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Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Dunkle Halunken: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Halunken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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einigen, ja?«
    Dodger errötete und fragte: »Kannst du auch Gedanken lesen?«
    » Mmm, natürlich! Und du kannst es ebenfalls. Der einzige Unterschied besteht darin, dass ich öfter Gelegenheit hatte, Gedanken zu lesen. Und in einigen der Köpfe, in die ich geblickt habe, ging es ziemlich wirr zu, das kann ich dir versichern.«
    Dodger lehnte sich zurück. »Ich habe dich nie zuvor gefragt, aber du weißt so viel und kannst so viel. Warum verbringst du die meiste Zeit damit, in dieser schäbigen Mansarde an altem Schmuck und Teilen von Uhren herumzufummeln? Du könntest dich doch ganz anderen Aufgaben widmen.«
    Und Solomon antwortete: »Das ist eine schwierige Frage, aber sicher kennst du die Antwort, mmm? Meine Arbeit gefällt mir, und ich bekomme angemessene Vergütung. Anders ausgedrückt: Man gibt mir Geld für etwas, das mir Spaß macht.« Er seufzte und fuhr fort: »Aber der Hauptgrund lautet vermutlich: Ich kann nicht mehr so schnell laufen wie früher, und der Tod ist so endgültig, weißt du.«
    Bei den letzten Worten setzte sich Dodger auf. Aber es war wie ein Ruf zu den Waffen, wie eine Uhr, die plötzlich tickt. Es bedeutete, dass Dodger nicht so frei war, wie er zu sein geglaubt hatte, denn die Zeit gebot über ihn, und deshalb zog er sich rasch an.
    Er musste in dieser Angelegenheit überaus vorsichtig sein. Er kannte viele Leute, denen er vertrauen konnte, aber es gab verschiedene Stufen des Vertrauens, beginnend bei Personen, die Vertrauen bei einem Sixpence verdienten, bis hin zu solchen, denen er sein Leben anvertrauen durfte. Der letzten Kategorie ließen sich nicht viele Leute zuordnen, und es war vermutlich eine kluge Entscheidung, ihren guten Willen keinen allzu großen Belastungen auszusetzen, denn a) guter Wille, auf den zu oft zurückgegriffen wurde, neigte dazu, einen Teil seines Glanzes zu verlieren, und b) war es nicht gut, wenn andere zu viel über Dodgers Pläne erfuhren.
    Er machte sich noch einmal auf den Weg zu Marie Jos Bude, die um diese Zeit vermutlich nicht allzu viel zu tun hatte, denn die meisten ihrer Kunden waren draußen auf den Straßen damit beschäftigt, zu betteln, zu stehlen oder, wenn alles andere versagte, genug Geld für das Abendessen zu verdienen. Aber Marie Jo war da, zuverlässig wie das Geläut der Glocken von St. Mary-le-Bow, und Dodger achtete auf seine eigene Zuverlässigkeit, indem er ihr die versprochenen Münzen für die Suppe der Kinder gab. Und dann teilte er ihr sein Anliegen mit, leise, obwohl kaum jemand in der Nähe war.
    Als sie lachte und etwas Unverständliches auf Französisch erwiderte, sagte er: »Ich kann dir nicht verraten, warum ich das brauche, Marie Jo.«
    Sie sah ihn an, lachte erneut und zeigte ihm den Gesichtsausdruck, den manche Frauen bekommen, wenn sie sich einem flotten jungen Herrn wie Dodger gegenübersehen, und er kannte ihn, weil er lange Zeit an der Universität von Dodger studiert hatte. Es war ein Gesicht, in dem sich Vorwurf und Nachsicht miteinander verbanden und ein unentwirrbares Bündel bildeten. Die Augen in diesem Gesicht funkelten, und er wusste, dass Marie Jo alles für ihn tun würde. Aber mit diesem Wissen wurde ihm auch klar, dass er nicht zu viel von ihr verlangen sollte.
    Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß und sagte: »Cherchez la femme?« Diese Worte verstand Dodger und gab sich verlegen. Marie Jo lachte einmal mehr, ein Lachen, das irgendwie aus ihrer Kindheit zu kommen schien, und sie bestand darauf, dass er sie an der Bude vertrat und Zwiebeln und Karotten schnitt, während sie den kleinen Auftrag für ihn erledigte. Wie peinlich! Am helllichten Tag sähen die Leute, wie Dodger … ja, Dodger  – an einem Verkaufsstand arbeitete. Gut nur, dass kaum jemand unterwegs war.
    Zum Glück kehrte Marie Jo schon nach kurzer Zeit mit einem kleinen Paket zurück, das er sorgfältig verstaute, und zum Dank verbrachte Dodger eine weitere halbe Stunde damit, Gemüse zu schneiden. Es war sogar eine recht angenehme Tätigkeit, denn sie gab dem inneren Dodger Gelegenheit, über die nächsten Schritte nachzudenken, die ihn zu den Gebrauchtläden und Pfandleihern führen sollten. Er wusste, was er brauchte, aber es durfte nicht alles aus demselben Laden stammen, obwohl er in einem Geschäft, wo es nach schlampig gewaschener Wäsche roch, Glück hatte, denn dort fand er das Gesuchte, und der Inhaber stank nach Gin und schien ihn gar nicht zu erkennen.
    Aber die Uhr tickte noch immer und ließ ihm immer weniger Zeit.
    Am

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