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Dunkle Häfen - Band 1

Dunkle Häfen - Band 1

Titel: Dunkle Häfen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elin Hirvi
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solche Stimmungen. Mühsam riss sie sich von dem Bild los und verließ das Zimmer.
    Auf dem Gang entdeckte sie eine offene Tür, von der sie glaubte, dass sie vorhin geschlossen gewesen war. Ihr schauderte. Gab es hier Geister, die Türen öffnen konnten? Sie schüttelte sich, wie um unsichtbare Hände von sich zu schleudern. Obwohl sie vor Angst und Aufregung zitterte, wusste sie, ihre Neugier würde gewinnen. Sie musste unbedingt in dieses Zimmer. Wenn sie einfach nicht an die Existenz von Geistern glaubte, würde sie sie auch nicht mehr sehen! Aber sie wären trotzdem noch da.
    "Es ist einfach hoffnungslos!" , schimpfte sie leise mit sich selbst.
    Ihre Stimme hallte schrecklich laut im Korridor, deshalb sagte sie danach nichts mehr. Auf Zehenspitzen schlich sie zur Tür. Kurz dachte sie daran, dass es normalerweise eine Beschäftigung von Kindern war, in alten Häusern nach Geheimnissen zu suchen. Jedoch war es auch für Erwachsene ein Abenteuer. Und für sie? War es ein Abenteuer oder bitterer Ernst? Sie konnte oft zwischen Ernst und Spaß die Grenze nicht sehen. Jetzt schien es ihr allerdings nicht wie ein Spaß. Trotzdem wunderte sie sich über ihre verschwitzten Hände und ihr rasendes Herz. Ich rege mich über das kleinste Bisschen auf. Aufgeregt spähte sie ins Zimmer. Im ersten Augenblick glaubte sie, ihr Herz würde vor Schreck stehen bleiben. Das Zimmer war sauber und völlig intakt! Nirgends hingen Spinnweben oder hatte Staub sich der Möbel bemächtigt. Außerdem war das Zimmer erleuchtet. Jemand wohnte noch hier! Ramis Gedanken überschlugen sich. Sie musste schnell weg hier.
    "Halt, so warte doch, meine Gute!"
    Instinktiv fuhr sie herum, um den Sprecher anzusehen. Es war eine spröde Stimme, vom Alter brüchig. In dem großen Himmelbett, das an der Wandseite gegenüber stand, lag eine alte Frau. Dicke Kissen stützten sie, so dass sie fast saß. Sie trug ein blütenweißes Kleid, das sich kaum von ihrer ebenso blassen Haut abhob. Ramis starrte sie an. Das graue Haar der Frau war mit einem vor Diamanten glitzernden Haarnetz zu einem Knoten gebunden. Obwohl die Greisin uralt aussah, hatte sie kaum Runzeln. Nur um den Mund hatten sich tiefe Kummerfalten eingegraben.
    "Tritt zu mir. Ich habe gewusst, dass du noch kommen würdest."
    Zögernd trat Ramis näher. Eine unsichtbare Macht hinderte sie am Weglaufen. Ihr fiel auf, dass das ganze Zimmer voll mit Schwanenemblemen war. Überall, auf den Schränken und dem Bett, auf den Wandbehängen und den Teppichen, waren Schwäne, in Gold und Silber, weiß und schwarz. Majestätisch wölbten sie ihre Hälse, schwammen oder flogen mit weitausgebreiteten Schwingen. Ramis wurde mulmig zumute. Nur Besessene waren fähig, ihr Zimmer so zu gestalten. Ein riesiges Ölgemälde nahm eine ganze Wandseite ein. Ein grässliches Bild, urteilte Ramis entsetzt. Niemand würde so etwas im Schlafzimmer haben wollen. Auf dem Bild waren viele Schwäne zu sehen, doch sie waren alle tot. Sie trieben auf einem großen Gewässer, ihre Füße streckten sich in den Himmel. Ein einziger Schwan lebte noch. Er war schwarz und schien auch gerade zu sterben, denn er fiel soeben zur Seite und sein Kopf lag schon fast auf dem Wasser. Es war nicht zu erkennen, was sie alle getötet hatte. Ramis fand das Motiv abstoßend, obwohl keinerlei Blut zu sehen war. Doch es hatte etwas Düsteres und Erschreckendes an sich.
    "Ich ahnte schon, das s du noch einmal kommen würdest", wiederholte die Alte fast triumphierend.
    Vorsichtig stellte Ramis sich ans Ende des Bettes. Die Greisin hob den Kopf und Ramis hätte fast aufgeschrien. Sie hatte grüne Augen!
    "Seid Ihr die Frau auf dem Gemälde?" , rutschte es ihr heraus, doch die Frau antwortete nicht.
    Ihr Kopf bewegte sich leicht nach vorne, um sie besser sehen zu können.
    "Du siehst ihr so ähnlich, Kindchen."
    Wem? Ramis wagte die Frage gar nicht zu stellen. Sie suchte in den Gesichtszügen der Dame nach Ähnlichkeiten mit der Frau auf dem Bild. Es mochten welche da sein, die Wangenknochen vielleicht und der Ausdruck des Gesichtes. Die Greisin musste in ihrer Jugend sehr schön gewesen sein und auch jetzt schien sie nicht so alt, wie ihre Augen und ihre Haltung bezeugten. Ihr Blick traf den von Ramis und die junge Frau schauderte wieder. Plötzlich stand ein Gefühl in den grünen Katzenaugen, so gewaltig, dass Ramis sich von einer Welle zurückgeworfen glaubte.
    "Dein Verlust!" , stammelte die Alte. "Deine Seele ist verwirrt...zu verwirrt."
    "Was redet

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