns."

Logbuch
     
    Dezember 1713, Karibik
    Die Welt scheint leer ohne Edward. Ich sehe keinen Sinn mehr, kann nie wieder glücklich sein. Ständig erwarte ich, ihn irgendwo auf der Fate zu sehen, alles erinnert mich an ihn. Ich glaube seine Stimme zu hören, aus jedem Eck flüstert sie, sein Lachen hallt in meinem Kopf. Noch immer verstehe ich nicht, warum er ging. Habe ich ihn erdrückt? Ich hätte ihm alles gegeben, ihm jeden Wunsch erfüllt, wenn er doch nur geblieben wäre. Ich tröste mich mit der Hoffnung, ihn wiederzusehen und mit dem Wissen, dass er auf demselben Meer segelt. Er ist ja nicht tot.
     
    März 1714, Karibik
    Nach Edwards Weggang nahm das Leben trotz meines Widerstandes seinen Lauf und irgendwann habe ich es akzeptiert, auch wenn er mir immer fehlen wird. Ich habe ihn gesucht, die Leute nach ihm gefragt, aber er scheint beinahe ein Phantom geworden zu sein. Ich fand ihn nicht, werde aber immer weiter suchen. Nachts träume ich oft von ihm, dass er wieder da ist, bei mir.
    Fast ein halbes Jahr ist seitdem vergangen und weit fort in Europa wird es wieder Frühling. In letzter Zeit gibt es wieder heftige Stürme, denen wir bis jetzt zum Glück entgangen sind. Nur heute mussten wir eine Insel aufsuchen, weil es sehr nach Sturm aussieht. Im Moment ist noch nichts davon zu merken und ich sitze im Schein einer Kerze in meinem Zelt. Draußen ist es stockdunkel und der Lichtschein wirft seltsame Schatten an die Wand. Vielleicht spürt das zitternde Feuer den Sturm besser als ich. Ich kann aber noch die Stimmen der Tiere hören, die seltsamen Laute erinnern mich an die Zeit auf der Insel. Wenn der Sturm beginnt, werden wir uns eine andere Bleibe suchen müssen, der Wind würde unsere Zelte fortblasen oder Bäume könnten auf uns stürzen. Ob man es glaubt oder nicht, auch fallende Kokosnüsse sind tödlich, wenn sie einen treffen.
    Doch eine andere Sache beschäftigt mich. Kurz bevor ich aufgewacht und aufgestanden bin, um frische Luft zu schnappen, hatte ich einen schrecklichen Traum. Eigentlich war er ganz und gar nicht schrecklich. Aber allein der Gedanke daran treibt mir die Scham esröte in die Wangen. Ich wollte es nicht aufschreiben, doch in meinen Gliedern liegt noch immer die Wärme der Zeit vor dem Gewitter. Es ist viel zu schwül draußen, dennoch schwitze ich nicht nur deswegen. In meinem Traum lag ich auf einer Wiese. In der Ferne grollte der Donner, schwarze Wolken ballten sich. Das Gras kitzelte meine bloße Haut, denn ich trug nichts am Leibe. Ich blinzelte träge, voller Erwartung. Er kam durch die Wiese, die ihm bis über die Hüfte reichte. Wie ich selbst war er nackt. Ich wage es kaum zu formulieren. Der Mann war Fayford. Oder… Nein, ich musste mich getäuscht haben, wenn ich einen wahnsinnigen Moment dachte, es sei mein Edward. Er kniete sich zu mir, seltsamerweise hatte ich keine Angst. Als er sich auf mich legte, reagierte mein Körper in einer Weise, die ich mir nicht hätte vorstellen können. Ich weiß nicht, was mich überkam, aber es war berauschend. Dann wachte ich auf. Ich war vollkommen verschwitzt und eine innere Hitze glühte in mir. Selbst jetzt kann ich ihren Nachklang noch spüren. Was passiert da mit mir?
     
    April 1714, Karibik
    Die Veränderungen der letzten Zeit, die auf der Fate stattgefunden haben, machen mich unruhig. Vor kurzem haben wir einige neue Mannschaftsmitglieder aufgenommen. Einige davon waren so jung! Ich kam mir plötzlich richtig abgebrüht vor, wie ein alter Hase. Wo ist die Zeit geblieben? Es ist fast dreizehn Jahre her, seit ich auf die Fate kam! Die Neuen starren mich heimlich an, fast mit einer Art Ehrfurcht. Was sie wohl sehen? Eine Frau um die Dreißig, auf deren Gesicht sich die ersten Falten zeigen? Der Blick, mit dem sie mich betrachten, ist mir neu, tatsächlich scheinen sie letztlich vor allem den Kapitän zu sehen, der über ihnen steht, unerreichbar. Und sie sind nur ein paar Jahre älter als William, so jung noch.
    Es war auch in diesem Monat, als ich eine Entdeckung machte, von der ich nicht weiß, ob sie mich erschrecken soll. Ich suchte nach Fanny, warum, ist mir entfallen.

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