Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Halunken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
nur herumlagen und eigentlich niemandem gehörten, oder etwas von einem Karren zu stoßen, wenn der Besitzer gerade nicht hinsah. In Gegenwart von Polizisten blieb man ehrlich, nicht wahr? Aber wenn sie einfach nur herumlungerten und wie Hinz und Kunz aussahen … Damit forderten sie einen praktisch auf, Verbrechen zu begehen, oder? Dodger fand das ausgesprochen fies.
    Es lag bereits ein langer Abend hinter ihm, aber es mussten noch gewisse Erledigungen getätigt werden, und zwar schnell, denn sonst drohte er zu platzen. Deshalb eilte er durch die dunklen Straßen, bis er die Bleibe von Ginny-Komm-Spät erreichte.
    Beim dritten Klopfen öffnete sie die Tür und schien ziemlich schlechter Laune zu sein, bis sie erkannte, wer vor ihr stand. »Oh, du bist’s, Dodger, wie nett! Äh, ich kann dich noch nicht hereinlassen, du weißt ja, wie es ist, nicht wahr?«
    Dodger wusste natürlich, wie es war, denn so war es immer. »Nett, dich zu sehen, Ginny. Erinnerst du dich an das kleine Werkzeugpaket, um dessen Aufbewahrung ich dich bat, als ich Solomon versprechen musste, nie wieder zu klauen? Hast du’s noch?«
    Ginny lächelte kurz, verschwand in ihrer Bude und kehrte mit einem Bündel zurück, das in Ölzeug eingehüllt war. Sie drückte Dodger einen Kuss auf die Wange und sagte: »In letzter Zeit höre ich viel von dir, Dodger. Ich hoffe, sie ist es wert.«
    Aber Dodger war bereits losgelaufen. Das Laufen hatte ihm immer gefallen, und das war auch gut so, denn ein Dieb, der nicht rasch vorwärtskam, wurde schnell zu einem toten Dieb. Aber nun lief er wie noch nie zuvor, nicht im Dauerlauf, sondern in einem langen Sprint. Gelegentlich bemerkte ein wachsamer Peeler, dass da jemand an ihm vorbeistürmte, blies in seine Pfeife und kam sich unmittelbar darauf ziemlich dumm vor, weil Dodger bereits ein rasch schrumpfendes Stück Dunkelheit in einer Stadt voller Düsternis geworden war. Er lief nicht, er rannte, seine Beine stampften, und das Klopfen seiner Füße auf dem Kopfsteinpflaster war schneller als der Herzschlag. Tauben flogen erschrocken auf. Ein Mann, der ihm in einer Gasse auflauern wollte, bekam einen Faustschlag ab, ohne dass Dodger langsamer wurde. Er wandte sich nicht einmal um, denn … Nun, inzwischen lag alles hinter ihm, während er die Kraft seines Zorns in die Beine lenkte und ihnen einfach folgte, und dann … war es plötzlich wieder da. Das Gebäude.
    Dodger verharrte in der Finsternis und musste erst zu Atem kommen – er hatte sein Ziel erreicht und nahm sich Zeit. Im schwachen Licht seiner abgedunkelten Laterne streifte er das Ölzeug des Pakets beiseite, löste die Schnüre des grünen Wollstoffs … Und da glänzten sie, seine kleinen Freunde, der Halbdiamant, der Schneemann, der Spanner und alle die anderen Werkzeuge, die er selbst angefertigt oder verändert hatte, weil jedes Schloss ein bisschen anders war. Sie grüßten ihn und schienen vor ihm zu salutieren, bereit für den Kampf.
    Kurze Zeit später bewegte sich Dunkelheit innerhalb von Dunkelheit, und diese besondere Dunkelheit fand auf der unzuträglicheren Seite des Gebäudes eine Metallabdeckung über einem Kellerzugang. Nachdem er sie geölt und ein wenig daran herumgewerkelt hatte, war Dodger drinnen, bereit, den Feind an der Gurgel zu packen. Er grinste, aber es lag keine Freude in diesem Grinsen, eher eine scharfe Klinge.
    Das Gebäude war größtenteils dunkel, und Dodger liebte die Dunkelheit. Zufrieden stellte er fest, dass der Boden mit Teppichen ausgelegt war – nicht besonders klug, wenn man eine Botschaft leitete und wissen wollte, ob ungebetene Gäste herumstreunten. Marmorböden waren dafür besser geeignet, wusste Dodger. Manchmal, wenn man nachts darauftrat, klangen sie laut wie eine Glocke. Wenn er früher des Nachts auf Steinfliesen gestoßen war, hatte er sich hingelegt und war gekrochen, um keine Geräusche zu verursachen.
    Jetzt lauschte er an Türen, stand hinter Vorhängen und hielt sich von der Küche fern, da man nie wusste, ob noch Bedienstete auf den Beinen waren. Und die ganze Zeit über stahl er. Er stahl auf die gleiche methodische Art und Weise, mit der Solomon wundervolle kleine Objekte herstellte, und er lächelte bei diesem Gedanken, denn nun ließ Dodger wundervolle kleine Objekte verschwinden. Er stahl Schmuck, er knackte jedes Schloss, suchte in jeder Schublade und in jedem Boudoir. Zweimal stahl er in Zimmern, in denen er die Umrisse von Schlafenden wahrnahm. Er scherte sich nicht darum,

Weitere Kostenlose Bücher