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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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trugen eben schon von Geburt an ein Mal, das sie als Verdammte auswies. Und sie gehörte dazu.
     
    Nur Martha schmerzte das Herz, wenn ihr kleines Mädchen allein im großen Garten saß. Die wenigen Gleichaltrigen im Haus mieden es und lachten über es. Dieses Haus war kein liebevolles Zuhause. Ramis spielte auch ganz andere Spiele als ihre Altersgenossen. Die Handlung war stets verworren und voller Mord und Totschlag. Es mussten die Ereignisse der Vergangenheit sein, die sie beschäftigten. Ihre Erinnerungen schienen nur noch auf einer unbewussten Ebene vorhanden zu sein. Wenn sie schlief, hatte sie immer Alpträume und dann schlug sie um sich und schrie herzzerreißende, abgehackte Sätze in einer fremden Sprache. Es waren oft dieselben, wie Martha bald herausfand. Sie kannte die Sprache nicht. Zu gerne hätte sie Ramis in ihrer Qual geholfen, aber sie konnte nicht. Nicht einmal ihre Liebe war fähig, die schwarzen Abgründe des Grauens zu überwinden, welche das Mädchen von der Welt trennten oder die Unschuld wieder herzustellen, die Sir Edward ihr genommen hatte. Martha kannte ja nicht einmal ihre Vergangenheit. Es war unmöglich, an ihre Seele zu gelangen. Ramis nannte diese Verschlossenheit die Leere , die sie angeblich gegen alles abschirmte. Hier im Haus würde sie niemals Heilung finden. Wenn Martha jemanden außerhalb von London gekannt hätte, würde sie Ramis dorthin geschickt haben.
     
    Ramis strich sich über die schweißbedeckte Stirn. Sie fühlte sich ausgezehrt. Langsam stemmte sie sich an der Wand hoch. Ihr schwindelte, vor ihrem Kopf verschwamm alles. Am besten legte sie sich wieder hin. Sie hatte ihr Zimmer fast erreicht, als eine scharfe Stimme sie innehalten ließ.
    "Ramis-Göre! Komm her!"
    Es war Francis. Widerwillig blieb sie stehen.
    "Wo steckst du eigentlich die ganze Zeit? Glaubst du, du kannst einfach faulenzen? Ich habe eine Aufgabe für dich! Da, hier ist eine Botschaft für Lord Ashby. Bring sie ganz schnell vorbei. Und trödle nicht, du hast schon genug Zeit verloren."
    Das war natürlich wieder reine Schikane. Es gab reichlich Laufburschen, für die diese Arbeit bestimmt war. Und sie wusste nur vage, wo der Lord wohnte. Auf schwachen Beinen machte sie sich auf den Weg. Sie kam sich vor wie eine Schlafwandlerin, als sie die grauen Straßen Londons durchwanderte. Einmal mehr überwältigte sie die Menge an Menschen und herumstreunenden Hunden und Katzen, die sich aufeinander zu bewegten, sich zu einer Einheit zusammenschlossen, um anschließend wieder auseinanderzustreben. Sie ließ sich dahintreiben wie in der Strömung eines Flusses. Das machte sie abwesend, so dass sie nicht merkte, wie sie irgendwo in eine kleinere Gasse abgedrängt wurde. In einer Traumwelt gefangen, ging sie einfach geradeaus weiter, folgte unbewusst den Biegungen des Sträßchens.
    Schließlich schreckte sie auf und stellte fest, dass sie sich in einem völlig unbekannten Viertel befand. Entsetzt blickte sie zu den hohen Hausfassaden hinauf, die den Himmel über ihr begrenzten. Hier war keine Menschenseele mehr und es roch feucht, die Häuserwände nahmen das Tageslicht, machten den Ort düster. Ein einzelner, räudiger Hund mit gelbbraunem Fell schlich an ihr vorüber. Seine trüben Augen beobachteten sie misstrauisch, voller Feindseligkeit. Er hatte keine guten Erfahrungen mit Menschen gemacht.
    " Ich verstehe dich, kleines Tier", wisperte sie leise, aber selbst dieses Flüstern hörte sich laut an.
    Der Hund verschwand um eine Ecke. Jetzt war sie wirklich allein in dieser gottverlassenen Gegend und hatte sich verlaufen. Sie bekam den Eindruck, eines dieser streunenden Tiere zu sein, wie sie dort ziellos durch die dunklen Gassen huschte. Nur hatten die mehr Orientierung als sie. Ramis umrundete sorgsam ein e stinkende Dreckpfütze, als sie gegen jemanden stieß. Der beißende Geruch von billigem Fusel und Schweiß stieg ihr in die Nase. Sie sah hinauf in ein grinsendes Gesicht mit struppigem Bart, zu dem der schmutzige Körper gehörte, gegen den sie gelaufen war.
    "Na, wen hab'n wir denn da?" , spottete er. "Du kommst gerade recht. Und so schön sauber! Was hast du denn da für uns in deiner Hand?" Er lachte dröhnend und spähte auf die in schönem Papier eingepackte Botschaft, die sie fest in ihrer verschwitzten Hand hielt.
    "Da s ist doch sicher ein Geschenk für den guten alten Tom, oder?"
    Allein war er auch nicht, zwei weitere, ebenso heruntergekommene Rüpel standen hinter ihm. Der Mann von vorher

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