Dunkle Häfen - Band 2
war, stieg ich in den riesigen Schrank, der in meinem Ankleidezimmer stand. Ich könnte bequem darin schlafen. Ich begriff, was es hieß, eine Herzogin zu sein, einen Titel zu haben. Mit einer gewissen Befriedigung stellte ich mir vor, dass ich nach Maple House zu Besuch kam und all diese Dienstboten, die mich tyrannisiert hatten, sich vor mir verneigen mussten. Dabei hätte ich das nie gewagt und inzwischen würde auch keiner mehr von jenen dort sein. Aber es war auch schon ein Genuss, sich das vorzustellen.
Lady Harriet, Ihr könnt nicht mehr auf mich herunterschauen, ich bin eine größere Dame als Ihr!
Nein, sie würde sich immer noch als etwas viel Besseres vorkommen, stammte sie doch aus einer Familie mit einem uralten Stammbaum.
Genüsslich ließ ich mich auf einem weichen Diwan nieder. Ich konnte mich in einem goldgerahmten Spiegel sehen, wie ich dort lag. Freundlich lächelte ich mich an. Dann erhob ich mich wieder und trat ganz dicht vor den Spiegel.
"Nun, meine Dame ", flüsterte ich meinem Zwilling zu, dessen Gesicht sich sofort beschlug. "Wer hat gesagt, dass Reichtum nicht erfreut?"
Eigentlich wollte ich diese Räume gar nicht mehr verlassen, denn o bwohl das Haus Guillaume gehört, so waren sie nun doch ganz mein. Dennoch hatte ich als Hausherrin auch den Rest zu besichtigen. Wie ich es nicht anders erwartet hatte, war das Haus weitläufig und exquisit eingerichtet, wobei ich allerdings überrascht war, wie modern alles war. Ich nehme jedenfalls an, dass Guillaume die Ausstattung seines Hauses jemand anderem überlassen hatte, denn ich habe schon Erfahrung damit gemacht, was er geschmackvoll findet. Ich für meinen Teil fühlte mich eher wie ein Eindringling in diesem fremden Haushalt und hatte so meine Skrupel, einfach durch die Türen zu schreiten. Auch die vorhin erwähnte Mme Cavosier entsetzte sich, als sie mich alleine durchs Haus wandern sah.
"Ihr hättet mich rufen sollen, Herrin!" , rief sie aus. "Dann hätte ich Euch das Haus gezeigt."
Im Salon, den sie mir zeigte, wurde ich sie dann wieder los. Nicht, dass ich etwas gegen sie gehabt hätte, aber ich wollte mich eben auf eigene Faust umschauen. Als ich jedoch den durchaus sehr vorzeigbaren Salon betrachtete, kam Guillaume herein. Er stellte ich neben mich und folgte meinem Blick, der über die Gemälde an den Wänden und die von Bogen gestützte Decke wanderte.
"Und, wie gefällt Euch das Haus?" , erkundigte er sich.
Ich sah ihn an. "Es ist wunderbar... Ich habe noch nie - nein, ich meine, ich habe ganz vergessen, wie es ist, eigene Räume zu besitzen!"
Ich denke, in diesem Moment schenkte er mir wirklich zum ersten Mal ein echtes Lachen. Er nahm die erhitzten Hände dieser sonst so abweisenden Frau und sagte mit einer Wärme, die ihn selbst zu überraschen schien:
"Als meine Frau soll es Euch nie an etwas mangeln."
"Danke ", sagte ich einfach und lächelte ihn an.
Ich glaube, heute Nacht werde ich nicht schlafen können. Dazu bin ich viel zu aufgedreht. Dauernd muss ich in jeden meiner Räume schauen, wie um mich zu vergewissern, dass er noch da ist. Henriette hat meine ganzen Kleider in den Schrank gehängt und meine persönlichen Sachen aufgestellt. Wie viel ich inzwischen besitze! Wenn man mal von der Fate absieht, die ich nicht wirklich als mein Eigentum betrachten konnte, hat mir außer dem verfluchten Ring nie etwas von materiellem Wert gehört. Wo er wohl gerade ist? Ich glaube inzwischen, die unheimliche Dame in dem Geisterhaus war einfach eine Verrückte. Der Ring ist nicht zu mir zurückgekehrt. Ich blicke auf mein Amulett hinunter, das die Zeit allmählich abgenutzt hat. Kein Schmuck kann schöner sein und mich dazu bringen, es abzulegen. Ich berühre es mit den Lippen und schmecke das Parfüm und die Feuchte meiner Haut darauf. Nur es kennt meine Vergangenheit.
Nur ein Traum
Die Zeit gewöhnte Ramis und den Herzog de Sourges aneinander. Sie sahen sich nicht oft genug, um sich zu streiten und das Misstrauen zwischen ihnen schwand allmählich. Ihr Umgang wurde unbefangener und Ramis erfuhr ein wenig mehr über ihren Ehemann. Wie er ihr erzählte, hatte er das Haus in Paris erst vor ein paar Jahren erbauen lassen. Wenn seine Familie zuvor in der Stadt gewesen war, residierte sie in einem anderen Haus, das Guillaume gleich nach dem Tod seiner Mutter verkauft hatte. Auf seinem Landsitz war er seit seiner Kindheit selten gewesen, einmal weil der kürzlich verstorbene König es nicht gerne sah, wenn die Adligen
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